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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Wundermähren in das Herz und wie ein kleines Kind bat sie oft Traudle am Abend, ihr noch mehr solcher Geschichten zu erzählen. Der Vater erlöste sie endlich aus der Wirthsstube und dem unmittelbaren beständigen Verkehr mit der harten Mutter. Eines Sonntags, nachdem Erdmuthe den Weiberzorn zu einer Wahrheit gemacht, da sie eine Flasche des rothen Weines einer fremden Dame über das weiße Kleid schüttete, sagte der Vater am Abend im Familienrathe: »Ich sehe schon, Erdmuthe, du bist Gottfriedisch, was denen nachschlagt, paßt nicht unter Menschen, nur unter Vieh und auf's Feld. Von morgen an hast du nichts mehr in der Stube zu thun, du versorgst mit dem Knecht und der Magd unser Bauernwesen. Ist dir's recht?«
    »Ja. Ich dank', Vater.«
    Die Frau wollte diese neue Anordnung nicht gestatten, man würde es ihr aufbürden, daß sie das Kind gegen die ihrigen zurücksetze, aber Cyprian blieb fest.
    Von nun an war Erdmuthe überaus heiter, der Knecht und die Magd berichteten, man habe gar nicht gewußt, welch ein lustiger Vogel die Erdmuthe sei; sie trällere den ganzen Tag und wisse beim Ausruhen gar wunderbare Geschichten zu erzählen, daß man sich wie in einer andern Welt vorkäme und jede Arbeit gehe ihr so flink von der Hand, als hätte sie schon Jahre lang die schwersten Geschäfte verrichtet.
    Erdmuthe wurde sonnverbrannt, aber dabei stark und groß, sie hatte gar nichts vom Vater als die braunen Augen mit dem breiten stillen Feuer, im Uebrigen schien sie ganz der Mutter nachzuarten. Am Markttage, wenn's im Hause lustig herging, war Erdmuthe fast immer betrübt. Es waltete ein eigener Zufall, daß, so wie sie einen Schritt aus dem Hause ging, sie immer Bläsi begegnete, er fuhr, ritt oder ging immer an ihr vorüber, als ob es ihm ein Geist verrathen hätte, daß sie kommen würde. Die Beiden gingen rasch an einander vorüber, ohne zu grüßen; Anfangs war es das strenge Verbot des Vaters, was Erdmuthe davon abhielt, bald aber setzte sich eine selbständige Feindseligkeit in ihr fest und ebenso in Bläsi. In Hollmaringen sagte dann Bläsi am Abend zu seiner Schwester, die einen Sohn des Rodelbauern geheirathet: hatte und im Hause Cyprians wohnte: »Es ist doch unerhört, die Erdmuthe ist doch meine einzige Verwandte und geht an mir vorbei wie an einem Stock; ich sag's ihr aber nächstens einmal, sie geht mich gar nichts an, sie ist meine Verwandte nicht.« Fast ganz dasselbe sagte dann Erdmuthe am Abend dem Traudle und wenn diese dann eine künftige Liebe daraus deuten wollte, wehrte sie sich mit aller Macht dagegen und betheuerte, ihr nie mehr von Bläsi zu sprechen; dennoch konnte sie sich nicht enthalten, ihr oft und oft zu erzählen, wie grimmig sie heute den Bläsi angesehen, daß er die Augen habe niederschlagen müssen. Einmal erzählte sie sogar, daß Bläsi ihr habe zusprechen wollen, sie aber sei davon gelaufen und habe sich nicht an ihn gekehrt.
    Cyprian war oft unwirsch, er mußte mancherlei geheimen Kummer haben und nur Einen sprach er laut aus; es ärgerte ihn, daß er sein ältestes Kind, das er innig liebte, aus seiner Nähe hatte verdrängen lassen und manche üble Nachrede sich dadurch zugezogen hatte. Er wollte Erdmuthe wieder im Hause um sich haben, aber sie willfahrte ihm nicht. Hinter dem Schenkgitter suchte er über Mancherlei Vergessenheit zu trinken und brachte dadurch neues Ungemach zu Tage. Das Gelübde, daß der Rausch beim Weinkauf des Hauses der allerletzte sein sollte, war schon längst übertreten und nicht mehr in Erinnerung. Erdmuthe sah den Zerfall im Hause wohl und so wehe es ihr that, den Vater sich allein zu überlassen, sie hielt sich jetzt doppelt gern in Feld und Stall auf und selbst im Winter saß sie meist still in der Stube an der Kunkel. Es kamen manche Freier, die um Erdmuthe anhielten, der Vater wies sie alle ab und wenn sich Einer dem Mädchen selber näherte, wußte der Vater so viel Verdorbenheit und Schlechtigkeit von einem Jeden zu sagen, daß Erdmuthe gern darein willigte, Jeden von sich zu entfernen. Auch Traudle half dem Vater dabei, denn sie nährte unablässig die Hoffnung, daß Erdmuthe den Bläsi heirathen und sie wieder nach Hollmaringen zurückbringen müsse.
     
Die Sonne geht nieder.
     
    Ein lustig grünender Baum, dem plötzlich und auf immer der Bach abgegraben wird, der seine Wurzeln tränkte, kann von seinem Schmerze nichts kundgeben und er verdorret still; der Mensch aber, auch der an die Scholle gebundene, kann doch klagen und schelten wenn

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