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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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sich die Thür wieder öffnete; ein fremder Mann, der einen Quersack über der Schulter trug, zerrte Jakob am Brusttuche nach.
    »Komm mit,« rief er, »du mußt ein Bufferle 1 mittrinken. Sind wir nicht alte Bekannte? Haben wir nicht drei geschlagene Jahr' mit einander im Gasthof zum wilden Mann loschirt?«
    Jakob setzte sich endlich verdrossen auf die Bank.
    Der Fremde ist uns gleichfalls bekannt, es ist der wohlgemuthe Frieder. Jakob war auch jetzt noch schweigsam, sein Kamerad ersetzte seine Stelle vollauf.
    »Bist noch immer der alte, hm! hm!« sagte er; »hältst das Maul wie ein **scher Landstand? Guck, ich hab' heut schon mehr geschwätzt als sieben Weiber und drei Professor. Ich bin aber auch jetzt bei denen, die das große Wort führen. Was meinst was ich da drin hab? Lauter Purvel« (Pulver). Er öffnete seinen Sack und warf eine große Masse von – Lumpen heraus: »Lug, da draus macht man Papier, und da drauf exerziren ganze Regimenter von schwarzen Jägern. Ich muß das Lumpenvolk da zusammentreiben, sonst können meine Herren keinen Krieg führen und Krieg muß sein, Alles muß untereinander. Es geschieht ihnen Recht. Warum haben sie mir kein' Anstellung geben.«
    »Was brauchst aber so viel schwätzen bei deinem Lumpensammeln?« fragte Bärbele.
    »Das ist das allerschwerste Geschäft,« erwiderte Frieder; »du glaubst nicht, wie die Leut' an ihren Lumpen hangen. Wenn Alles noch so kreuzweis zerrissen und zersetzt ist, wollen sie's doch nicht hergeben; sie meinen immer: es wär' noch ein brav's Lümple dabei, das man noch zu was brauchen kann, zum Ausflicken oder Scharpie daraus zu zupfen. Her damit, sag' ich, wenn auch noch ein gut Lümple dabei ist, schad't nichts, eingestampft muß werden. Lumpenbrei. Jetzt hol noch ein Bufferle und denk derweil drüber nach, daß du das Taufen vergißst.«
    Frieder leerte schnell noch auf einen Zug den Rest; Jakob wollte aber nicht mehr trinken als die zweite Ladung kam.
    »Was?« rief Frieder, »du willst keinen Schnaps trinken? Ja, du hast Recht, ich sag's auch: das Best' auf der Welt ist Wasser und – Geld genug und – Gesundheit. Freilich, das Schnapstrinken ist eine Sünd', aber ich muß es thun. Guck, jeder Mensch muß ein' Portion Sünden und ein' Portion Schnaps trinken, soviel eben auf sein Theil kommt. Ich trink jetzt aus Frömmigkeit für meine Mitmenschen. Ich bin mit meinem Theil fertig, und jetzt trink' ich für Andere. Es soll dir wohl bekommen, Jakob, das ist dein Theil!« schloß Frieder und nahm einen tüchtigen Zug.
    Jakob sprach noch immer nicht, und jetzt endlich sagte er aufstehend, daß er ins Feld müsse. Frieder machte sich schnell auf, um ihn zu begleiten.
    Frieder war im ganzen Dorfe bekannt wie bös Geld; er sprach Jedermann an und hielt Jakob dabei an der Hand. Diesem war es gar erschrecklich zu Muthe, daß er mit einem so allbekannten Gauner vor den Leuten erscheinen mußte; er sagte sich aber wieder: du bist ja selber ein Gezüchtigter und wie würde dir's gefallen, wenn man dich meidet? Er duldete daher die Vertraulichkeit Frieders.
    Der Studentle begegnete ihnen und fragte: »Lebst auch noch alter Sünder?«
    »O du!« entgegnete Frieder, »mit deinen Knochen werf' ich noch Aepfel vom Baum 'runter.«
    Constantin lachte und fragte wiederum: »Was treibst denn jetzt?«
    »Lumpensammeln.«
    »Geht's gut dabei?«
    »'s ging schon, aber die verdammten Juden verderben den Handel. Wenn die Regierung was nutz wär', müßt sie den Juden das Lumpensammeln verbieten.«
    Jakob war während dieses Gesprächs fortgegangen und Frieder rannte ihm nach. An dem Bäckenhaus lehnte sich ein Mädchen aus der Halbthüre, es ward »ritzerot«, als es die Beiden sah. Jakob blickte das Mädchen scharf an, sah aber gleich darauf zur Erde. Frieder pfiff unbekümmert ein Lied vor sich hin.
    Erst am letzten »einzecht« stehenden Hause des Dorfes wurde Jakob seinen Gefährten los, der zu dem hier wohnenden Hennenfangerle ging. Die alte Frau, die diesen Beinamen hatte, war als Hexe verschrien, obgleich Niemand mehr recht daran glaubt; soviel war gewiß: gestohlenes Gut, das in ihre Hände kam, war wie weggehext. Jener Name rührt allerdings von etwas Dämonischem her, das der Frau innewohnte; sie konnte mit ihrem Blicke die Hühner bannen, daß sie sich wie vor einem Habicht zusammenduckten und greifen ließen. Gerupfte Hühner kennt kein Mensch mehr und zu Asche verbrannte Federn zeigen keine besonderen Farben. Dieser Geruch verbrannter Federn mochte auch

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