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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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laut auf.
    Franzseph wurde dem Landjäger übergeben und nach der Amtsstadt abgeführt, der Schlägelbauer geleitete die weinende Mutter tröstend nach Hause.
     
4. Fremde That.
     
    Als der Landwirth Faber nach Hause kam, hörte er zu seinem Entsetzen, wer die ruchlose That vollbracht habe, und die neubacknen Bretzeln, auf die er sich so kindisch gefreut hatte, wollten ihm gar nicht munden. Die Frau, die sich dem heißblütigen Manne gegenüber auf ihre ruhige Menschenkenntnis viel zugute that, behauptete, daß sie schon lang etwas Heimtückisches und Hinterlistiges an Franzseph bemerkt habe, daß sie aber geschwiegen hätte, um nicht wieder für mißtrauisch zu gelten. Faber bestritt das Vorhandensein dieser Weltklugheit, und wie das so leicht geschieht, eine Unbill von außen erzeugt leicht Mißstimmung und Streit zwischen den Betroffenen; das gekränkte Herz heischt oft, ohne es gestehen zu wollen, eine Tröstung und jede ungeschickte oder unerwartete Berührung wird zu einer Mißstimmung. Faber behauptete streng verweisend, daß Niemand dies habe von Franzseph voraussetzen können und die Frau suchte versöhnend abzuschließen, indem sie die Furcht vor neuer nicht so leicht zu verschmerzender Unbill darlegte und ihren Mann bat, die Beschädigung ungesühnt zu erleiden, den Franzseph frei zu machen und durch diese Hochherzigkeit das ganze Dorf zu beschämen und zur Freundschaft zu zwingen. Das war aber gerade ein neu aufreizender Vorschlag und Faber schwur und betheuerte, daß er unnachgiebig den strengen Rechtsweg in dieser Sache verfolge, von dem ihn nichts abbringe. Er setzte eilig eine Klagschrift an das Amt auf, in der er genauen Augenschein forderte. Er schrieb noch mit fliegender Feder, als Madlene mit verweinten Augen eintrat. Faber kannte das Mädchen wohl, dennoch fragte er nach Namen und Begehr, und ohne ein Wort zu erwiedern, schüttelte er auf die Bitte, »Gnade für Recht ergehen zu lassen,« verneinend den Kopf, siegelte die Schrift, verließ die Frau, die Madlene zu trösten suchte, ging nach dem Hof und schickte sogleich einen reitenden Boten mit der Schrift nach der Stadt. Bald kehrte er wieder in die Stube zurück und fragte Madlene, seit wann der Franzseph Nägelschuhe trage. Das Mädchen behauptete, daß er nur Stiefel mit eisenbeschlagenen Absätzen habe und sprach, ermuthigt durch die Mittheilung, daß man die Spuren von Nägelschuhen im Hopfenacker gefunden habe, die Ueberzeugung aus, daß Franzseph unschuldig sei; zwar habe er selbst gestanden, aber wer wisse, was ihn dazu veranlaßt habe.
    »Dann hat er fremde Schuhe geborgt oder Helfer gehabt, es muß sich Alles erweisen,« entgegnete Faber, verließ abermals in Unruhe das Zimmer und schickte einen zweiten Knecht als Wache nach dem verwüsteten Hopfengarten, damit Niemand hineintrete und die ganz deutlichen Fußstapfen verwische. Während er dem Knecht noch sein Verhalten genau vorschrieb, sah er Madlene das Haus verlassen; sie ging zu der Mutter Franzsephs, die wegen des Geschehenen ganz untröstlich war und immer behauptete, ihr guter Franzseph müsse zu dem Schelmenstreiche verführt worden sein, denn so etwas käme nicht aus seinem braven Herzen und zu einem solchen Streiche könne er nicht des Vaters Pudelkappe aufgesetzt haben. Sie hatte die Soldatenmütze ihres Sohnes auf den Tisch gestellt und sah immer weinend und händeringend darauf, als würde sie nie mehr das Haupt sehen, das damit bedeckt war ...
    Unterdeß schritt Franzseph, von dem Landjäger gefolgt, lautlos die Straße dahin. Als sie an der Anhöhe vorüber kamen, wo das abgemähte Gerstenfeld war, däuchte ihn, es müsse sich von dort irgend ein Zeichen für ihn erheben; aber wer konnte sprechen, wer Zeugniß ablegen für ihn? Ueber den Spitzen der Kornfelder wob sich schwebend ein funkelnder Duft und aus dem Thal und von der Höhe klangen die Morgenglocken. Franzseph schritt ruhig weiter und gedachte der hellen Stunde, da er froh begrüßt und geehrt diesen Weg heimwärts ziehen werde. Mit wachen Augen ging er halb träumend hin und konnte sich nicht klar machen, was geschehen war und noch geschehen sollte. Als man endlich in der Amtsstadt angekommen war und alle Leute nach dem jungen Verbrecher ausschauten, und der Hausknecht des Greifenwirths, ein ehemaliger Kamerad, ihn mit seltsamem Lächeln bei Namen rief und grüßte, da fing es ihm an doch bange zu werden; aber immer noch däuchte ihn Alles nicht wahr, und erst als er allein im Gefängniß stand, erwachte er

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