Schwarzwaldstrand
Ãhnlichem wie Abendgarderobe. Vom Schlappen bis zum Lackschuh war auf der groÃen Terrasse des Campingplatzrestaurants alles vertreten. Die Mitarbeiter hatten kurzerhand Girlanden mit deutschen und italienischen Fähnchen aufgehängt und auf den Tischen ein paar Flaggen anderer Nationalitäten platziert, damit auch die Minderheiten â Ãsterreicher, Schweizer oder gar Dänen â sich angesprochen fühlten.
Mit dabei waren vor allem aber etliche deutsche Urlauber sowie ein paar Italiener. Beispielsweise Marco, der mit Martina in der zweiten Reihe des akribisch in acht Reihen bestuhlten Restaurants saÃ. Er smart, wieder im weiÃen Anzug, Martina hingegen eher unangenehm berührt, was wohl weniger an ihrer Begleitung lag, als an dem, was sie nun in musikalischer Hinsicht befürchtete.
Elke war mit dem Enkel im Wohnwagen geblieben. »Amüsiert euch«, hatte sie Martina strahlend geraten.
Hubertus unterlieà es zu fragen, wie sie denn »amüsieren« definierte.
Und ob sie zu naiv war zu erahnen, wie sich denn ein aufdringlicher Italiener und eine offenbar der Ehe überdrüssige junge Urlauberin gemeinsam amüsieren würden? Merkte Elke nicht, dass Gefahr im Verzug war?
Und merkte sie nicht, dass Martina die Kinderbetreuung immer mehr ihr, Maximilians Oma, übertrug?
In verschiedener Hinsicht fehlte ihr jedenfalls das MaÃ. Das wurde ganz besonders deutlich, als Elke Hubertus stolz einen Anzug präsentierte, den sie ihm »heimlich«, wie sie lächelnd betonte, besorgt hatte. »Für den Fall, dass wir hier mal schick ausgehen, Huby.« Sie lächelte noch milder: »Da ich heute auf Maxi aufpassen muss, weià ich nicht, wann wir es mal schaffen. Daher möchte ich, dass du ihn heute Abend anziehst.«
Hubertus versprach es ihr, doch damit hätte er sich besser zurückgehalten, bis er das gute Stück auch gesehen hatte. Der Anzug sei »ökologisch wertvoll und von einem groÃartigen Schneider in einer speziellen Werkstatt hergestellt«, sagte Elke.
Hubertus schnaufte tief durch und behielt seine Vermutung, bei der speziellen Werkstatt handele es sich um eine Blindeneinrichtung, für sich.
Nicht nur, dass der Anzug seines Erachtens viel zu groà war. Aber die Farbe! Am ehesten war das wohl Lachs, und dazu absonderlich gestreift.
»Schatz, das ist ein Schwarzwaldabend und keine Schlagerveranstaltung! Und ich werde auch nicht selbst singen â¦Â«
Zehn Minuten später, nachdem sie ihm erklärt hatte, »betroffen«, ja gar »traurig« zu sein, dass er ihr Geschenk so gar nicht möge, hatte er nachgegeben. Das, was er im winzigen Badezimmerspiegel des Wohnwagens sah, lieà ihn vermuten, er sehe schlicht wie ein Trottel aus.
Er verfluchte diesen Urlaub. Nichts klappte so, wie er es sich eigentlich vorgestellt hatte. Von wegen traute Zweisamkeit mit Elke â pah!
Hummel erwog plötzlich, Didi Bäuerle zu alarmieren. Vielleicht war es ja gar nicht so schlecht, wenn der flugs vorbeikäme und wenigstens ein Elternteil sich um Maxi kümmerte.
Neunzehn Nächte, das wurde ihm immer klarer, würde er ohnehin nicht mehr in diesem Wohnwagen durchhalten.
Allerdings würde Didi sicher Riesle im Gepäck haben â und genau das wollten Winterhalter und er vermeiden.
Signor Di Salvo lieà es sich nicht nehmen, die Besucher persönlich zu begrüÃen. »Eine groÃe Freude« sei dieses kurzfristige Konzert, erklärte er. Eine Geste der Völkerverständigung und eine Ehre, zwei so phantastische Musikanten, die gleichzeitig noch liebe Freunde seien, hier auftreten zu sehen.
Als es dann aber ernst wurde und die ersten Töne erklangen, schaute er, dass er Land gewann. Er tat sehr geschäftig.
Klar, die Touristen brachten Geld, weshalb solche gesellschaftlichen Ereignisse gut waren. Und ebenfalls klar â die Tote am Strand hatte ihm nicht gerade in die Karten gespielt. Die Leute tratschten. Von daher war das kurzfristige Angebot dieser kauderwelschenden Schwarzwälderin völlig in Ordnung gewesen, auch wenn Di Salvo selbst gerne auf den akustischen Genuss verzichtete â zumal als Bezahlung lediglich einige Flaschen Lambrusco vereinbart wurden. Und die, so hatte Signor Winterhalter gewünscht, würde Marco dem Publikum in der Pause kredenzen.
Hilde Winterhalter trug einen hellbraunen Strohzylinder mit langen schwarzen Schleifen â
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