Schwarzwaelder Dorfgeschichten
mußte sich zwingen noch weiter zu sprechen, und in den Mienen Franzsephs zuckte es als er hörte, daß im Dorfe gestern Jeder dem Andern auf die Schuhe gesehen habe, daß man am Abend an des Schultheißen Haus einen brenzlichen Geruch wahrgenommen habe, der vielleicht davon herkäme, daß des Schultheißen Claus seine Schuhe verbrannt habe. Auch hierauf schwieg Franzseph, lachte aber in sich hinein.
Eben wollte Faber weggehen, als Madlene eintrat, sie konnte vor Weinen erst gar nicht reden, dann klagte sie durcheinander über das Zuchthaus, dem Franzseph entgegen gehe, und dann wieder über ihren Vater, der sie nun doch zwingen wolle des Schultheißen Claus zu heirathen, der ihn ganz umgarnt habe und durch einen Streich, den man nie von ihm geglaubt hätte, den Vater ganz gewonnen habe.
»Was sagt denn dein Vater über mich?« fragte Franzseph.
»Ja, ich sag' dir's frei,« erwiderte Madlene, »er schimpft auf dich und sagt, du habest den Hopfenacker nur verwüstet, damit man dich einsperrt und du in der Ernte faullenzen kannst.«
»Da thut er nur so, er weiß besser wie's steht,« entgegnete Franzseph lächelnd, aber diese versteckte Bosheit that ihm doch wehe und war unbegreiflich. »Warum ist denn der Claus so wohl dran? Was hat er denn gethan?« fragte er dann wieder.
»Denk' nur, der hat, um zu zeigen was er vermag, Samstag Nacht einen ganzen Morgen Gerste im Speckfeld abgemäht.«
»Das hat der Claus gethan?«
»Ja, er hat meinem Vater bewiesen, daß er die ganze Nacht nicht daheim gewesen ist, und jetzt' möcht' der ihn auf Händen tragen.«
Franzseph jauchzte laut auf, die Umstehenden sahen ihn betroffen an, als wäre er plötzlich wahnsinnig geworden, denn Franzseph schnalzte mit beiden Händen und tanzte im Gefängniß umher. Auf die ängstlichen Bitten Madlene's beruhigte er sich wieder und fragte:
»Paß auf, was ich sag': war dein Vater Samstag Nacht daheim?«
»Ja, er hat seinen bösen Husten gehabt und hat fast kein Aug' zuthan.«
Wieder jauchzte Franzseph hell auf und umarmte seine Madlene und den widerwilligen Faber und erzählte endlich den ganzen Hergang: wie seine Sense noch im Haberfeld liegen müsse und wie er die That nur für den Schlägelbauer übernommen habe. Er bat dann vor Allem den Faber, ihm wieder gut Freund zu sein, was dieser auch gewährte. – Vor dem Richter wurde nun nochmals Alles klar dargelegt, und Franzseph auf die Bitten Fabers entlassen.
Franzseph und Madlene fuhren mit Faber in dessen Kütschle nach dem Dorf zurück, aber ohnweit des Dorfes beim Speckfeld stieg Franzseph ab und Madlene folgte ihm. Sie fanden bald die Sense im Haberfelde, und Franzseph mähte jetzt noch schnell unter dem Blicke der Geliebten die noch stehende Spreite des Gerstenfeldes nieder. Mit der Sense auf der linken Schulter und seine Madlene an der rechten Hand führend, kehrte Franzseph wieder in das Dorf zurück ....
Es ist nicht mehr viel zu erzählen. Die Nägel von den verbrannten Schuhen des Claus fanden sich richtig in der Asche; im Zuchthaus trägt der Claus jetzt Holzschuhe.
Wer weiß, ob der tückische Schlägelbauer den Franzseph nicht lieber in's Unglück getrieben hätte, als daß er ihm, wie jetzt geschah, seine Tochter geben mußte. Freilich ein volles Glück war das, trotz der Liebe Madlene's, doch nicht. Schwäher und Tochtermann lebten nicht gütlich miteinander. Franzseph arbeitete für Zwei, und doch mußte er fast täglich von seinem Schwäher hören, daß er ein Faullenzer sei; jetzt aber lächelte er darüber, es machte ihn nur zornig, so lange es eine Wahrheit gewesen, den ungerechten Schimpf hörte er ruhig an und das verdroß den Schlägelbauer so sehr, daß er sich ein Leibgedinghaus baute. Aber er bezog es nicht mehr und Franzseph ist Schlägelbauer. Die Soldatenmütze hängt über dem eingerahmten Abschied als Andenken, Franzseph und seine Buben tragen Pudelkappen.
Fabers Hopfenacker ist wieder im besten Gedeihen und Franzseph hat richtig einen eigenen ergiebigen im Speckfeld angelegt.
Kein Weg ist betretener als der Gartenweg von des Schlägelbauern Haus zu dem Fabers, und wenn Pauline Faber von ihrer raschen Menschenkenntniß spricht, sagt ihr Mann neckend: denk' an Franzseph. – –
An des Schlägelbauern Haus aber sind zum ewigen Gedenken Hopfen und Gerste angemalt.
II.
Ein eigen Haus.
Das alte Liebespaar.
Wohlgemuther und feiner war kein Mädchen im Dorf anzuschauen als des Bäckers Zilge. Nach dem Landesbrauch änderte man ihren
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