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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Emil Faber, genannt der Wasserstiefel, war noch Alles in lautloser Ruhe, nur die Tauben in ihrem Schlage gurrten nach Freiheit und der Hahn krähte aus seiner Verborgenheit immer anhaltender. Mit Ausnahme des offenen Schuppens war das Haus noch ganz dasselbe, wie es Luzian verlassen; nur hatte Alles eine frischere Farbe und hieländisch fremde Pflüge und eine große Häckselmaschine zeigten, daß eine junge Kraft hier walte. Das Schlafzimmer der jungen Eheleute war nach dem ruhigen Grasgarten gelegen, wo ein Apfelbaum mit seinen rothbackigen Früchten fast in die Fenster hineinragte. Der lustige Pfiff einer Grasmücke hatte von dort aus den jungen Mann geweckt, der eben im Ankleiden begriffen war, als er das Erwachen seiner Frau wahrnahm.
    »Guten Morgen Pauline,« rief der junge Mann, »es ist noch früh, schlaf noch einmal und freue dich mit mir, heut ist Sonntag.«
    »Ja, guter Emil, und heut gehst du mit mir in die Kirche?«
    »Auch, aber ich freue mich auch mit dem Sonntag, weil es an diesem schönen Tag neugebackene Bretzeln giebt,« erwiderte der Mann mit kindischem Humor.
    Die Frau erzählte, daß sie einen ängstlichen Traum gehabt: die wegen des Zehntpachtes aufrührischen Bauern hätten das Haus angezündet und Niemand hätte retten und löschen wollen als der Franzseph, der endlich in den Flammen verschwunden sei.
    »Ach,« schloß sie klagend, »ich habe mir das Landleben doch anders gedacht und du bist auch so unnachgiebig und forderst durch den Zehntpacht noch die Tücke dieser rohen Menschen heraus. Du wirst sehen, sie bereiten uns irgendwo ein Verderben.«
    »Das ist auch meine Ansicht und eben darum hab' ich den Zehnt gepachtet. Man muß den Menschen einmal Gelegenheit geben, allen versteckten Groll, den sie in der Seele hegen, loszulassen. Ich bin der kleinen Plänkeleien, Tücken und Beinstellereien müde, sie müssen mir eine offene Schlacht liefern, ich bin darauf gefaßt. Wegen Brandstifterei sei ruhig, sie wagen nichts so Keckes und wissen auch, daß ich gut versichert habe und gern neu bauen möchte. Mit dem Franzseph werde ich aber in diesen Tagen ein ernstes Wort reden; er muß seinen dummen Soldatenstolz abthun.«
    Der junge Mann, eine ungewöhnlich große Gestalt mit flachsblondem Haar, trat an das Bett seiner Frau, strich ihr mit der Hand über die Stirn und beruhigte sie durch trauliches Zureden, dann verließ er das Zimmer, ging hinab nach dem Hof, wo ihn der große Kettenhund mit Winseln und Sprüngen begrüßte, er band ihn los und sah nach dem Treiben der Knechte und Mägde, die sich mittlerweile auch aufgemacht hatten und sich zwischen den Tauben hin und her bewegten, die gurrend auf und nieder flatterten. Eben stand Faber bei einem neu eingetretenen Knechte und lehrte ihn die Häckselmaschine besser handhaben, als der Dorfschütz militärisch grüßend in den Hof trat.
    »Was giebt's schon so früh?« fragte Faber.
    »Euer Hopfenacker ist verruinirt. So eben berichtet's der Flurwächter. Es steht kein' Stang mehr, und alle Ranken sind zerschnitten.«
    Obschon der junge Landwirth so eben noch sich auf Tückisches gefaßt erklärt hatte, so verfinsterten sich dennoch plötzlich seine Mienen; er hätte vielleicht einen persönlichen Angriff leichter ertragen, als diese ruchlose Zerstörung einer mit besonderer Liebe gehegten Pflanzung. Der Hund schaute bald in das Antlitz seines Herrn, bald in das des Botschafters, gewärtig den Befehl zum Angriff zu vollziehen; brummend und mit aufgesträubten Rückenhaaren umkreiste er den Dorfschütz, bis ihn sein Herr zur Ruhe verwies. Nachdem Faber auf die Frage, ob die Sache bereits amtlich angezeigt sei, bejahende Antwort erhalten, kehrte er zu seiner Frau in's Haus zurück und bald sah man ihn, mit den hohen Wasserstiefeln angethan, der Hund vorauf, hinaus auf das Feld wandern. Die Kunde von dem Geschehenen hatte sich rasch verbreitet und das Dorf frühzeitig geweckt, denn überall an den Fenstern und vor den Häusern machten Männer und Frauen Zeichen des Mitleides und bezeigten bedauernd ihre Schuldlosigkeit gegen Faber, der ohne Anhalt mit großen Schritten fürbaß ging.
    Bald sammelten sich Gruppen Lautredender auf den Straßen und Alle schimpften auf den Feldfrevler, den man entdecken müsse, damit er für den Schaden einstehe und nicht die Gemeinde dafür büßen müsse. Eine lärmende Gruppe hatte sich nicht weit von des Franzsephens Haus bei dem Brunnen gebildet und hier hörte man vor Allem die Stimme des Schultheißen, der

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