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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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lange gearbeitet habe, er hatte ja keinen Glockenschlag gehört; aber hört denn der Emsige die Stunde schlagen und rinnt ihm die Zeit nicht ungezählt dahin?
    Franzseph kam sich wie verzaubert vor. Das war ein Klingen und Singen und Summen in der Luft und auf den Feldern, wie von zahllosen unsichtbaren Wesen. Franzseph fühlte eine unwiderstehliche Schlafsucht, aber er bewältigte sie doch; umherschauend zwang er sich, die ganze Umgebung im lichten Sonnenschein zu denken und jetzt kam der Mond rund und groß hinter dem Wald herauf und übergoß Alles mit mildem Schein. Feld und Wald und Dorf lag im weichen Dämmerlicht ausgebreitet und aus dem Bach blinkte es da und dort hell herauf. Franzseph richtete sich rasch auf und die Sense glitzerte im Mondschein wie er sie aufhob und untersuchte, er verbarg das verrätherische Blinken schnell unter den Halmen und mit neuem Muth ging's an die Vollführung des Werkes. Er gedachte wie der Schlägelbauer und mit ihm das ganze Dorf staunen werde, wenn es sich zeigt, daß der Faullenzer, während Alles ruhte, einen Morgen Gerste niedergemäht, und wie freudig Madlene jauchzen müsse, daß ihre Zuversicht sich so bestätigte. Er bedurfte dieser Aufmunterung sehr, denn immer mühsamer wurde ihm diese Arbeit und solch einsame Verkehrung der Nacht in Tag. Er wetzte die Sense öfter als sonst und nicht mehr so behutsam. Der Nachtwächter, dachte er, glaubt freilich nicht mehr an den Dengligeist, aber er wird doch morgen Allen berichten, daß er ganz gewiß in vergangener Nacht den verschollenen Erntegeist im Felde habe die Sense wetzen hören. Er wird dann dem Orte nachforschen, von wo er den Klang vernommen und dadurch wird die Sache am schnellsten offenbar, denn selbst kann ich sie doch nicht verrathen, und bis zum Montag warten könnte ich auch nicht.
    Wieder wetzte Franzseph die Sense anhaltender als je und ließ sie dann noch fast geflissentlich im Mondschein blinken, er fürchtete nicht mehr, vom Flurschützen überrascht und gestört zu werden, dies wäre ihm wohl eher erwünscht gewesen. Er hatte ein gut Theil des Ackers gemäht und war so überaus müde, aufhören konnte er aber nicht, denn was sollte die halbe Arbeit? Wurde er aber verscheucht, so war es ja nicht seine Schuld, daß noch Etwas rückständig blieb, auch dieses mußte ihm als vollbracht angerechnet werden, er hätte es ja ohne die Störung gewiß vollendet. So sehr auch Franzseph wetzte und endlich sogar zu dengeln anfing, es ließ sich Niemand sehen noch hören, der ihn stören wollte und eine Zeit lang mähte er im Zorne fort und horchte auf jede Viertelstunde, die es im Dorfe schlug. Endlich aber wurde er auch dieser Mißstimmung Meister, und je mehr es gegen Morgen ging, desto mehr erfreute er sich seines Thuns. Mit dem ersten lichten Grau, das im Osten aufdämmerte, belebte ihn ein neuer Gedanke, der sich immer mehr geltend machte: nicht das Staunen und die Bewunderung des ganzen Dorfes erquickte ihn, er freute sich über sich selber, er hatte vor sich bewiesen, daß er einen schweren Vorsatz vollführen könne. Jetzt war er auch des Zweifels ledig, ob er in den Tag hinein arbeiten wolle, bis man ihn bemerke, er war entschlossen, sich davon zu machen, ehe man ihn sah. Die Morgenwolken, die sich immer mehr lichteten, warfen ihre Strahlen hinein in den Mond und es war als ob zu diesem Sonntag eine doppelte Sonne über der Welt aufgehe. Hier und da zwitscherte eine Lerche am Boden und ein Rabe flog krächzend waldaus, als wäre er der Bote der Nacht, der ihren Rückzug verkünde. Jetzt schwang sich dort aus der Ferne eine Lerche keck empor und aus den thaufeuchten Halmen schwirrten ihr andere nach, vom Walde her und in den Hecken begann es zu zwitschern und zu singen, die Sonne stieg in voller Pracht empor und mit freudigem Siegesgefühle schaute Franzseph zu ihr auf. Er hatte in stiller Nacht ein frisches Herz gewonnen. Er mähte noch den Acker bis zu Ende. Nur noch eine Spreite stand. Sollte er sein Werk im Tageslicht vollenden? Er hob die Sense hoch hinauf in's Sonnenlicht und in ihm sprach der Vorsatz, daß die Sonne immerdar seine emsige Arbeit erschauen und sie segnen möge; dann verbarg er die Sense in einem noch hell grünenden Haberfelde und eilte davon; aber er kehrte nicht in's Dorf zurück, er schritt nach dem Walde, er suchte nicht lange und hatte den Schlaf nicht anzurufen, bald war er auf dem Moose unter einer mächtigen Tanne eingeschlummert.
     
3. Ein Feldfrevel.
     
    Im Hause des Landwirths

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