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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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möchte sagen, eine Art Leidenschaft voll unergründlicher Macht; wie im halbwachen Schlummer überstürzen sich in ihr Gestalten und Empfindungen und begraben in ihren Wellen das selbstmörderisch hingegebene Leben. Auch von Madlene wollte Franzseph nichts mehr wissen, wie von sich selbst nichts mehr. Eben wollte er auch die Gabel den davonschwimmenden Wieden nachwerfen, da rief eine Stimme:
    »Franzseph was machst?« und Madlene stand vor ihm.
    »Ich faullenze,« entgegnete der Angeredete trotzig; das Mädchen aber faßte seine Hand und wehrte ab:
    »Sag' das nicht, du thust dir Unrecht.«
    »Ich? wer thut mir Unrecht? Ich heiß das Lüderlichste auf Gottes Erdboden und will's auch sein. Glaubst du nicht auch, daß ich faul bin?«
    »Nein, Gott ist mein Zeuge, daß ich das nicht glaube. Laß du die Leut' sagen, was sie wollen, ein Wort beißt nicht. Ich weiß besser wie du bist. Du kannst dich nur vom Soldatenleben her noch nicht wieder in's Bauerngeschäft finden. Ich seh dir's schon seit ein paar Tagen an, du willst jetzt in der Ernt' zeigen, was du vermagst; aber ich bitt' dich, überschaff dich nicht, du bist's ungewohnt und man hat eine Krankheit weg man weiß nicht wie, thu's mir zulieb und schon' dich.«
    Im Innersten betroffen und erschreckt schaute Franzseph auf. Noch vor wenigen Augenblicken hatte er in selbstzerstörendem Unmuth diese Liebe verleugnet und ihre Zuversicht richtete ihn jetzt straff auf; er blinzelte mehrmals rasch mit den Augen und wie angerufen sprang er dann plötzlich den davongeschwommenen Wieden nach, watete in den Bach und holte sie auch richtig ein. Jetzt konnte er sich das Angesicht von den aufgespritzten Tropfen abwischen und alle Düsterheit war plötzlich davon weggenommen. Madlene hatte diesem verwunderlichen Thun betroffen zugesehen; sie litt unsäglich unter der Feindseligkeit zwischen Franzseph und ihrem Vater. Sie verkannte das herrschsüchtige und geizige Wesen ihres Vaters nicht, aber auch das müßige Gehenlassen Franzsephs war ihr klar, und so sehr auch Feindschaft zwischen den Beiden waltete, sie wußte doch, daß sie in Gedanken nicht voneinander lassen, denn Beide waren stolz und das verband sie doch. Der Vater verbot ihr nie ausdrücklich den Umgang mit Franzseph und that, als ob er von den heimlichen Zusammenkünften nichts wüßte, und Franzseph suchte trotz alles Tobens doch bloß nach einer Gelegenheit, um in Lob und Ehre vor dem Vater dazustehen. Lachend stand Franzseph bald wieder bei seiner Madlene, und sie sprachen traulich wie in vergangenen Tagen mit einander. Sie mußte ihm, obschon widerstrebend, jedes harte Wort berichten, das der Vater über ihn gesagt, und diese Vorwürfe, die ihn sonst zum Toben und Rasen gebracht hätten, hörte er jetzt so heiter lächelnd an, als wären es lauter Lobeserhebungen. Nur als das Mädchen berichtete, daß ihr Vater nichts von ihm wissen wolle, solange er die Soldatenmütze auf dem Kopf habe, da preßte er die Lippen zusammen, nahm die Mütze ab, betrachtete sie eine Weile und setzte sie wieder keck auf. Madlene erzählte hierauf, daß des Schultheißen Claus, der sie immer von ihm abspenstig machen wollte, sich bei ihrem Vater gut Kind mache, besonders dadurch, daß er dem Wasserstiefel, wo er nur könne, eine Tücke anthue und daß der Vater sie immer bereden wolle, der Werbung des Claus nachzugeben. Selbst das hörte Franzseph mit unveränderter Miene an und sagte endlich, er wolle den Schlägelbauer auf Einmal zu ganz anderer Meinung über ihn bringen. Er ließ sich aber nicht bewegen, zu erklären, wodurch er dieß bewirken wolle.
    »Wohin ist dein Vater gegangen?« fragte Franzseph zuletzt.
    »Auf das Speckfeld, dort wollen wir am Montag – will's Gott – anfangen Wintergerste schneiden.«
    Die Sonne stand eben im Scheiden und ihr rother Widerschein glänzte im Bach und im Antlitz der Liebenden, die Hand in Hand dastanden. Die Lippen Franzsephs zitterten, es lagen Worte darauf, die er nicht aussprechen durfte, und ehe er's gekonnt hätte, schied er schnell von Madlene, denn sie sahen den Schlägelbauer von der Höhe jenseits herabkommen. Franzseph nahm die Wieden auf und trug sie nun selbst nach Haus; dennoch machte er einen Umweg, um dem Schlägelbauer nicht zu begegnen.
     
2. Ein Sommernachtswerk.
     
    Zu Hause war Franzseph voll Unruhe, die Mutter überraschte ihn, als er sich eben ein großes Stück Brod abschnitt und in die Tasche steckte; er erwiderte auf ihre Frage, was er damit wolle, daß ihn oft in

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