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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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und die oft unerklärliche Trübsinnigkeit schwinden. Diese Hoffnung stand nun aufs Neue im weiten Feld, denn der Schlägelbauer wurde von Tag zu Tag unwirscher, wollte von Verspruch nichts wissen und verlangte vor Allem ein Aufgeben der Kameradschaft mit Faber. Franzseph sah darin nur eine Beschönigung der Feindseligkeit, da der Schlägelbauer behauptete, ein Bauersmann, der keine Kapitalien habe und von der Ernte leben müsse, könne sich nicht in solche Sachen einlassen wie der Wasserstiefel. Franzseph antwortete hierauf kaum, er wußte es ja besser, daß er mit seinem jetzigen scheinbaren Nichtsthun mehr gewinne, als wenn er sich Schwielen an die Hände und Schweiß auf die Stirn arbeite. In lässigem Trotz ritt und fuhr er um jede Kleinigkeit in die Stadt und machte daheim immer ein saures Gesicht als suche er etwas oder als plage ihn ein geheimes Leiden. In der That hatte er immer einen so rothen Kopf, daß man meinte, das Blut würde ihm zu den Adern herausspritzen. Die Mutter wollte den Arzt darüber befragen, und als sie dieß einst ihrem Vetter Schlägelbauer klagte, hörte Franzseph, der in der Kammer seine Zigarre rauchte, diesen sagen:
    »Schneid' ihm die Blutadern aus seiner Soldatenmütze heraus, dann ist dein Franzseph gesund. Leid's nicht, daß er Zigarren raucht; dazu braucht man eine dritte Hand und kann nichts dabei schaffen. Aber da ist Alles kurz beieinander, dein Franzseph ist halt ein Faullenzer, der kehrt sich Morgens siebenmal im Bett und wendet dem Teufel den Braten.«
    Schnell riß Franzseph die Kammerthür auf und rief:
    »Saget mir das noch einmal in's Gesicht hinein, frei heraus.«
    »Kannst's haben; ja, du bist ein Faullenzer.«
    »Wenn ihr nicht der Vater von der Madlene wäret, läget Ihr jetzt am Boden.«
    »Da müßt' ich auch dabei seyn. Freilich, du hast deine Kräfte gespart, du bist ausgeruht; aber wegen meiner Madlene, da thu dir keinen Zwang an, auf die Art ist's mit euch aus, daß du's nur weißt.«
    Der Schlägelbauer bekam wieder seinen schweren Husten und die Mutter beschwichtigte den Streit und hieß Franzseph wieder in die Kammer gehen; sie geleitete dann den Vetter bis vor das Haus und Franzseph hörte noch wie sie sagte:
    »Mein Franzseph ist ja der beste Mensch von der Welt.«
    »Das ist wahr«, erwiderte der Schlägelbauer, »er wär' mir lieber ein bisle schlimm. Ich brauch' keinen so Gutedel.«
    »Ich bin ein Faullenzer!« rief noch Franzseph zum Fenster hinaus und hoffte mit diesem Selbstbekenntniß einen großen Sieg gewonnen zu haben, die ganze Welt sollte es hören, welch ein himmelschreiend Unrecht ihm geschah und Alles, vorab der Schlägelbauer, sollte ihm Abbitte thun.
    Aber der Schlägelbauer schaute sich nicht um und Franzseph betrat die Schwelle seines Vetters nicht mehr; er sah nur noch verstohlen seine Madlene, die aber meist schweigsam und betrübt war. Was sollte aus der Feindseligkeit Franzsephs mit dem Vater werden? und wenn ihr jener klagte, daß ihm Alles so schwarz vorkäme und er keine rechte Lustbarkeit in sich spüre, mußte sie die wahre Tröstung verschweigen, denn sie hatte einst gesagt:
    »Ich mein' auch, du schaffst nicht genug.«
    »Ich bin halt ein Faullenzer,« knirschte Franzseph.
    »Das sag' ich nicht,« entgegnete Madlene, »aber« –
    »Genug,« unterbrach Franzseph, »da drüben wohnt die Vroni, frag deinen Vater, woher sie Wittwe ist. Ihr Mann liegt in der Ernte krank im Bett, da geht sie zu ihrem Vater und sagt: in der harten Arbeitszeit will er jetzt in's Bett liegen. Da will ich schon helfen, sagte der Alte, nimmt seine Peitsche und haut auf den kranken Mann los bis er zum Bett herausspringt – und zwei Tage darauf hat man ihn begraben. Wie meinst, Madlene, sollt' ich mir's auch so machen lassen?«
    »Du bist ja aber nicht krank«, entgegnete Madlene.
    »Das ist All eins, es darf mir Niemand sagen, ob ich schaffen soll.«
    Von jener Zeit an hatte Madlene hierüber kein Wort mehr gesprochen und Franzseph fühlte wohl selber, wie er sich anders rühren müsse, aber er konnte sich nicht dazu bringen, daß er den Schein auf sich lade, auf fremde Ermahnung arbeitsam zu sein; fast nie ging er mit dem Geschirr ins Feld, trug nie etwas über die Straße, ging immer los und ledig einher und gebarte sich überhaupt, als wäre er nur auf Urlaub daheim und als sei jede Arbeit, die er verrichte, besondern Dankes werth.
    Ein geheimer Segen der Arbeit ist allerdings zerstört, wenn sie nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf fremde

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