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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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reden.«
    Florian und Creszenz kamen.
    »Nun wie ist's? Habt Ihr euch entschlossen?« fragte Michel.
    »Ja,« sagte Florian, »ich will's deutsch heraussagen, wir thäten den Buben gern weggeben, heißt das, weil er bei euch gut aufgehoben wär' und auch was lernen könnt', aber es geht nicht – gelt Creszenz es geht nicht?«
    »Ja warum denn?«
    »Weil uns der Bub in unserm Geschäft so nützlich ist, und wir müssen doch auch leben und unser Mädle auch.«
    »Hört einmal,« sagte Petermichel, »ich will euch zeigen, daß ichs gut mein', ich geb' euch hundert Gulden, es ist nicht für den Buben, es ist damit ihr ein anderes Geschäft anfangen könnet, einen Geschirrhandel oder so was; hundert Gulden ist ein Wort. Nun wie ist's?«
    Die beiden Eltern sahen einander betrübt an.
    »Schwätz du, ich sag' gar nichts; was du thust, Creszenz, ist mir recht,« sagte Florian.
    »Ja, der Bub wird halt nicht wollen, er ist so an uns gewöhnt. Ihr meinet's gut, das ist kein' Frag', aber der Bub kann doch vor Jammer und Heimweh sterben.«
    »Ich frag' ihn,« sagte Petermichel, ließ die verblüfften Eltern stehen und ging eilends hinab zu dem Kinde.
    Ohne ein Wort zu reden blieben Florian und Creszenz bei einander, sie bangten vor jeder Antwort.
    Da kam Petermichel mit dem Knaben an der Hand, er winkte den Eltern mit den Augen zu und Friederle rief:
    »Ja, ich bleib' da bei unserm Vetter, er gibt mir ein' Geißel und ein Hottogäule.«
    Creszenz weinte, Florian aber sagte:
    »Nun so wollen wir fort, was einmal sein muß, muß schnell sein.«
    Er ging hinab, packte die Sachen zusammen und spannte den Hund an. Der Petermichel brachte ihm das Geld.
    Als Alles zur Abreise bereit war, küßte Creszenz nochmals weinend ihren Sohn und sagte: »sei brav und folg' dem Vetter, geh' fleißig in die Schul'; kann sein bis den Winter kommen wir wieder.«
    Florian kehrte sich ab, als sein Sohn seine Hand nahm und zog scharf an, Friederle aber umhalste noch einmal den Hund und nahm zuletzt noch von ihm Abschied.
    Bis nach Kochersteinsfeld waren die beiden Eltern mit einander gegangen ohne ein Wort zu reden, ein Jedes machte sich und dem andern Vorwürfe, daß es nicht mehr abgeredet und das Kind so leicht weggegeben habe. Hier wurde nun Halt gemacht und Florian ließ sich zur Aufheiterung einen Schoppen Wein bringen. Nachdem er getrunken, schob er Creszenz das Glas hin und sagte: »trink auch.«
    Sie setzte das Glas an den Mund, stellte es aber laut aufweinend nieder und sagte: »Ich kann nicht trinken, es ist mir grad wie wenn ich das Blut von meinem Friederle trinken müßt'!«
    »Laß jetzt das Weibergeheul, hätt'st das früher gesagt. Wir wollen einmal drüber schlafen, bis morgen wird's anders sein.«
    Gleich als wollten sie sich schnell recht weit von Friederle entfernen, eilten sie nun ohne anzuhalten bis Künzelsau. Unterwegs wurde ausgemacht, was man mit dem Gelde anfangen wollte, der Rath Petermichel's ward zum Beschluß erhoben.
    Andern Tags zog man weiter gen Oehringen plötzlich aber hielt Florian an und sagte:
    »Was meinst Creszenz, wenn wir wieder umkehren thäten und den Friederle holen?«
    »Ja, ja, ja, komm.«
    Schnell war der Karren gewendet und der Hund sprang an Florian hinauf, als wüßte er, wohin es wieder ginge. Nun aber sagte Creszenz:
    »Ach Jesus im siebenten Himmel. Er wird ihn uns nimmer geben, es fehlt ein ganzer Gulden an dem Geld; das Nachtlager – und ich hab' dem Lisbethle ein Kleidle gekauft.«
    »Weiber! Weiber mit eurem Putz!« knirschte Florian, »nun, wir wollen's einmal probiren, fort, zurück, ich hol' meinen Friederle.«
    Der Hund bellte vor Freude.
    Wieder war Mittag als unsere Karawane bei der Linde anlangte.
    Friederle sprang ihnen entgegen und rief: »Ist schon Winter?«
    Die Mutter ging hinauf zu Petermichel, legte das Geld auf den Tisch, bat um Verzeihung, daß ein Gulden fehle und verlangte ihr Kind wieder.
    Der Pfarrer faß eben bei Petermichel und hatte es fast dahin gebracht, daß er sich mit seinen Bruderskindern aussöhnen und dem angenommenen Kinde nur einen kleinen Theil seiner Habe verschreiben wollte.
    Als er nun die Frau ansichtig wurde, stand er plötzlich auf und streckte beide Hände empor, er wußte nicht wie ihm war, aber ihm war ganz fremd zu Muthe. Er suchte die Frau zu bereden, ihr Kind doch hier zu lassen, und als er nun auf ihre Stimme aufmerkte, war es ihm als ob er einen Klang aus alter Zeit vernehme.
    Petermichel hatte unterdessen den Florian heraufgerufen. Als dieser

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