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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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in den rechten Aermel seines Rockes schob.
    Was war es doch? Ein Stilet, sein schon gebrauchter Dolch? Ein Terzerol? Eine Taschen-Pistole? Nichts von all' dem! Und dennoch eine Waffe! Ein gefährliches Mordinstrument!
    Sie waren damals eben in die Mode gekommen, jene kurzen, elastischen, mit einem Geflecht von schmalen Lederriemchen umsponnenen Metallstäbchen, an deren beiden Enden zwei dicke Bleikugeln sitzen, ebenfalls von Leder umhüllt. Das Ding (
life preserver
nennt's der Engländer,) sieht nach nichts aus, doch richtig geführt, schmettert es Hirnschädel zusammen, als ob es Eierschalen wären! Emil hatte dieses in Hamburg gekauft, am Tage nach Franzens Abreise.
    » Er weiß nicht, daß ich es besitze! – Nun zu ihm! Er wird meiner schon warten.«

Zweiunddreißigstes Capitel.
    Emil sollte Recht behalten: es war der letzte schöne Herbsttag, den sie gehabt. Schon zeigten sich einzelne Schneeflocken zwischen kalten Regenschauern. Garten und Wiesen und Wasserspiegel waren fast unsichtbar aus den grau umdüsterten Schloßfenstern und wer nicht verpflichtet war, durch ländlichen Beruf, einen eiligen Gang über die Hofräume zu wagen, blieb von Herzen gern im warmen Gemache.
    Herr von Schwarzwaldau saß mit Carolinen beim Caffee. Es war fast gegen zwölf Uhr Mittags. Sie hatten lange geschlafen.
    »Du bist heute nicht so frohen Muthes wie gestern, Emil? Macht das trübe Wetter auf Dich so trüben Eindruck, oder sind es wieder die dummen Geldgeschichten, die Dir im Kopfe liegen?«
    »Beides, meine Beste, beides. Was man bei heiterem Sonnenschein mit heit'rem Sinne leicht zu nehmen vermag, sieht an grauen Tagen grau und düster aus. Es wird vorüber gehen; Ein's mit dem Andern.«
    »Ich hatte in vergangener Nacht einen sonderbaren Traum und weil ich gar so fest und anhaltend geschlafen, muß ich mich wundern, daß er mir dennoch im Gedächtniß blieb. Wahrscheinlich bin ich kurz nachher auf einen Augenblick erwacht, ohne mich jetzt an dieß Erwachen zu erinnern, obgleich der Traum zu meinem Bewußtsein kam. Ich wähnte Dich vor meinem Lager am Boden zu sehen, eifrig bemüht, die Ducaten zu zählen, die Du aus meiner Chatoulle genommen. Ich fragte Dich im Traume: Wie hast Du das künstliche Schloß geöffnet, und Du entgegnetest: mit diesen Nägeln! Dabei zeigtest Du die Hände her und statt der schöngeformten Nägel, die sie zieren, wuchsen aus allen Fingern lange rostige Eisennägel hervor, von denen einige krumm gebogen die Dienste von Dietrichen versehen hatten. Das war schauerlich und es ›gruselt‹ mich noch, wenn ich mir den garstigen Anblick zurückrufe. Ich habe mir's überlegt, jetzt, während ich mit dem Frühstück auf Dich wartete: ich will aus eigenen Mitteln in Ordnung bringen, was Dich zunächst bedrängt. Wozu erst mit dem Vater debattiren? Ihn wollen wir in Anspruch nehmen, wenn Du ihm sein Adelsdiplom ausgewirkt hast. Was meinst Du zu diesem Vorschlage?«
    »Ich meine, daß Du die großmüthigste, edelste, beglückendste Gattin bist, – die ich nicht verdiene; deren ich mich nicht würdig halten darf.«
    »Sei immer wie Du gestern warst, und vorgestern – dann darfst Du Alles von mir fordern, dann bist Du jedes Opfers werth!«
    »Wirklich, Caroline? Jedes Opfer willst Du mir bringen? Also auch das immer wiederkehrende Gedächtniß des – Todten, der mich mit Eifersucht erfüllt?«
    »Ah, Du meinst jene alberne Vision? Wer weiß, wen ich da gesehen habe! Ich war eben verstimmt, fühlte mich einsam, entbehrte Deine Gegenwart. Bleibe Du stets in meiner Nähe, dann wird der Todte sich mir nicht zeigen. Du kennst die sichersten Mittel, jedes Gespenst zu bannen.«
    »Dann, wohl uns! Dir, wie mir! – Nun, Geliebte, einen Ritt hinaus in das Unwetter, nach der Schäferei des Vorwerks hinüber, wo sie mich heute gewiß nicht erwarten und wo ich sie überraschen kann, was der eifrige Landwirth gerne thut! Dann wieder Dein Sclave!«
    »Mein Gebieter! Und bleibe nicht lange aus!« Er jagte über Stock und Stein, durch Wind und Regengüsse, wie wenn berittene Teufel ihm auf den Hacken wären!
    »Stürme nur, treibe nur dicke Wolken vor Dir her, verhülle nur Himmel und Sonne! Das thut mir wohl!«
    Frau von Schwarzwaldau wollte nicht zögern, ihr halbes Versprechen ganz zu erfüllen. Sie holte die Chatoulle unter dem Bette hervor. Was diesem nicht großen Kästchen das bedeutende Gewicht verlieh, waren nicht bloß Ducaten; es waren Goldmünzen der unterschiedlichsten Länder, Zeiten und Gepräge; was nur

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