Schwarzwaldstrand
Wohnwagen? Da ist eine Mörderhitze!«
Riesle zuckte zusammen.
»Männer und ihr Rückzugsraum â¦Â«, wandte sich Elke nickend an die teilnahmslos dastehende Constanze. »Nun gib Klaus schon den Ersatzschlüssel, Huby. Wir müssen bald los.«
Hubertus gehorchte widerstrebend.
Riesle hatte aber noch eine weitere Bitte: »Habt ihr Eis?«
»Eis?«, fragte Hummel fassungslos. »Erst Bier, dann Eis? Willst du dir den Magen endgültig ruinieren?«
»Kein Speiseeis«, beschwichtigte der Journalist ihn. »Eis zum Kühlen!«
»Was hast du denn? Fieber?«, wollte Hummel wissen.
Riesle blieb die Antwort schuldig. Stattdessen ging er ein paar Schritte auf Harald zu, der mit seiner Familie schon wieder vor der Glotze saÃ. »Das Bier hatte eine Spitzentemperatur, vielen Dank! Wie kühlst du das denn?«
33. Venezia
Hubertus bestellte sich noch eines dieser köstlichen Tramezzini und einen weiteren Cappuccino. Sie warteten in der Bar neben der Anlegestelle Treporti auf das Vaporetto, eine Art Wasserbus, und frönten dem italienischen Brauch der merendina, einem zweiten Frühstück.
Hubertus liebte das zweite Frühstück, auch in der Schule im Schwarzwald, wusste allerdings, dass es nicht gerade im Sinne einer ernährungsbewussten Lebensweise war. Aber im Urlaub wollte er sich darüber nun wirklich keine Gedanken machen.
Das sah Harald, der sich samt Familie kurz vor der Abfahrt der Reisegruppe angeschlossen hatte (»Ihr habt doch nix dagegen, oder?«), wohl ganz ähnlich: »Ich nehm auch noch eines von den Dingern da. Ach, watt soll der Geiz: Machse drei, für die Mathylde und Gordon Harald auch noch eins. Und auch noch ânen Cappu für mich«, rief er begeistert der Bedienung zu. »Ausflüge machen immer gleich so hungrich, nä, Oppa Hubertus?«
Dietmar schaute gequält. Ihm schien die Gesellschaft von Harald ähnlich lästig wie Hubertus, der den Ruhrpottler aber ausnahmsweise begeistert in die Reisegruppe aufgenommen hatte (»Super, da trinken wir auch noch das eine oder andere Blonde in Venedig zusammen, nich wahr, Vatter Harald?«).
SchlieÃlich wusste er ja, dass er sich kurzfristig absetzen würde, um Marco auf dem Campingplatz weiter zu observieren, und da kam ihm jede Ablenkung gelegen. Zudem war es ihm ganz recht, wenn Harald ihn bei seinen Plänen nicht auf dem Campingplatz störte. Die Gefahr, dass er sich einmischte, war zu groÃ, denn er steckte ja in so ziemlich alles seine Nase â ob es ihn etwas anging oder nicht. Noch dazu gefiel Hummel der Gedanke daran, dass der Ruhrpottcamper ein Störfeuer nach dem anderen auf die »guten Gespräche« zwischen Elke und Constanze abfeuern würde.
Zuerst hatte Hubertus noch überlegt, ob er sich krankmelden sollte, war jedoch zum Schluss gekommen, am besten erst mal so zu tun, als würde er die Fahrt mitmachen. SchlieÃlich sollte auch Klaus keinen Verdacht schöpfen. Hätte Hummel sich krankgemeldet, wäre Elke auÃerdem vielleicht auf die Idee gekommen, bei ihm zu bleiben, um ihn mit alternativen Heilmethoden zu kurieren. Womöglich hätten auch Constanze und Elke gemeinsam mit, neben oder über ihm meditiert â¦
Also blieb nur, sich beizeiten unauffällig von der Gruppe zu entfernen. Unerlaubt sozusagen.
Hubertus hatte alles genau durchgeplant â¦
Er biss in das mit Thunfisch und Tomaten belegte, dick mit Mayonnaise bestrichene, dreieckig zugeschnittene WeiÃbrot und schaute auf die weite Lagune. Es hatte gerade einen kurzen Schauer gegeben. Den ersten, seit sie hier Urlaub machten. Abkühlung hatte er zwar nicht gebracht, aber dafür eine völlig klare Sicht auf die Lagune. Man sah sogar die Türme Venedigs und der benachbarten Inseln sowie in der Ferne das weite Panorama der italienischen Alpen.
»Ich glaube, da kommt unser Schiff«, bat Elke zum Aufbruch. Hubertus und Harald schlürften ihre Cappuccinos eilig herunter, dann bewegte sich die Reisegruppe über den Holzsteg auf die Mole, wo bereits zwei Dutzend Einheimische und Touristen auf das Boot nach Venedig warteten.
Hummel stellte seinen Rucksack auf eine der Sitzbänke, nahm seinen Enkel auf den Arm und zeigte auf das Vaporetto, das eine Art kleine Barkasse war.
»Venezia« stand auf der gelblichen Leuchtanzeige über dem Führerstand.
»Dat is ja mal âne Nussschale«, kommentierte
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