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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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einst das Besitzthum seiner Frau wie ein Dienstbote betrachtet hatte. Er schien fortan keine Ruhe mehr in seinem Hause und in seinem ganzen Leben zu haben; es kam hierüber zu heftigen Erörterungen, und Diethelm behauptete ein für allemal, er habe es versäumt, seine jungen Jahre zu genießen und müsse das jetzt nachholen. Von jener Zeit an sah Martha, welch' ein Leben ihr geworden war, sie ließ Alles ohne Widerrede geschehen, den Güterverkauf, den Fruchthandel, die Schafhalterei; sie hatte einen Mann, der sie des Reichthums wegen geheirathet und der nun, dessen gewohnt, ihrer kaum mehr achtete und seine Freude außer dem Hause suchte. Das war aber nicht immer der Fall, denn Diethelm hatte Zeiten, da er voll Ehrerbietung gegen seine Frau war und sie scherzweise Meisterin nannte, und die Frau hatte bei all' ihrem vergrämten Wesen doch oft Mitleiden mit dem Mann, der vielleicht mit einer jungen minder begüterten Frau glücklicher geworden wäre. So lebten diese Leute schon zwei und zwanzig Jahre in der Ehe und hatten noch ihre Einigung nicht gefunden, und doch strebte eigentlich im Innersten ein Jedes dem Andern zu Gefallen zu leben und war auch viel Streit und Zank zwischen ihnen: war das Eine vom Andern entfernt, gedachten sie mit inniger Sehnsucht einander und die Frau besonders war dann bestrebt, gegen Jedermann ihren Diethelm zu preisen. An Fränz, wenn sie zu Haus war und nicht nach ihrer Gewohnheit den Vater überall geleitete, hatte sie keine Stütze; denn das Mädchen hatte das hoffärtige Wesen ihres Vaters geerbt: Großthun, die Welt in Neid von sich reden machen, war ihr ewiges Dichten und Trachten, und sie schalt wie Diethelm die Grämlichkeit und das Schwarzsehen der Mutter eine Alterskrankheit, die sie höchstens bemitleidete.
    Martha saß jetzt allein, rückwärts schauend in die Vergangenheit und vorwärts nach ihrer einzigen Sehnsucht: dem Tod. Da hörte sie einen Wagen die Straße daherfahren, eine Männerstimme rufen, und mit der Freude eines Mädchens, das den Bräutigam erwartet, rief sie zum Fenster hinaus in die Nacht: willkommen Diethelm! Es antwortete Niemand, sie steckte schnell die Ampel in die Laterne, eilte hinab und als sie die Ankommenden sah, schrie sie jammernd laut auf.
    »Was habt Ihr, Meisterin?« fragte der Schäfer, dem sein Bruder vorausgegangen war.
    »Was will der Landjäger?« fragte die Frau.
    »Das ist kein Landjäger, das ist ja mein Munde,« antwortete der Schäfer, und Munde faßte die Hand der Frau, die zitternd und kalt war.
    Als Medard in der Stube die Vorgänge in der Stadt erzählte, preßte die Frau die Lippen und ihre vogelartige Nase wurde kreideweiß; sie sprach kein Wort und schüttelte nur mehrmals mit dem Kopf. Als sie endlich in ihrer Kammer allein war, warf sie sich auf die Kissen und weinte hinein und schrie die Worte: »Ausborger! Vergantet! Letzweiler Lump.« Dann richtete sie sich wieder schnell auf, riß die Kissen vom Bett und schrie wie rasend: »Das Alles wird versteigert, Alles. Auf's Stroh, aufs Stroh bringst du mich.« Sie warf sich auf das Stroh und weinte lange, bis sie endlich einschlief.
     
Siebentes Kapitel.
     
    Von Trompeten- und Posaunenschall erweckt schlug Diethelm am Morgen die Augen auf; es schien ihm fast, als ob es die Stadtzinkenisten gerade auf ihn abgesehen hätten und ihm war jetzt so schwer, als ob die ganze Last des Erkauften leibhaftig auf ihm läge: er überschaute jetzt nochmals die Zahlen in seiner rothen Schreibtafel und erkannte, daß er mehr eingethan als in's Maß will. Jetzt galt es aber muthig einzustehen. Fränz war sehr mißlaunisch, sie hatte sich in den vornehmen Kleidern doch ausnehmend gefallen und kam sich wie erniedrigt vor in der gewohnten Tracht. Sie mußte nun den Vater zu dem Kaufmann Gäbler begleiten, wo man feines blaues Tuch zu einem Mantel für die Mutter einkaufte, und von den Zureden Gäblers unterstützt, ließ sie nicht ab, bis auch für sie mehrere städtische Kleider eingekauft wurden. Gäbler war überaus freundlich und sagte, Diethelm habe mit Recht den Ruhm, daß gut mit ihm handeln sei und er etwas an sich verdienen lasse. Als Diethelm die Waare bezahlen wollte, lehnte Gäbler dies mit dem höflichen Beisatz ab, solche Kunden müsse man festhalten, denen stelle man Jahresrechnung und Diethelm lächelte in sich hinein; so klein auch diese Summe war, es zeigte sich doch wieder, wie die ganze Welt ihm ihr Besitzthum aufdrang und Vertrauen in ihn hatte. Warum sollte er das selbst nicht

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