Schwarzwaldstrand
sonst gar nichts.
Winterhalter störte sich offenbar nicht daran. Er reichte seiner Frau den Käse und wandte sich dann Hummel zu. »Todesursache?«
»Hm«, machte Hummel. Als Rettungssanitäter hatte er schon vorhin nicht recht überzeugt. »Hitzschlag eben«, sagte er dann mit möglichst groÃer Selbstsicherheit.
»Der Arzt hat genau des in de Toteschein gâschriebe«, bestätigte Winterhalter. »Ich war vorhin noch mol am Leicheâfundort. Colpo di calore, hät er notiert. Hitzschlag. Ich habâs gârad noch mol im Wörterbuch nachgâschaut.«
Das Radio meldete einen Stau auf der B  31 zwischen Titisee-Neustadt und Hinterzarten. Hummel hätte auch ohne diese Information weiterleben können.
»Na also«, nickte er dann.
»Es war aber kein Hitzschlag«, sagte Winterhalter trocken. »Zumindescht vermute ich des.«
Frau Winterhalter summte demonstrativ die Melodie im Radio mit â Hummel kannte sie nicht und war froh darüber.
»Wie â kein Hitzschlag?«, fragte er.
»Ich tipp einfach mol auf Mord«, entgegnete Winterhalter noch trockener.
»Karli, des isch des Allerletzschte! Hör du auf mit solchem ⦠solchem â¦Â«, überlegte Frau Winterhalter. »Mit solchem Gâschwätz«, entschied sie dann. »Du bisch nit im Dienscht â du bisch im Urlaub! Du musch doch auch eiâfach mal ausspanne könne.«
Nun schien es auch in seiner Ehe etwas zu kriseln.
Eine Nachbarin mit ebenfalls Schwarzwälder Dialekt mischte die Szenerie auf:
»Ha, sind ihr auch wieder mol doo? Es isch doch immer herrlich hier, odder?« Die Frauen begannen sich über die Vorzüge des Campingplatzes und das Klima im heimischen Schwarzwald auszutauschen.
»Mord?«, stammelte Hummel unterdessen und blickte Winterhalter erstaunt an.
»Könnt natürlich theoretisch auch was anderes sei. Aber die Frau hät eindeutig ausgeprägte Leicheâflecke«, sagte Winterhalter und reichte ihm eine weitere Bierflasche. »Isch Ihne des nit aufgâfalle?«
Der Kommissar beugte sich vor, der Campingstuhl ächzte: »Isch nit schlimm. Mir isch des auch erscht so richtig klar gâworde, als ich noch mol zurück zur Leiche bin und als der Arzt später die Leicheâschau am Strand durchgâführt hat.«
»Und wieso schlieÃen Sie daraus, dass es ein Mord sein könnte?«
»Die Leicheâflecke! Die waret nimmer wegdrückbar! Und auÃerdem gabâs schon so eine leichte Leicheâstarre. Ich bin kein Gerichtsmediziner, aber ich dät sage, dass die schon einige Stunde tot am Strand gelege hat. Ich schätz mol, so zehn bis vierzehn Stunde. Des heiÃt, sie hätte schon Mitte in der Nacht mit dem Sonnebad beginne müsse. Und davon isch wohl kaum auszugehe, odder?«
Winterhalters Bäckchen traten rot hervor.
»Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Hummel und stierte auf die Schwarzwälder Kirschtorte, die unter der Hitze ähnlich wie die Mortadella schwitzte. Die Torte schrie förmlich nach eiligem Verzehr.
Winterhalter konnte offenbar Gedanken lesen: »Nehmet Sie sich ruhig ä Stückle. Im Urlaub muss mer sich was Gutâs gönne.« Er lächelte verschmitzt. »Und Diät sollt mer wohl nit mache, gell, Herr Hummel.«
Hummel nahm sich widerspruchslos das Stück, das ihm am kleinsten erschien.
»Also«, setzte Winterhalter an und nahm sich ebenfalls ein Stück: »Ich vermut, dass Leichenfundort und der Ort, wo die Frau gâschtorbe isch, nit übereinstimme. Vermutlich isch die Frau nach dem Eintritt des Todes umgelagert worde. Und des spricht doch mal dafür, dass hier eine nit natürliche Todesursache vorliegt. Zumindescht isch an der Sache irgendwas faul â oder nit?«
Hummel blieb die Antwort schuldig. »Aber warum geht der Arzt dann von einem Hitzschlag aus?«, fragte er stattdessen.
»Die Frag isch«, meinte Winterhalter, während seine Frau ihm erneut einen bösen Blick zuwarf und die Regionalnachrichten aus Südbaden weiter den Lido-Campingplatz beschallten. »Geht der Arzt wirklich von einem Hitzschlag aus oder weià er, dass da was nit stimmt und will nur keinen Ãrger?«
»Haben Sie ihn denn auf die Leichenflecken und die Starre aufmerksam gemacht?«, fragte Hummel.
»Ich habâs versucht«, meinte Winterhalter und öffnete sich
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