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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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plötzlich und ballte beide Fäuste und schlug gegen die ungerechten Mauern und schrie laut auf. Die Mauern wichen nicht und der Schrei verhallte von Niemand gehört. – Was nützte jetzt alles Besinnen und Ueberdenken? Es ließ sich nichts herauspressen. Endlich legte sich Franzseph beruhigt nieder, mit der festen Zuversicht, daß der Schlägelbauer der Sache bald ein Ende machen werde. Man brachte ihm Essen, er ließ es unberührt stehen. Die gebrochene Nachtruhe, die ungewohnte Arbeit, die Gemüthsbewegungen und der Weg, Alles machte sich geltend, um Franzseph in einen bleiernen Schlaf zu versenken. Als er erwachte, mußte er sich besinnen wo er war; dunkle Nacht und Einsamkeit umher. Das ganze Leben war verändert, die Nacht war zum Tage, der Tag zur Nacht geworden. Ein zerschnittener Lichtstreif des Mondes fiel in seinen Kerker und leuchtete Franzseph beim Verzehren des kalt gewordenen Mahles, über das er sich rasch hermachte. Er fühlte sich neugestärkt und meinte, er müsse jetzt gleich erlöst werden; es war genug des schlimmen Scherzes. An dem hohen Fenstergitter sich mit beiden Händen anhaltend, schaute Franzseph hinein in die Mondnacht. Plötzlich war's ihm, als ob er einen Schlag an den Kopf bekäme, so nahe dröhnte die Thurmuhr der Stadt, die in gleicher Höhe mit der Gefängnißzelle war. Es schlug Eins. Das war ein anderes Warten auf den Tag als in vergangener Nacht im freien Feld. Jede Viertelstunde, die es schlug, klopfte mit leibhaftigem Pochen an das Haupt Franzsephs und durchdröhnte seinen ganzen Körper, und selbst als er sich wieder auf die Pritsche legte, hörte das nicht auf, und durchbebt von diesen Klängen mußte er der vielen Stunden gedenken, die er in halb stolzer, halb feiger Lässigkeit verträumt und vertrödelt hatte; er sprang oft auf und streckte die Hände empor voll heißen Verlangens nach Arbeit. Heute wollte er ja rüstig an's Werk und nimmer lässig werden, warum war er gefangen?
    Ein bläulicher Schimmer zeigte sich am Himmel, kein Lerchenton war vernehmbar, nur der ächzende Pendelschlag der Thurmuhr hin und her. Ein heller Tag brach an, ein ächter gesegneter Erntetag. Je weiter die Stunden vorrückten, um so lebhafter dachte sich Franzseph, wie jetzt Alles daheim sich zur Arbeit rüstet; nur er allein mußte träge ruhen, und als eine Seligkeit erschien es ihm jetzt die Sense zu handhaben, er sehnte sich nach dem Griff der Sense wie nach der Hand eines Freundes; weinend vor Zorn und Wehmuth wälzte er sich auf seinem Lager, da öffnete sich endlich die Thüre und der Gefangenwärter trat mit dem Landwirth Faber ein.
    Der erste Anblick erschreckte Franzseph so, daß er starr da stand, aber rasch streckte er dem Faber die Hand entgegen, die dieser indeß abwies, indem er mit ruhigem Ton erklärte: er habe sich von dem Untersuchungsrichter eine Unterredung erbeten, bevor das Verhör beginne, es sei ihm noch unfaßlich, daß gerade der Einzige, der sich ihm vertraulich angeschlossen, den Frevel ausgeführt habe, Franzseph sollte daher bekennen, wer ihn dazu verleitet und wer ihm dabei geholfen habe. Franzseph starrte lautlos drein und ließ sich trotz allen Drängens zu keiner Antwort herbei. Als indeß Faber auf die Stiefel deutend sagte:
    »Solch' eine Fußspur findet sich gar nicht in meinem Hopfenacker, Ihr müßt also blos Wache gestanden und Andere müssen Euch geholfen haben,« da zuckte Franzseph zusammen und sagte endlich:
    »Lieber Herr Faber, wenn ich sagen könnte, wem die anderen Fußspuren gehören, versprecht Ihr mir die Sache aus und vorbei sein zu lassen um eine billige Entschädigung?«
    »Nein, und wenn ich den Menschen an den Galgen brächte, ich könnte ihn mit Lust baumeln sehen.«
    »Dann hab' Ich's gethan und sonst Niemand,« fiel Franzseph ein.
    »Das geht nicht mehr, wir haben das Bekenntniß, das Ihr anders aussagen könnt, wenn Ihr wollt.«
    »Ja, wenn ich will,« entgegnete Franzseph halb trotzig halb wehmüthig. Faber suchte ihn nun mit aller Güte zu bereden, den wahren Sachverhalt zu bekennen, er werde als Verführter nur eine geringe Strafe bekommen, und beschwor ihn zuletzt aus Achtung vor ihrer ehemaligen Freundschaft, ihm nicht das Leid anzuthun, daß er nun an keinen guten Menschen mehr glauben dürfe.
    Dieses Wort »gut« machte aber wieder die verkehrte Wirkung auf Franzseph und er verfiel in erzwungenen Trotz und Starrsinn, der sich nur zu den Worten verstand, daß er dem Untersuchungsrichter allein Antwort schuldig sei. Faber

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