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Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi

Titel: Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Buerkl
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zusehen, dass sie das ausbügelte, damit sie weiterhin kamen. Später.
Wenn das Fest vorbei war.

     
    Nazi, Narzisse, Narzissenfest, ging es Berenike
durch den Kopf, während sie sich in ihren roten Sari wickelte. Jeder kannte die
Wahrheit. Die Wahrheit, die hinter allem steckte. Aber anstatt diese
anzuerkennen, sonnte man sich im weißen Schein der harmlosen Blümchen und
hüllte sich in Schweigen. Gab vor, eine weiße Weste zu haben, weiß wie die
Narzissen auf den Anhöhen. Für die zahlungskräftigen Gäste, die man herzlich
wieder verabschiedet. Es wussten doch in Wirklichkeit alle, was damals los gewesen
war. Die Nazis waren bekannt, nichts war verschleiert, nichts unklar. Es wurde
nur nicht darüber geredet. Berenike dachte an die angebliche Stunde Null zu
Kriegsende 1945. Niemand hatte ihren Vater gefragt, ob er neu beginnen wollte,
ohne zurückzublicken, damals als Kind. Ebenso wenig wie Beppo Haim. Gedanken
über Gedanken. Hört das nie auf?
    Endlich erschien Helena.
    Rasch schnitt Berenike die Brotlaibe in Scheiben.
    »Du, Berenike, der Stürmer …«
    »Ich weiß schon!«, winkte Berenike ab.
    »Aber deine …«
    »Wir reden nach dem Fest, ja?«
    Helena warf ihr einen schwer zu deutenden Blick zu.
    »Ich hab jetzt keinen Kopf dafür!«
    Die Gaifahrerin rauschte wieder ab. Berenike schloss die
Augen, um kraft ihrer Gedanken Kontakt zu Ragnhild aufzunehmen. Mittlerweile
machte sie sich echte Sorgen.
    Wenn nur alles gutging, heute! Ohne Madame Montegos Rat
fühlte sie sich schutzlos. Dass das alte Medium ausgerechnet zu einem für
Berenike so wichtigen Zeitpunkt nicht da war! Gestern war sie kurz entschlossen
durch den Wald gestapft, die Vögel hatten sich gerade zur Ruhe begeben. Von den
Bäumen tropfte der Regen. Sonst war alles still. Leer. Nicht einmal den
Wasserfall hörte sie tosen. Keine Menschenseele begegnete ihr. Endlich war sie
vor der Hütte der Meisterin angekommen. Berenike klopfte ihre lehmverschmutzten
Schuhe ab. Sie sehnte sich danach, mit der klugen Frau über ihre große Show zu
reden. Doch die verwitterte Holzhütte hatte verlassen ausgesehen. Die Sichel,
mit der die alte Frau Kräuter schnitt, lag unbenutzt auf der Hausbank. Berenike
glaubte, etwas zu spüren, wusste aber nicht, was es war. Die hellsichtige Frau
verließ nur in Ausnahmefällen ihren Wohnort. Wenn sie einen ihrer seltenen
Vorträge auf Kongressen hielt, hatte sie das stets rechtzeitig angekündigt.
Berenike wandte ihren Blick nach innen. Nahm Kontakt auf zur Erde und zum
Himmel, zu den Bäumen und den Vögeln. Was wussten sie? Erst vor Kurzem war sie
bei Madame Montego gewesen. Von einer hellen Person hatte sie dabei gesprochen.
Noch immer wusste Berenike nicht, wen die Meisterin gemeint haben mochte.
Madame Montego war alt, wie alt, war schwer zu schätzen. Vielleicht war sie
krank. Aber jemand mit ihren Fähigkeiten hätte das doch voraussehen müssen. Wie
unverantwortlich, ihre Schutzsuchenden so ahnungslos zurückzulassen.
    Mit Leere im Bauch war Berenike ersatzweise um den
Plattenkogel gezogen, einen kleinen Hügel im Kreise seiner großen steinernen
Verwandten. Ein alter Kultplatz, wie es hieß, sein Name hatte mit Wasser zu
tun. Platten, Plätschern … Ein Reh trat vor Berenike auf den Weg. ›Na, was
meinst du?‹, hatte Berenike geflüstert, aber das Reh hatte nichts von seiner
anderen Wirklichkeit preisgegeben. Sie hatte ein paar Gänseblümchen gepflückt
und sich langsam entspannt. Nach der Rückkehr in den Ort war es mit der neu
gewonnenen Gelassenheit vorbei gewesen. Nach dem Trubel rund um das Fest würde
sie sich zum Toplitzsee aufmachen und dort vor Ort nach dem neuen spirituellen
Meister suchen.

     
    Die schwarze Limousine hielt pünktlich um 13 Uhr
vor dem Salon. Ein österreichisches Kennzeichen, wahrscheinlich ein Leihwagen.
Ein kleiner Mann im schwarzen Anzug stieg aus. »Frau Roither?« Sein Deutsch war
fast akzentfrei, wie angenehm.
    »Ja, das bin ich! Willkommen in Altaussee!«
    »Mein Name ist Mirkesi. Herr Balescu wartet im Wagen. Ist
alles bereit wie besprochen?«
    »Natürlich! Susi, pass
mir gut auf den Salon auf! Herr Mirkesi, ich lotse Sie zum Schiffsanlegeplatz.«
Berenike übergab ihm die sogenannten Festabzeichen für seine Gäste, eine Art
Tickets für die Teilnahme. Sie stieg hinten in den Wagen.
    »Guten Tag, mein Name ist Balescu. Wir haben telefoniert.«
Ein großer Mann im grauen Anzug hielt ihr grüßend die Hand entgegen.

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