Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
Vom Netzwerk:
gebracht. Man sah und hörte Gottfried nicht an, was in ihm vorging, als er ein Stück des Gewandes nach dem andern zu hohem Preise erwarb. Er machte sein Anbot immer mit gleicher ruhiger Stimme. Es war noch ein Gewand aus der ehrenfesten Bauernzeit, das sich schon auf das zweite Geschlecht vererbt hatte. Der kleine runde Strohhut mit gewässerten schwarzen Knüpfbändern mit rothen Wollrosen verziert, die rothen Zopfbänder, die schwarzsammtne, auf dem Rücken weit ausgeschnittene Jacke, der sogenannte Schoben, das Scharlachmieder mit den silbernen Nesteln und Kettchen, der aus Silberdraht und Felbelschnüren gedrehte Gürtel, ein besonderer nur an Ehrentagen getragener Schmuck, der blaue faltige Rock mit den verschiedenfarbigen Einfassungen, die feine weiße Schürze, die rothen Strümpfe und Stöckleschuhe, Alles das erwarb Gottfried eines nach dem andern und legte es wieder mit Andacht in die kenntlichen Falten, da es der Ausrufer auseinandergerissen hatte. Er sprach kein übriges Wort und nur den jedesmaligen Kaufpreis. Als aber jetzt wieder ein Stück Hausrath an die Reihe kam, gebot er Stille und fragte den Ausrufer:
    »Ist die siebenfache Granatenschnur mit dem Schwedendukaten nicht auch dabei?«
    »Den Halsschmuck hab' ich,« lachte Cyprian, »ich hab' mir ihn durch die Gurgel laufen lassen.«
    Gottfried knüpfte still das Erstandene in ein weißes Tuch und ging damit fort.
    Vor dem Hause traf er die kleine Erdmuthe, sie saß auf der Steinbank und weinte.
    »Was ist? hat dir Jemand was than?« fragte er, die Hand auf das Haupt des Kindes legend; das Kind antwortete nicht und er fuhr fort:
    »Kann mir's denken, daß dir in dem Durcheinander bang ist; es sieht sich Niemand nach dir um. Hast denn was zu Mittag gessen?« Das Kind nickte bejahend, und abermals sagte Gottfried:
    »Möcht' dir gern noch anders helfen, aber ich kann nicht. Sei nur geduldig und folgsam und halt dich brav, und wenn du groß bist, und so brav wie dein Mutter selig, schau, da darin ist ihr schönstes Gewand, aber brav mußt du sein und denk, du hast noch einen Annehmer in der Welt, du verstehst das jetzt noch nicht, aber du wirst's schon kennen lernen. Jetzt heul' nicht mehr und laß dir's nicht verbieten, und komm' auch noch zu mir, eh du fortgehst. Jetzt heul' nicht mehr.«
    Gottfried ermahnte das Kind zur Fassung und ihm selber quollen trotz aller Gegenwehr Thränen aus den Augen, und er trocknete sie mit einem Zipfel der Schürze ab, die aus dem Bündel hervorhing; das Ehrengewand der Seligen saugte seine Thränen auf. Er gewann schnell wieder seinen Halt, denn Traudle kam aus dem Garten herbei, sie gab Erdmuthe mehrere Zwetschgen und hier bewährte sich wieder, daß Zukunftsversprechungen bei einem Kinde nichts verschlagen, die gegenwärtigen Zwetschgen wirkten mehr als der versprochene Ehrenschmuck vom Oheim. Erdmuthe war heiter und Gottfried sagte Traudle, daß sie jedes Jahr ein Weihnachtsgeschenk von ihm zu erhalten habe, so lange sie bei Cyprian bleibe und auf das Kind Acht habe. Traudle versprach es, schon um der Verstorbenen willen.
    »Ich habe mein Kind meiner Schwester in Lichtenhardt geben müssen,« setzte sie hinzu, »ich will die Erdmuthe für das meinige ansehen.«
    Traudle war eigentlich die Schwägerin Cyprians zu nennen, denn sie war mit ihrem Kinde die Hinterlassene seines Bruders. Dieser, ein weit bekannter übermüthiger Geselle, war bei einer Hochzeit in Isenburg ertrunken. Der Wirth hatte vier überzählige Gläser Glühwein an einen Tisch gebracht, da rief der Bruder Cyprians: »nur her, sie sind alle mein,« und als er heimwärts ging, verfehlte er den Weg und ertrank. Als die Schwester Gottfrieds heirathete, nahm sie Traudle zu sich in's Haus und so war sie in demselben verblieben und hatte sogar über Cyprian eine gewisse Gewalt.
    Cyprian verbot es streng, daß Erdmuthe noch im Hause des Oheims Ade sagte, er hatte nichts mehr, womit er Gottfried kränken konnte, als dieses und er wollte es ausnutzen. Gottfried hatte ihm die Freude des Umzuges durch den Rechtsstreit und durch die Verluste verdorben, er zwang sich nun zu übertriebener Lustigkeit beim Abschied. Als er aber am Hause Gottfrieds vorüber fuhr und auf der Fensterstange vor den Eisengittern den Ehrenschmuck hängen sah, den man lüftete, wurde er plötzlich still und schaute nach den Kindern, die hinter ihm saßen, unter ihnen Erdmuthe.
     
Die Sonne geht auf und steht im Mittag.
     
    In der Sonne zu Leutershofen schien Cyprian erst recht zu

Weitere Kostenlose Bücher