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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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gelogen, auf ein Stündchen nur . . . folgen Sie mir schnell . . . sie weiß, was sie wissen soll; sie ist unterrichtet von Ihren Bedrängnissen. Zeigen Sie Sich liebenswürdig, – sie wird großmüthig sein!«
    »Nun, in des Teufels Namen, dem ich mich verschreiben will, vorwärts!« rief Thalwiese und hatte Mühe mit dem hastig trippelnden Weibe gleichen Schritt zu halten, weil sich ihm die Füsse in den langen Carbonaro verwickelten. Dadurch ward er verhindert, den wieder zum Vorschein kommenden Lauscher zu beachten, der sie in einiger Entfernung begleitete.
    Das Weib hatte genau beschrieben, auf welches verabredete Zeichen ihre Küchenthür im dritten Stockwerk geöffnet werden solle, hatte den droben heiß Ersehnten allein hinaufgehen lassen und blieb, die Arme in ihr Umschlagetuch gehüllt, vor dem schmalen Hausthore stehen, zu welchem sie den Schlüssel, und vom leichtbestechlichen ›Hausmanne‹ die Erlaubniß, denselben für ihre bedenklichen Zwecke benützen zu dürfen, besaß. Sie überschlug rechnend den goldenen Gewinn dieser und mancher – hoffentlich – folgenden Stunde; da näherte sich ihr, leisen Trittes, auch den leichten Reisemantel um die Schultern geschlagen, eine im Dunkel kaum erkennbare Gestalt, mit der freundlich gestellten Frage: wer denn wohl jener Herr sei, mit welchem sie bis hierher gegangen?
    »Es ist nicht meine Sache,« entgegnete sie in frivoler Weise, »und es würde meiner Kundschaft Schaden thun, mich um Namen zu bekümmern. Discretion ist die erste Bedingung und wollen Sie mir Ihr Vertrauen schenken, fremder Herr, so werden Sie . . . . .«
    Der Angeredete that einen Schritt rückwärts, nachdem er nur die ersten Worte aus ihrem Munde vernommen. Dann trat er ihr wieder näher, packte sie beim Arme und drückte so heftig, daß sie sich im Reden unterbrach und laut aufschrie: »was soll das?«
    »Lucie!« rief er.
    Und sie stammelte zitternd: »Gott erbarm' sich, mein Schuljunge, der Franz! Wo kommst Du her?«
    »Aus dem Zuchthause, wenn auch nicht seit gestern. Wann haben sie Dich herausgelassen, daß Du schon wieder Dein Gewerbe treiben darfst?«
    »Lassen Sie los, oder ich mache Lärm!«
    »Nicht doch. Alles in Liebe und Güte, Herr Erbförster, wie gestern der Sänger im Theater sagte. Wir haben mit einander zu sprechen.«
    Und sie zogen sich in den kleinen Hausflur hinein. –
     
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    Emil, seit Kurzem erst von seiner langen Reise heimgekehrt, war vor wenig Tagen aus Schwarzwaldau in Dresden eingetroffen, um allerlei Uebelstände auszugleichen, welche durch dauernde Abwesenheit des Gutsherrn herbeigeführt worden. Sein bevollmächtigter Verwalter hat das ihm gegönnte Vertrauen nicht ganz gerechtfertiget; die Wirthschaft theilweise vernachlässigt, dabei verschiedene Unglücksfälle, auch einen totalen Mißwachs erlitten; seine Klagelieder haben den Reisenden aus Norwegen, wo er noch länger zu weilen gedachte, nach Hause gerufen und nun, wo es einer runden Summe bedurfte, um Ordnung zu machen und einige unerwartet aufgekündigte Capitalien prompt auszuzahlen, empfindet er hart genug die Nachwehen jener (höchstens einem Millionair) angemessenen Freigebigkeit, die er in der ersten leidenschaftlichen Aufregung nach Agnesens Tode gegen Gustav geübt. Er sieht sich genöthiget, Geld aufzunehmen, freilich gestützt auf sichere Grundverschreibungen, und wünscht dieß Geschäft in Dresden auszuführen, wo er keine persönliche Bekannte hat, obgleich der Werth von Schwarzwaldau daselbst eben so anerkannt ist, wie in Berlin; während an letzterem Orte seine augenblickliche Verlegenheit unter Jugendfreunden und früheren Genossen viel Gerede verursachen würde.
    Jetzt geht er nachdenklich im hohen Zimmer des großen Gasthofes, wo er abgestiegen, hin und her, den leeren Raum mit seinen Monologen füllend: »Unselige Abhängigkeit, zu welcher ich verdammt bin, von einem Menschen, den ich fürchte, hasse, von dem ich mich dennoch nicht trennen kann. Er ist mein Diener und er beherrscht mich wie ein Herr. Ich bin förmlich in seiner Macht. Und wie er mit mir umgeht! Wie rücksichtslos! Da läßt er mich nun allein, in diesem öden, unheimlichen Gemache, treibt sich Gott weiß wo umher, und weiß doch, daß ich keine Ruhe finde, wenn er nicht in meiner Nähe ist, wenn ich ihn nicht unter meinen Augen habe, um sicher zu sein, daß nicht ein Zusammentreffen statt finde, vor welchem mir bangt; stündlich bangt, seitdem wir wieder im Vaterlande athmen. In Schwarzwaldau

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