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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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von ihm zur Ruhe geleiten. Er schickte das Kammermädchen fort und versah dessen Dienste.
    »Ich schäme mich,« stammelte Caroline; »ich bin berauscht. Eine Frau, die Wein getrunken, ist gräßlich«
    »Eine Frau, die einen so allerliebsten, kleinen, graziösen Haarbeutel trägt, wie Du,« erwiderte er, »ist hinreißend, unwiderstehlich; und von heute an, schick' ich Dich täglich mit solchem Räuschlein zu Bette.«
    Heute bedurft' es nicht langweilender Wiegenlieder, sie einzusingen. Binnen einer Viertelstunde war sie – ›unschädlich.‹ – So nannte er's. Nun ging er an's Werk. Und hätte die Schlafende ihn jetzt gesehen, sie würde den Mann in ihm nicht erkannt haben, dem sie kurz vorher Bewunderung gezollt. Dieselben Züge, denen er diesen ganzen Tag hindurch anmuthiges Lächeln, verbindliche Huldigung aufgezwungen, zeigten sich nun, der Verstellung ledig, schlaff, gemein, voll hämischer Bosheit, welche nicht allein dem Quäler Franz, welche auch der Quälerin Caroline galt. Denn: »Haß und Tücke, die man zurückgiebt, quälen doch weniger, als Zärtlichkeit, die erwidert sein will!« sagte er.
    An tückischem Hasse gegen Franz fehlte es dem Herrn von Schwarzwaldau nicht in dieser Nacht. Gleichwohl zeigte sich auch Furcht vor dem entschlossenen, kalten Schurken, ›dem würdigen Eleven des Zuchthauses, der, was er auf jener Universität einst theoretisch erlernt, jetzt zur practischen Anwendung brachte.‹ Ihm, wo möglich , den Mund zu stopfen, durfte nichts unversucht bleiben, ehe das Letzte gewagt wurde!
    Emil suchte umher in allen Körben und Körbchen, in den kleinen Fächern des Nähtisches, sogar unter dem Kopfkissen seiner Frau nach dem Schlüssel zu ihrem Secretair, – doch vergeblich! daß sie ihn ganz einfach oben auf, unter das hölzerne Gestell der Stutzuhr, geschoben haben könnte, fiel dem Hastigen nicht ein. Er holte seine Schlüssel herbei, um zu versuchen, welcher von diesen passe? Denn in ihren Secretair mußte er eindringen; nur dort war der Chatoullenschlüssel zu suchen. Nicht lange brauchte er zu probiren. Gleich der Schlüssel seines eigenen Secretairs öffnete den ihrigen. Er that einen Freudenschrei. Sie fuhr im Schlafe auf und rief ihn bei Namen. Er schlich an's Bett, sich über sie beugend: »Verlangst Du nach mir, Theure?« – Keine Antwort, als ein sanftes Schnarchen. – »Holde Tochter eines dicken Vaters,« sprach er und wendete sich wieder an die Diebesarbeit. Aber wie er auch Schub um Schub durchwühlte, der krausbärtige stählerne Zwerg, der einzig und allein den Zugang zur Chatoulle bewachte, war tief versteckt, ließ sich nicht finden, obgleich unzählbare, leise geflüsterte Flüche ihn beschwören wollten. Die Zeit verlief. Es blieb nichts übrig, als die schwere Platte wieder zu schließen, wobei sich ein Widerstand im Schlosse zeigte, der starken Druck nöthig machte; und sein Heil, ohne Zwerg, an der Chatoulle zu versuchen, die unter Carolinens Bette stand. Emil zog sie hervor und übte sein Geschick für solche Künste zum Erstenmale. Doch er hätte eben so leicht mit der Pistole einen Stern vom Himmel herunter schießen, als mit einem seiner ehrlichen deutschen Schlüsselchen Eingang finden können in den verzwickten, Schlüsselloch genannten Mund des englischen Goldbehälters. Er hob diesen mehrmals und fand ihn höchst gewichtig, doch immer noch zu handhaben. »So nehm' ich die Chatoulle verschlossen mit mir,« murmelte er; »es bleibt nichts Anderes übrig.« – Schon stand er vor der Glasthüre des Gartensaales, schon hatte er die hölzernen Flügel, die zum Schutze inwendig angebracht waren, zurückgeschoben, – da ergriff ihn die Besorgniß, was morgen geschehen solle, wenn Caroline den Raub entdeckte? Wenn vielleicht das Stubenmädchen beim Ausfegen den kleinen braunen Unhold unter'm Bette vermißte und Lärm schlüge? – »Das kann zu höchst peinlichen Vermuthungen führen, ehe ich noch etwas Wahrscheinliches erfinde, den Verdacht des Raubes von mir ab und auf andere Fährten zu leiten. Deßhalb darf ich die Chatoulle ihm nur überlassen, wenn es gar keinen Ausweg weiter giebt! Und giebt es einen? –«
    Emil stand einige Minuten lang unbeweglich. Sein Arm senkte sich unter der Last des verschlossenen Goldes. Er ließ sie auf die Marmorfliesen des Fußhodens gleiten und von einer wilden Eingebung getrieben, stieg er nach seinem Zimmer hinauf, wo er, ohne erst Licht zu machen, mit sicherem Griff aus dem Waffenschranke etwas hervorholte, was er

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