Schwarzwaldstrand
dem Passbild der Toten zu sehen war.
»Mir gehet jetzt ä weng rum und schwätze mit Ihne«, beendete Winterhalter seine Rede.
»Darüber schwätze mir auch noch«, ging ihn seine Frau wenige Sekunden später giftig an.
Winterhalter hörte es kaum, war er doch schon mitten im Gespräch mit einigen Gästen. Problematischerweise â und das sollte sich in den folgenden Minuten wiederholen â drückten sie vor allem ihr Bedauern über den Todesfall aus und wollten wissen, ob es wirklich Mord war, konnten aber sonst nur recht wenige Hinweise geben.
Hummel, der nun also ebenfalls mit einem Weinglas in der Hand auf Tour durch die Menge ging, erreichte zunächst ebenso wenig. Ins Gespräch zu kommen war indes leicht, denn wirklich jeder sprach ihn auf seinen Anzug an.
»Geschenk von meiner Frau«, sagte er lediglich.
»Seid ihr geschieden, oder?«, lachte ein dicklicher Mann.
Durch rasche Ãberleitung zum eigentlichen Thema und gezieltes Nachfragen konnte Hummel wenigstens nach und nach herausbekommen, dass die Frau in den drei Tagen ihres Aufenthalts eigentlich nur alleine unterwegs gewesen war.
»Die hat viel fotografiert«, meinte ein Mann, der dem Alkohol gut zusprach.
»Und was?«, wollte Hummel wissen.
»Schwer zu sagen. Aber warten Sie mal â¦Â« Ihm schien etwas eingefallen zu sein.
Mitten in Hummels Hoffnung, etwas Konkretes zu erfahren, platzte Harald: »Datt war âne scharfe Schnecke, Oppa Hubertus!«, rief er. »Is mir auch sofort ins Auge gesprungen.«
Hummel schob ihn möglichst sanft weg und wandte sich wieder dem anderen Mann zu.
»Menschen hat sie fotografiert. Menschen hier auf dem Campingplatz«, sagte der dann.
»Menschen? Bestimmte Menschen?«
Der Hinweisgeber schüttelte den Kopf. »Wüsste ich nicht. Aber sie war sehr ernst und tat immer etwas geheimnisvoll. So ⦠konspirativ. Und immer die Sonnenbrille auf.«
»An den Fotoapparat erinnere ich mich auch«, mischte sich eine andere Frau ein.
»Und sie war immer alleine unterwegs. Zumindest soweit ich weiÃ.«
»Echt gute Figur, diese Sonnenbrillenbraut«, meldete sich Harald wieder zu Wort. »Hab sie leider nur ein paar Mal kurz gesehen.«
Hummel schämte sich fremd. Er kam sich auf einmal unendlich blöde vor. »Haben Sie«, wandte er sich wieder an die Frau. »Haben Sie einmal mitbekommen, dass sie mit Rauschgift â¦Â«
»Rauschgift?«, wiederholte die empört, als habe Hubertus sie selbst verdächtigt. »Nein!«
»Sagen Sie mal«, mischte sich ein anderer, älterer Mann ein. »Hat das denn wirklich mit der Mafia zu tun?«
»Das würde mich auch interessieren«, unterstützte ihn seine Frau. »Die Hofmaiers haben so was im Kurier gelesen, im Internet.«
»Darüber haben wir keine Erkenntnisse«, wehrte Hummel vorsichtig ab.
»In Italien musch du immer mit so was rechnen«, gab sich ein anderer Schwarzwälder altklug.
»Jo, meinsch du, mir sind alle bedroht?«, fragte eine ältere Dame leicht hysterisch. »Kann mer denn überhaupt noch an de Strand gehe?«
Hummel schwitzte. »Machen Sie sich keine Sorgen«, beschwichtigte er die Menschentraube, die sich um ihn gebildet hatte.
»Des sagt die Polizei immer«, bekam er vorgeworfen.
Man hielt ihn offenbar tatsächlich für einen Polizisten!
»Wir haben die Sache im Griff«, legte er nach. Das hatte er schon immer mal sagen wollen. Vielleicht wäre er doch kein so schlechter Kriminalbeamter geworden.
»Des isch doch kein Polizist«, meldete sich nun Frau Seiler zu Wort, mit der er schon am ersten Morgen das Vergnügen gehabt hatte. »Des isch doch de Herr Hummel. Der isch nur Lehrer â¦Â«
»Genau«, blaffte Hummel sie beleidigt an. »Nur Lehrer â¦Â«
Nun nervte auch Harald wieder: »Also die Figur â¦Â«, schwärmte er weiter, während er sich mit Versicherungsnachbar Dietmar, dem allnächtlichen Schnarcher, unterhielt.
»Ich habe die auch ein- oder zweimal gesehen«, meinte Dietmar nun mit aufgeregtem Kopfnicken. »Mir kam sie eher krank vor. Wobei ich dir mit der Figur durchaus zustimme, Harald.«
Vielleicht war tatsächlich selbst aus Harald und Dietmar etwas herauszubekommen.
»Krank?«, fragte Hummel. »Vielleicht Rauschgift?«
»Rauschgift?«, echote Dietmar. »Was denn für
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