- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
Bewegung!«
Panisch ergriff Meph die erste Sprosse und begann zu klettern.
Cassandro rief etwas, das Meph nicht verstand.
»Hände weg von der Tastatur, oder wir schießen!«
»Die Waffen runter«, rief jemand, dessen Stimme in Meph eine Erinnerung wachrief.
Dann ertönte das abgehackte Knattern von Salvenfeuer. Ein Schrei erklang, und obwohl Meph noch nie Zeuge gewesen war, wie ein Mensch starb, wusste er augenblicklich, dass er soeben einen Todesschrei gehört hatte.
// / 12
Stephans stieg vorsichtig durch das Sprengloch in der Tür, um sich nicht an den Metallkanten zu verletzen. Staub und Rauch erschwerten das Atmen und saugten das Licht der Taschenlampen auf wie ein Schwamm. Irgendwo vor sich hörte er General Grundke Befehle bellen. Der Kommissar machte einen Schritt und stieß mit der Schuhspitze gegen eine Patronenhülse. Sie rollte über den Boden und blieb am Körper des Toten liegen.
Stephans letzte Leiche lag Jahre zurück, und sie hatte bei Weitem nicht so schlimm ausgesehen wie diese. Der Schattenmensch lag in einer Blutlache, die sich immer noch ausbreitete. Seine Arme waren zerfetzt; er musste sie in einem vergeblichen Versuch, sich zu schützen, hochgerissen haben. Und sein Gesicht … Stephans wandte sich ab. Die Decke schien nähergekommen zu sein, und er verspürte den Drang nach frischer Luft.
Das hatte er nicht gewollt. Wenigstens lag hier unten nur eine Leiche. Meph war in die Tunnel geflohen, die hier unten ein weitverzweigtes Netz bildeten. Aber Stephans machte sich keine Illusionen. Meph hatte keine Chance, den Ground Zero zu verlassen. Die Frage war nur, ob man ihn tot oder lebendig fassen würde.
»Stephans!« Littek war so aufgeräumter Stimmung, dass er dem Kommissar tatsächlich auf die Schulter klopfte. »Sie haben sein Versteck gefunden. Das war gute Arbeit.«
»Ich wünschte, ich hätte mich geirrt«, meinte Stephans kühl. »Dann hätten Ihre Leute nicht die Gelegenheit bekommen, Cassandro kaltblütig zu erschießen.«
Litteks Augen verengten sich. »Unsere Leute, wollten Sie sicherlich sagen. Im Übrigen stand Cassandro seit Jahren auf unserer Fahndungsliste. Sie sollten stolz darauf sein, dass er uns dank Ihrer Vorarbeit ins Netz gegangen ist.«
»Das, was von ihm übrig ist. Er hätte nicht sterben müssen.«
»Dann hätte er keinen Widerstand leisten sollen.«
»Er war unbewaffnet.«
»Im Gegenteil, und seine Waffen sind gefährlicher als unsere.« Littek betrachtete den rot gesprenkelten Computertisch. »Vielleicht war er gerade im Begriff, eine Podfarm zu hacken, als unsere Leute eintrafen. Hätten Sie die Verantwortung dafür übernehmen wollen, wenn er die persönlichen und geschäftlichen Daten von Millionen von Bundesbürgern vernichtet hätte, während ein Einsatzkommando hinter ihm steht und Däumchen dreht?«
»Was ist mit Effenberger?«, erkundigte sich Stephans, die vergiftete Frage bewusst ignorierend.
Littek zuckte die Achseln. »Den werden Sie schon noch kriegen.«
»Ich?«
»Natürlich. Ich setze Sie wieder an die Spitze des Fahndungsteams.«
»Aus dem Sie mich vor einer halben Stunde rausgeschmissen haben.«
»Schwamm drüber«, sagte Littek leichthin. »Am Ende zählt der Erfolg des eigenen Teams.«
Vor allem dann, wenn man dessen Erfolg beinahe vereitelt hätte, dachte Stephans. Es hatte sich für Littek als Fehler erwiesen, ihn rauszuschmeißen, und jetzt fraß er Kreide, um die Sache unter den Teppich zu kehren.
Nichtsdestotrotz nickte der Kommissar beflissen. »Dann mache ich mich sofort an die Arbeit.«
Falls Littek sich wunderte, warum Stephans ohne Umschweife zur Tagesordnung überging, ließ er es sich nicht anmerken. Und eine Sekunde später begriff Stephans, dass es ohnehin keine Rolle spielte. »Das sollten Sie auch. Ich habe Effenberger soeben zur Großfahndung ausschreiben lassen.«
»Zur Großfahndung?«, wiederholte Stephans. »Das bedeutet, dass Sie alles auf ihn ansetzen, was wir haben!« Und dass sein Ziel, die Jagd zu kontrollieren und einen weiteren Todesfall auszuschließen, mehr oder weniger hinfällig geworden war. Littek hatte ihn erneut ausgetrickst.
Aber was hatte Stephans auch erwartet?
Rebekka hatte Schwierigkeiten zu atmen. Sie stand eingezwängt zwischen Hunderten, wenn nicht Tausenden von Menschen, die die Gänge und Bahnsteige unter dem Platz des 16. Oktober verstopften. Es ging weder vor noch zurück. Rebekka war froh, dass sie nicht klaustrophobisch veranlagt war.
Ebenso schlecht wie die Luft war
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