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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Die Frau half ebenfalls den Karren den Berg hinaufschieben. Die zwei Kinder folgten hinterdrein und trugen zusammengelesenes Holz in ihren Armen. Als man endlich unter der Linde angelangt war, zog der Mann die um seinen Oberleib geschlungene Gurte ab, warf den Hut auf den Boden, fuhr sich mit der Hand über die schweißtriefende Stirne und setzte sich mit dem Rücken gegen die Linde gelehnt, auf den Boden. Wir erkennen ihn, trotzdem er sich gewaltig verändert hat: es ist Florian mit seiner Familie.
    Der Hund hatte sich neben ihm niedergelassen, den Kopf auf beide Vorderfüße gelegt, der Knabe streichelte ihn.
    »Laßt jetzt den Schlunkel, Friederle,« sagte Florian, »mach', hilf deiner Mutter.«
    Der Knabe ging schnell zu seiner Mutter, er wußte, der Vater war böse, da er den Hund Schlunkel nannte; denn Floran kam immer, wenn er übler Laune war, zu dieser Selbstpeinigung, daß er den neben ihm im Joche eingespannten mit dem Namen dessen benannte, der ihn in's Unglück gestürzt hatte.
    Die Mutter hatte indeß den Dreifuß und den Kessel vom Wagen genommen, mit dem mitgebrachten Holze Feuer angemacht und Wasser übergestellt.
    »Gang, sieh daß du Grundbirnen kriegst,« sagte sie zu Friederle. Dieser nahm einen Topf und ging auf das weiter oben stehende Haus mit dem roth angestrichenen Gebälke zu.
    Ein bejahrter Mann sah gähnend zum Fenster heraus.
    »Wollet ihr nicht so gut sein,« bat Friederle, »und uns Grundbirnen schenken? dur 1 Gott's Wille.«
    »Woher bist?« fragte der Mann, der ziemlich satt schien.
    »Mein Vater sagt allemal, von dem Land, wo die Leut' auch hungrig sind.«
    »Ist der da drunten dein Vater?«
    »Ja, machet aber nicht so lang, wenn ihr mir was geben wollet; unser Holz verbrennt sonst.«
    Der Mann kam herab und öffnete die Thüre; die Nachbarn wunderten sich gar sehr, daß der Petermichel einem Bettelkinde sein Haus öffnete.
    Friederle kam aber alsbald wieder heraus mit dem Topf voll Kartoffeln und etwas Butterschmalz in einem Schüsselchen.
    Nun wurde statt bloßer Kartoffeln ein Brei gemacht, und nachdem Alles gegessen hatte, bekam der Hund das Geschirr, um das Uebriggelassene aufzulecken.
    Florian erhob sich und ging durch das Dorf mit dem steten Rufe: »Scherrrre schleife aus Parrrrris!« Friederle aber ging von Haus zu Haus um Arbeit zu holen, er versprach den besten Pariser Schliff. In der That war auch Florian ein Meister in seinem neuen Geschäfte.
    Den ganzen Nachmittag stand der Petermichel bei der Scheerenschleiferfamilie. Er sah dem gewandten Manne, der so schöne Stückchen pfiff, gerne zu, und unterhielt sich auch mit der Frau und den Kindern. Als es Abend wurde, bot er ihnen sogar an, daß sie in seiner Scheune übernachten könnten. Im ganzen Dorfe sagte man: »das jüngste Gericht kommt, der geizig' Petermichel ist brav geworden.« Und doch wußten die Leute noch nicht Alles. Petermichel setzte sich nämlich zu den Fremden in die Scheune und sagte: »Gebet mir euren Buben da, er soll's gut bei mir haben. Wie meinet ihr?« Die Eltern sahen einander an und antworteten nicht, er aber fuhr fort: »Schlafet einmal drüber, ihr könnet euch bis morgen drauf besinnen.«
    Florian und Creszenz sprachen viel hin und her in der Nacht und kamen doch zu keinem rechten Entschlusse. Die Mutter wollte, so wehe es ihr auch that, doch das Kind weggeben, damit es was Rechtes vor sich sehe, ordentlich in die Schule gehen und was lernen könne.
    Florian antwortete wenig und betrachtete sein Kind, das vom Monde überschienen sorglos schlief und gar lieblich anzusehen war.
    »Der wird ein Hauptkerl,« sagte er zuletzt, legte sich auf die andere Seite und schlief ebenfalls.
    Es mag vielleicht wunderbar erscheinen, daß Petermichel, der für so geizig gilt, auf einmal so gut wird, daß er ein Landstreicher-Kind annehmen will; es war indeß nicht Alles pure Güte an dem Petermichel. Er war allein und kinderlos, hatte seine Aecker verpachtet und lebte von seinem Gelde. Nun hatten ihn aber die Kinder seines Bruders, seine einzigen Erben, beleidigt, und er wollte ihnen durch die Annahme eines fremden Kindes eine Brille auf die Nase setzen; außerdem hatte er allerdings eine unerklärliche Zuneigung zu dem muntern Knaben mit den frischen blauen Augen bekommen.
    Kaum war der Tag angebrochen, da stand Petermichel oben auf der Scheune und schaute hinab, ob die Fremden wach seien. Er rief dann:
    »Höret Mann, kommet mit eurem Weib ein Bisle 'rauf in mein' Stube, wir wollen jetzt mit einander

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