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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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Zwecke dauernd zu richten vermöchte?
    Caroline gestand, ihr Gemal sei liebenswürdiger als je und dieser Tag unbedingt der glücklichste ihrer Ehe. Sie erbot sich wiederholt, heute nach Thalwiese zu fahren und den Versuch auf Reichenborn's Casse zu wagen.
    Damit konnte sich Emil nicht einverstanden erklären, damit war ihm nicht geholfen für die nächste Nacht. Jede Unterstützung aus des Schwiegervaters Händen mußte nothwendig den offnen Geschäftsweg nehmen. Was gestern noch dringendes Bedürfniß, sehnlichster Wunsch gewesen, genügte nicht mehr, wo es darauf ankam, den drohenden Franz in tiefster Heimlichkeit zu befriedigen, ihn zu entfernen. Dazu gehörte die freie Verwendung einer großen Summe, eines bedeutenden Werthes, worüber keine Rechnung verlangt wurde. Ob Caroline im Besitze solcher Summe sei? Ob Reichenborn's Vaterliebe unkaufmännisch genug gewesen, der verhätschelten Tochter ein todtes Capital mitzugeben, damit es, in der Chatoulle liegend, ohne Zinsenertrag nur als Simbol außergewöhnlicher Großmuth gelte? Darüber wußte der Gemal nichts Bestimmtes. Einige in's Gewand des Scherzes gehüllte Fragen erreichten keine genügende Antwort. Caroline ließ sich darüber nicht aus, wie bedeutend, oder wie gering ihr ›Nothpfennig‹ sei.
    »So bleibt nichts übrig, als ihn ohne Dein Wissen, Krämertochter, zu zählen!« dachte Herr von Schwarzwaldau, indem er sie voll Inbrunst umarmte und liebkosend lispelte: »wir wollen die widrigen Geldsachen für heute ganz vergessen und nur unserer Liebe leben!«
    Und wahrlich das thaten sie. Den köstlichen Herbsttag in seinen goldensten Stunden zu genießen, ertheilten sie den Befehl, das Mittagessen solle in ein Souper verwandelt werden. Sie fuhren bei wärmstem Sonnenschein in's Freie, und weil Caroline, durch die Erinnerung an Agnesens Ende gewarnt, ein für allemal erklärt hatte, Emil dürfe nie die Zügel führen, wenn sie im Wagen säße, so hatte sie ihn neben sich und er konnte, gleichsam im Uebermaße wonniger Behaglichkeit, sein Haupt an ihre Brust schmiegend, durch zärtlichen Halbschlummer den Schlaf nachholen, den, wie er sagte, er jüngst vergangene Nacht entbehrt. Sie zog den Handschuh aus und schmeichelte mit zarten Fingern die gutgehaltenen Locken, bis an die Wurzeln den vollen Haarwuchs durchwühlend.
    »Wie Dein Kopf brennt! Wie Du glühst! Wie es da drinn hämmert! Leidest Du Schmerzen? Hast Du Fieber?«
    »Ich kann die Nacht nicht erwarten!«
    Was er so zweideutig sagte, – und es entschlüpfte ihm fast wider seinen Willen, – nahm sie in ihrem Sinne auf. Sie faßte eine ganze Hand voll Haare, zog ihn heftig empor, seinen Mund an den ihrigen und ließ ihn sobald nicht los.
    Beide zitterten. Sie schrie laut auf. Er hatte sie in die Lippe gebissen.
    »Es blutet,« sprach er bebend.
    »Für solche Wunden,« sagte sie, »giebt es baldige Heilung.«
    »Das ist ja ein ewiges Geküsse,« murmelte der Kutscher; »die versteht's besser, wie unsre Selige!« Dreimal wollte der Kutscher die Pferde heimlenken. Dreimal hieß Emil ihn neue Pfade einschlagen und wenn Caroline meinte, nun sei es doch wohl genug gefahren, rief er entzückt: »nur noch ein Stündchen! laß' uns den himmlischen Tag ganz auskosten, vielleicht ist's der letzte – in diesem Herbst. Und wenn sie dennoch darauf bestand, in's Schloß rückzukehren, dann umschlang er sie und bat: »nur noch ein Stündchen; es ist zu schön!« Worauf sie dann sagte: »ja, mein Freund, es ist wunderschön, nur zu warm für die Jahreszeit und warmer Herbst macht unglaublich müde; ich werde schon schlaftrunken.«
    »Desto besser,« sprach er, und umschlang sie wieder.
    Endlich bei Tisch, zwang er sie durch allerlei verliebte Trümpfe und Drohungen, mehrere Gläser süßen, starken Weines zu trinken und wußte dann das ohnehin schon zum Abendessen gewordene Mittagsmal bis nach neun Uhr auszudehnen, wobei er sprudelnden Witz und eine solche Fülle von Belesenheit entwickelte, daß sie ihre Müdigkeit bezwang, aufmerksam lauschte und öfters bewundernd ausbrach: »Du bist unerschöpflich, Emil! Geistvoll, feurig, lebendig, wie ein Jüngling!«
    »Das bin ich auch,« prahlte er; »weil ich als Jüngling lebte wie ein Mann, besonnen, mäßig, bleib ich als Mann frisch und lebendig wie ein Jüngling. Unsere jungen Herren sind gewöhnlich am Ende, wenn sie erst anfangen sollten. Stoß' an und trinke mit mir: auf dauernde Jugend, auf immer junges Glück!«
    Sie leerte das dritte Glas. Dann ließ sie sich

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