Schwarzwaldau
Bleichwerden, durch unheilkündende Mienen verdächtigen – ganz nach Belieben. Nur so lange ich noch den Vorzug genieße, in Ihrer Nähe zu bleiben, für Ihren Secretair zu gelten, werd' ich alles Ernstes um einige Besonnenheit und Vorsicht gebeten haben. Ich empfinde kein Verlangen danach, vor Gericht befragt zu werden: welches Urtheil ich in Ihrem Dienste mit rother Schrift niedergeschrieben.«
»Mit Blute! Mit seinem Blute!«
»Wie abgeschmackt, diese Scheu vor Blute, die einzig und allein in der Einbildung liegt. Immer hab' ich mich geärgert über die gewisse, oft citirte Phrase des Dichters, die er seinem Teufel beim Abschluß des Pactes in den Mund legt: ›Blut ist ein ganz besonderer Saft!‹ Warum denn? Blut im Allgemeinen, von Thieren, ist gar nichts; hat keine Bedeutung, als für die Chemie, oder gar für den Zuckersieder, Wurstmacher. Und Menschenblut? Dummheiten! Wenn Sie des Abends, bei Dämmerung, an einem unheimlichen Orte, die Steine voll Blutflecken finden und Ihre Phantasie Ihnen die fürchterlichsten Möglichkeiten vorspiegelt, und Sie rufen, Mord ahnend ›wie er auf's Beste ist‹ Leute herbei; und es tritt hinter dem Gebüsch, oder aus dunklem Winkelverstecke ein haarstruppiger, wildaussehender Kerl, vor dem Sie zurückbeben? . . . ist das nicht entsetzlich? Aber zum Glücke finden sich beschützende Wachen ein, auf Ihre Anzeige umstellen diese den Verdächtigen, deuten zagend auf die verrätherischen rothen Flecke; . . und der Kerl sagt bestätigend: Ja, ich gesteh's – ich leide oft an Nasenbluten, wenn ich zu viel Schnaps gesoffen habe! – – ist da nicht sämmtliche tragische Poesie aus den geheimnißvollen vielsagenden Blutspuren verschwunden? Oder soll der Wundarzt, welcher dem Kranken Blut ließ, ihn zu heilen, vor den rothen Streifen seiner Aderlaßbinden zurückprallen, wenn etwa der Patient darauf ging? Wie lächerlich, diese Blutscheu. Hätten Sie unsern Freund Gustav weniger umgebracht, wenn Sie ihm Pülverchen in den Wein gerührt und ihn eingeschläfert hätten, ohne Herz-Aderlaß? Und mußte er nicht sterben, mußte er nicht mit dem Leben büßen, – so, oder so?«
»Das mußte er! Ja, Du sagst die Wahrheit! Er durfte nicht länger die Luft athmen, die er durch zwiefach gebrochenen Eid verpestet. Wir haben an ihm vollzogen, wozu er mich durch seinen Schwur feierlichst berechtiget hatte. Und läge es in meinem Willen, die That ungeschehen zu machen, . . . ich würde nicht wollen. Nein, ich würde nicht!«
»Bravo! das klingt männlich. Und daran halten Sie fest, bleiben Sie fest und bewahren Sie unsern alten Wahlspruch: ›es wächst Gras über Alles.‹ Ich werde in der neuen Welt recht lustig sein und Sie können in der alten auch noch vergnügt leben, – auf Ihre Art und Weise.«
»Mein Wahlspruch lautet anders.«
»Ah, Sie meinen Ihren lateinischen, von Stunden und Wunden? Das ist eben auch nur persönlich und er gilt, oder gilt nicht, je nachdem die verschiedenen Menschen gehäutet sind. Ich geb' es zu: die Stunden, von den Alten Horen geheißen und als junge Weibsbilder umhertanzend, führen allerdings Waffen, zum Schlagen, Schneiden, Stechen. Die Eine ist stärker, die Andere schwächer bewaffnet; so wie der Sterblichen Häute dicker, oder dünner sind. Durch ein dünnes Fell dringt auch ein Mückenstich, ja die verdammten kleinen Sauger setzen sich auf solche am Liebsten. Von abgehärteten Häuten gleiten ihre Stacheln ab. Mücken und Horen, ein Geschmeiß wie das andere! Mich kitzeln sie nur noch. Weh' thun können sie mir nicht mehr. Bis denn die Letzte hereinbricht, welche allerdings auf's Lebendige kommen wird. Diese ist noch nicht da und ich will sie mir vom Leibe halten, so lange als möglich.«
Dieses Zwiegespräch belehrt uns genügend über den inneren Zustand Emil's und seines ehemaligen Büchsenspanners, so wie über deren gegenseitiges Verhältniß nach dem Morde. Was dem untersuchenden Richter, was den heimischen und fremden Zeugen in Neuland unerforschlich bleiben mußte, und unerklärlich, können wir leicht, mit einiger Nachhilfe eigener Einsicht so weit ergänzen, daß wir nichts Wunderbares mehr in dem traurigen Vorgange finden, sondern eingestehen müssen, Franz verdiene das empörende Selbstlob, welches er seiner eignen Umsicht bei Anlage des Planes ertheilte. Wir wollen uns nun auch nicht länger in Hamburg aufhalten, sondern dem Schluße unserer Geschichte nacheilen.
Die von Emil erwarteten Summen trafen ein und die Wünsche
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