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Schwarzwaldstrand

Schwarzwaldstrand

Titel: Schwarzwaldstrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander · Ummenhofer Rieckhoff
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Hummel, schüttelte den Kopf, um zu verhindern, dass der Ruhrpottler ihm das Bier zuwarf, und tat sehr geschäftig, während er die Straße hinunterlief.
    Camping, dachte er voller Verachtung, Camping ist wirklich etwas für … für …
    Er suchte nach einem treffenden Wort, doch fiel ihm nur der strapazierte Begriff des Kleinbürgers ein.
    Dann überlegte er, wie viele Stunden er hier noch ausharren musste.
    In der Hitze. Im engen Wohnwagen. Im Blickfeld von Harald und Gordon Harald.
    Einen Tag geschafft, zwanzig Tage übrig. Zwanzig Tage à vierundzwanzig Stunden, abzüglich einiger Stunden, die er am letzten Tag früher wegfahren würde als geplant, das machte … Hm. Sein Gehirn war tatsächlich nicht in Bestform.
    Vier Straßen weiter hielt er nach Kommissar Winterhalters Wohnwagen Ausschau. Der musste hier irgendwo sein. C16, hatte es doch geheißen.
    In dieser Gegend des Campingplatzes erhöhte sich der Anteil an Deutschen auf genau hundert Prozent – inklusive einiger weiterer bekannter Gesichter aus seinem Heimatort.
    Dann erblickte er den Wagen, der Winterhalter gehören musste. Denn erstens war es der älteste weit und breit, zweitens wirkte er mit seinen Schwarzwald-Fähnchen und riesigen Aufklebern der Orte Triberg (mit Wasserfall) und Villingen (mit Münster) wie ein antiquiertes Modell der Schwarzwaldmarketing GmbH auf einer Tourismusmesse, und drittens saßen die Winterhalters gut sichtbar vor ihrem Wagen und aßen zu Abend – sofern man das um 17   Uhr   30 bei gleißender Sonne schon so nennen konnte.
    Den italienischen Akzent des Abendessens setzte die Mortadella, die in der Abendsonne vor sich hin schwitzte. Ansonsten gab es Schwarzwälder Schinkenspeck, Käse von Schwarzwälder – oder genauer gesagt Winterhalter-Kühen und vermutlich auch Schwarzwälder Campingstühle. Letztere waren so alt, dass Hubertus in sich hineinschmunzelnd vermutete, diese könnten noch aus der Zeit stammen, als die Kelten den Schwarzwald besiedelt hatten. Aus Angst, der dünne Bezug könne jeden Moment reißen, setzte er sich ganz vorsichtig – und nahm diesmal das Angebot eines Biers an.
    Â»Isch aus em Schwarzwald«, kommentierte Winterhalter und erklärte, dass es wichtig sei, die Gewohnheiten von zu Hause beizubehalten. »Deshalb esse mir auch um Punkt halb sechs.«
    Â»Und z’ Mittag um Punkt zwölfe«, bestätigte Frau Winterhalter. Die hatte sich in einen Badeanzug gezwängt, der sicher schon den ersten deutschen Fußball-Weltmeistertitel unter Sepp Herberger miterlebt hatte.
    Eigentlich sah sie ansonsten aus wie immer, doch nach dem ersten Bier fiel Hummel auf, was anders war: Frau Winterhalter wirkte ruhiger, vielleicht gar ein wenig lethargisch. Im Schwarzwald war sie immer in Bewegung, kümmerte sich um den Bauernhof, um etwaige Feriengäste, um den Verkauf der Wurst. Nun: ganz entspannt im Hier und Jetzt. Fast so wie Elke. Na ja, nicht ganz.
    Â»Herr Hummel, merket Sie sich: Im Urlaub macht mer Urlaub«, belehrte sie ihn. »Deshalb ei’fach einen auf doltsche vita mache. Wie die Italiener halt – auch wenn’s schwerfällt …«
    Wie die Italiener … Hummel kaute auf dem angebotenen Speck herum, lobte diesen, musste schon wieder in sich hineinschmunzeln und nahm die gesammelten Schwarzwälder Lebensmittel in den Blick. Für den Nachtisch standen schon einige Stücke Schwarzwälder Kirschtorte bereit.
    Nur ein Gartenzwerg fehlte noch vor dem kleinen Winterhalter-Anwesen.
    Mit leichtem Unbehagen bemerkte Hummel das an das Vorzelt gelehnte Akkordeon, auf dem die Winterhalters mitunter Hausmusik zu machen pflegten.
    Aber doch wohl nicht hier …?
    Er fragte lieber nicht.
    Â»Eine heftige G’schicht, des mit der Leich, oder?«, kam Winterhalter zum Thema und erntete ein Stöhnen seiner Frau. »Was hab ich zu dir gsagt, Karli? Es isch Urlaub …«
    Karli? Das hatte Hummel noch nie gehört. Auf dem Campingplatz gab es wirklich kaum Privatsphäre.
    Frau Winterhalter drehte das Radio lauter. Südbadisches Lokalradio. Deutsche Schlager und Schlimmeres.
    Hummel verfluchte die schöne neue digitale Welt und erinnerte sich der Zeit, als man in Italien ausschließlich die Schnulzen von Al Bano und Romina Power, Umberto Tozzi, Drupo und Gianna Nannini hatte hören können, ja müssen. Und

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