Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
Wahrscheinlich hat er eine andere Verpflichtung. Was
Privates vielleicht.« Schallendes Gelächter. Susi kam mit Almas Salat. Die
Astro-Fee war ihr tatsächlich ausgewichen, als sie Lahn erwähnt hatte, dachte
Berenike. Strange.
»Wenn nur die Morde die Leute nicht vom Kommen abhalten«,
jammerte Alma. Die Falten in ihrem Gesicht wirkten tiefer als zuletzt. Sie
schob sich gierig eine voll beladene Gabel zwischen die Lippen.
»Dann haben wir nur Schaulustige einer bestimmten Art«,
Inspektor Kain zog die Augenbrauen hoch und blickte auf Susis Dekolleté.
»Ist die Gradieranlage …?«
»Längst geöffnet, alles in bester Ordnung.«
»Und Sie sind …«
»Im Dienst, Fräulein Berenike. Wir patroullieren, damit das
Fest ohne Zwischenfälle verläuft.«
Kain rieb seine Handflächen aneinander, atmete tief,
verschränkte die Arme. Die Erschöpfung von der vielen Arbeit stand ihm ins
Gesicht geschrieben. Die Polizisten hatten beim Narzissenfest alle Hände voll
zu tun, bei 20.000 erwarteten Gästen kein Honiglecken.
»Eh ich es vergesse, Fräulein Berenike«, er zog sie ein wenig
zur Seite, »die Daumenschrauben. Also, die Gerichtsmedizin hat herausgefunden,
dass es sich tatsächlich um Blut auf dem, ähm, Gerät handelt. Und die
Verletzungen an Rabensteins Fingern passen zu dem Ding … Man hat ihm also
damit die Knochen gebrochen.«
»Man wollte mich erschrecken.« Das Foto, ein Foltergerät, sie
fürchtete sich vor dem, was noch alles kommen mochte. »Wisst ihr was, ich
spendiere uns eine Kanne Glückstee. Das wird uns aufbauen.«
»Meinst?« Alma zupfte skeptisch an ihrem Nachthimmelkleid.
»Hej, es ist Narzissenfest!« jubelte Susi. Und sogar Kains
Miene hellte sich auf. Singend brachte Susi den Tee heraus zum Tisch. Alle
nippten daran, schon etwas beschwingter. »Der Tee besteht aus Johannakraut,
Ringelblume und Lindenblüten«, erläuterte Berenike. Kurz waren sie abgelenkt,
dann trübte sich Almas Blick wieder ein.
»Meine Schwiegermutter sagt«, Alma Behrens hing eine
Sojasprosse aus dem Mund, »es ist wie damals, sagt sie. Wie mit dem SS-ler und
dem Widerständler.«
»Mit welchem Widerständler?« Berenike kam der Begriff nur
schwer über die Lippen. Sich nichts anmerken lassen, vorerst nicht!
»Na, der Haindl, oder wie der hieß, jetzt hab ich den Namen
vergessen.«
»Haim vielleicht?«
»Ja, genau.«
»Woher wissen Sie davon, Frau Behrens?«
»Herr Inspektor, das weiß doch hier jeder …«
»Wer war der SS-ler?«
»Was weiß ich ….«
»Jemand von hier?«
»Ich weiß es nicht. Meine Schwiegermutter ist alt und redet
wirres Zeug.« Alma kaute knackend auf dem Grünzeug herum. »Man muss die alten
Geschichten ruhen lassen.«
»Das kannst du am besten, was, Alma?« Kain sah die Astrologin
an. Hatten er und Alma …? Berenike blickte überrascht zwischen den beiden
hin und her. »Was dir nicht mehr genehm ist, lässt du hinter dir zurück. Wie
unnötigen Ballast.« Er wandte den Kopf ab.
»Wir sind doch im Ort auf die Gäst angewiesen.« Alma blickte
Hilfe suchend zu Berenike. »Das weißt du doch am besten!« Alma schluckte
heftig, der Bissen zeichnete sich an ihrer Kehle ab. »Was geschehen ist, muss
man vergeben.« Sie stopfte sich ein grünes Blatt mit dem Finger in den Mund.
Kains Blick sezierte alles. »Man muss ein Ende machen. Auch wenn es grausam
ist.«
»Ein Ende mit Blausäure?« Susi war am Tisch stehen geblieben.
»Ist es das, was dir vorschwebt?« Sie musterte Alma forschend. »Blausäure ist
in Rattengift enthalten. Deine Schwiegermutter hat doch in so einer Fabrik
gearbeitet, Alma?«
»Was?«
»Hast du einen Vorrat davon angelegt?«
»Alma, du?« Berenike begann zu frieren.
»Was redet ihr denn?« Die Astrologin warf die Gabel auf die
Schüssel, dass es klirrte. Blickte hektisch auf ihre Armbanduhr. Stand auf.
Schob den halb vollen Teller von sich. »Packst mir das ein, Susi? Bitte! Ich
muss los. Meine Oldies abfüttern. Ich werde mit Sieghard über die Sache
sprechen. Und mit dem Sepp. Wenn hier solche Anschuldigungen erhoben werden,
weiß ich nicht, ob dieser Ort die passenden Energien für ›Pessoas Erben‹ hat.«
Almas Aufbruch kam plötzlich. Zu plötzlich. Trotzdem war
Berenike froh, als auch alle anderen gegangen waren. Inspektor Kain war Alma
gefolgt. Was sollte sie nur von ihm halten? Und was von Alma? Es wäre ein
Nachteil, wenn sie die Autoren vom Schreibtreff als Gäste verlieren würde. Sie
musste
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