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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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hat's träumt, ich sei mit Euch auf dem Bernerwägele gesessen und Euer Rapp war angespannt und hat eine großmächtige Schelle um den Hals gehabt, die hat geläutet wie die Kirchenglock', und der Rapp ist nur so durch die Luft dahingeflogen, seine Mähne ist hoch aufgestanden und man hat kein Rad gehört und wir sind doch immer fort und fort. Ich hab' den Rapp halten wollen, er hat mir aber schier die Arme aus dem Leib gerissen, und Ihr seid immer ganz ohne Angst neben mir gesessen und so immer fort; plötzlich legt sich der Wagen ganz sanft um und wir sind auf dem Boden gelegen, da ist mein Kamerad kommen und hat mich geweckt.«
    »Das ist ein wunderlicher Traum, aber in den nächsten vier Wochen fahr' ich nicht mit Euch. Was ich hab' sagen wollen, Euer Kamerad ist ein wunderlicher Heiliger, mein Vater sagt, er sei stolz und hochmüthig, ich mein' eher, er sei zimpfer und ungeschickt.«
    »Ihr habt ihm doch seine Störung verziehen?«
    »Ja. Seid Ihr auch schon auf gewesen?«
    »Nicht ganz. Mit meinem Kameraden habt Ihr Recht, er ist nicht stolz, im Gegentheil scheuch und furchtsam.«
    »Ja, das hab' ich auch denkt, und grad weil er scheuch und furchtsam ist, da geht er so auf die Leut' 'nein und thut wie wenn er sie zu Boden schwätzen wollt'. Wie ich vorlängst bei der Vroni auf der Hohlmühle gewesen bin, Ihr wisset ja, sie ist mit meinem Stephan versprochen, sie heirathen bis zum Herbst und er übernimmt die Mühle; Ihr seid doch auch noch da zur Hochzeit?«
    »Kann sein, aber Ihr habt mir was erzählen wollen?«
    »Ja, das ist Recht, daß Ihr Einen beim Wort behaltet, ich schwätz' sonst in den Tag 'nein. Nun wie ich drunten in der Hohlmühle bin, da wird's Nacht und da haben sie mir das Geleit geben wollen, ich hab's aber nicht zugeben und es wär' mir doch recht gewesen. Ich bin halt jetzt allein fort, im Wald da ist mir's aber katzhimmelmäuslesangst worden, und weil ich mich so gefürcht't hab', da hab' ich allfort pfiffen, wie wenn ich mir aus der ganzen Welt nichts machen thät. Ja, wie komm ich denn aber jetzt da drauf, daß ich Euch das erzähl'?« schloß Lorle, die Lippen zusammenpressend und die Augen nachdenklich einziehend.
    »Wir haben von meinem Kameraden gesprochen und –«
    »Ja, Ihr bringet mich wieder drauf; der pfeift auch so lustig, weil er Angst hat, nicht wahr?«
    »Vollkommen getroffen. Ihr müßt nun aber recht freundlich gegen ihn sein, er ist ein herzguter Mensch, der's verdient, und es wird ihn ganz glücklich machen.«
    »Was ich thun kann, das soll geschehen. Ist er noch ledig?«
    »Er ist noch zu haben, wenn er Euch gefällt.«
    »Wenn Ihr noch einmal so was saget,« unterbrach Lorle, das Bügeleisen aufhebend, »so brenn' ich Euch da den Bart ab. Ja, daß ich's nicht: vergess', lasset Euch Euern Bart nicht abschwätzen, er steht Euch ganz gut.«
    »Wenn er Euch gefällt, wird er sich um die ganze Welt nichts scheeren.«
    »Was gefällt? Was ist da von gefallen die Red'?« ertönte eine kräftige Weiberstimme, es war die der Bärbel.
    »Das Lorle ist in meinen Kameraden verschossen,« sagte Reinhard.
    »Glaub' ihm nichts, er ist ein Spottvogel,« rief das Mädchen und Bärbel entgegnete:
    »Herr Reinhard, ganget 'nein und trinket Euern Kaffee; Ich g'wärm ihn Euch nimmer.«
    »Geht Euer Goller da in die Kirch?« wendete sich Reinhard an Lorle und erhielt die Antwort:
    »Nein, das gehört der Bärbel, die geht, ich bleib' daheim; Ihr geht doch auch?«
    »Ja,« schloß Reinhard und trat in die Stube. Er hatte eigentlich nicht die Absicht gehabt, in die Kirche zu gehen, aber er mußte und wollte jetzt; er mußte, weil er's versprochen, und wollte, weil Lorle allein zu Hause blieb. Und wie wir unseren Handlungen gern einen allgemeinen Charakter geben, so redete er sich auch ein, er gewinne durch die Theilnahme an dem Kirchengange auf's Neue die Grundlage zur Gemeinsamkeit des Dorflebens und ein Recht darauf.
    Während Reinhard in der Stube dies überdachte, sagte Lorle draußen auf der Laube: »Denk' nur, Bärbel, er hat heut Nacht von mir träumt.«
    »Wer denn?«
    »Nu, der Herr Reinhard.« Lorle verfehlte nie, auch wenn sie von dem Abwesenden sprach, das Wort »Herr« zu seinem Namen zu setzen.
    »Laß dir von dem Fuchsbart nichts aufbinden,« entgegnete Bärbel.
    »Und der Bart ist gar nicht fuchsig,« sagte Lorle voll Zorn, »er ist ganz schön kästenbraun und der Herr Reinhard ist noch grad so herzig wie er gewesen ist, und du hast doch früher, wie er nicht dagewesen ist,

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