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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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schönste Leben und jetzt wünsch' ich mir des Tags tausendmal, daß ich's noch wär'.«
    »Ja, es ist jetzt schlimmer hier als je. Denk daran was ich sag': es thut kein gut, bis die Hopfenstangen draußen an der Geißhalde noch zu einer Generalsprügelei verwendet sind.«
    »Wegen dem Hopfengarten,« nahm Franzseph wieder auf, »haben meine ersten Händel mit dem Schlägelbauer angefangen. Ich hab' mich gefreut, daß der Faber den verrutschten Berg so gut ausnutzt und der Schlägelbauer hat grad darüber losgezogen; er versteckt seinen einfältigen Haß hinter der Gemeindeehre. Früher, sagt er, sei unser Dorf berühmt gewesen, daß wir den besten Spelz bauen, jetzt werde sich's umkehren und man wird sagen: die Weißenbacher bauen den schlechtesten fuchsigen Hopfen. Und wenn ich meine Aecker krieg, bau' ich selber auf dem Buckel im Speckfeld auch Hopfen; es ist dort gerade der rechte warme Lehmboden und liegt prächtig gegen Mittag. Die alten Bauern, die nie über ihres Vaters Miste 'nauskommen sind, die meinen: schaffen wie ein Vieh, damit sei Alles gethan; man muß schaffen wie ein Mensch, mit Verstand und Bedacht. Ich bin nicht umsonst beim Regiment gewesen und weiß von der Welt. Der Schlägelbauer giftet auch darüber, weil ich den Knecht nicht aus dem Haus thue, den meine Mutter für meine Soldatenzeit genommen hat; ich kann ihn nicht so von heut auf morgen fortschicken und ich muß mich auch erst wieder ins Feldgeschäft gewöhnen, und ich bin ein Kerl der Ehre im Leibe hat und wenn mich einer zum Schaffen ermahnt, da thu ich grad Nichts; ich weiß selber, was ich zu thun hab', und es soll Keiner meinen, ich hätt' darauf gewartet, bis er mich richtig anstellt und das Lob gehört ihm.«
    Unter diesem Gespräch war die Herrichtung der Wieden vollendet. Franzseph rief seinem Knecht, der auf der Hausschwelle die Sense dengelte, und befahl ihm, die Wieden nach dem Bach zu tragen; er selber folgte mit der Hakengabel und die Art wie er diese nicht auf die Schulter nahm, sondern als Spazirstock gebrauchte, zeigte die seltsame Stimmung des sich stolz tragenden stattlichen jungen Mannes.
    Viele Menschen, wenn sie zu einem Rechtsanwalt kommen und ihren Streit vortragen, wollen von den Gegengründen ihrer Widersacher fast gar keine Kunde oder doch nur augenscheinlich unhaltbare mittheilen; sie meinen dadurch ihren Streit bereits gewonnen zu haben. Aehnlich erging es dem Franzseph bei seinen Mittheilungen an den Dorfschützen.
    Aus dem Soldatenleben zurückgekehrt und nicht unter der Botmäßigkeit eines Vaters stehend, fand der junge Mann sich nur schwer in die Obliegenheiten der mühseligen Arbeit. Er schloß sich um so lieber an Faber, den sogenannten Wasserstiefel an. Faber war weder ein bloser Gutsbesitzer noch ein Bauer und schon seine Kleidung zeigte seine Stellung zwischen beiden. In der Ackerbauschule gebildet, mit mäßigem Vermögen ausgerüstet, das sich durch die Heirath einer Wirthstochter aus der Hauptstadt noch beträchtlich vermehrte, gehörte Faber zu jenen Männern, denen keine sogenannte niedere Arbeit zu gering ist, die aber auch mit überschauendem offenem Geist ihre Thätigkeit erweitern und wohl mit der Zeit die Erneuerung des starken in sich gefesteten Bauernthums darstellen. Faber sah es gern, daß Franzseph an seinen Versuchen und Studien zur bessern Ausnutzung der vorhandenen Bodenkräfte Theil nahm, und Franzseph war gern mit ihm, theils um der besondern Ehre willen, theils auch weil Faber mit einer noch immer fremd bleibenden Zurückhaltung nie ermahnend in seine Angelegenheiten eingriff, während er sonst überall mehr oder minder grobe Stichelreden über seinen halben Müßiggang hören mußte.
    Lässige Menschen – und ein solcher war Franzseph – suchen vornehmlich Umgang mit Halbfremden oder unterthänig Schmeichlerischen; für Franzseph gehörte Faber zu den ersteren und der Dorfschütz zu den letzteren. Darum schloß er sich fast nur diesem an und schien heiter und wohlgemuth. Dennoch fehlte ihm die rechte Herzensfreudigkeit Alles war ihm wie mit einem trägen Nebel verdeckt, durch den nur die Liebe zu des Schlägelbauers Madlene zuweilen wie ein heller Stern hindurch schimmerte; manchmal fürchtete er aber fast die Vereinigung mit Madlene und sah sich einer Sklaverei entgegengehen, in der er über jede Stunde und ihre Arbeitspflicht Rechenschaft geben müsse, manchmal hoffte er auch wieder, wenn er erst Madlene ganz sein nennen werde, müsse wieder frische Regsamkeit in ihn kommen

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