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Schweig um dein Leben

Schweig um dein Leben

Titel: Schweig um dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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Holzmarkt von meinem Vater.«
    Mein Herz machte vor überraschter Freude einen kleinen Sprung. »Ich bin dabei«, sagte ich. »Um sieben?«
    »Sieben ist perfekt. Zur Sicherheit können wir ja noch unsere Handynummern austauschen, falls einem von uns was dazwischenkommt.« Er zog sein Handy aus der Hosentasche und sah mich abwartend an.
    »Das geht nicht«, sagte ich hastig und suchte fieberhaft nach einer plausiblen Erklärung, als ich sein verwirrtes Gesicht sah. »Ich meine, ich habe kein Handy, weil ich … weil ich zu viele SMS geschrieben habe und meine Eltern es vorübergehend konfisziert haben.«
    Dann machte ich auf dem Absatz kehrt und joggte eilig davon, bevor er mir noch mehr Fragen stellen konnte.
    Als ich außer Sichtweite war, verfiel ich in normales Schritttempo und ertappte mich dabei, wie ich lächelte. Die Welt wirkte auf einmal viel bunter und leuchtender. Ich hätte immer noch alles dafür gegeben, nach Norwood zurückzukehren, aber wenigstens hatte ich bereits an meinem ersten Tag hier ein paar nette Leute in meinem Alter kennengelernt und für den nächsten Morgen eine Verabredung zum Tennisspielen. Dass Tennis ein beliebter Sport in Florida war, machte mir die Aussicht, ein halbes Schuljahr hier zu verbringen, schon wesentlich erträglicher.
    Als ich nach Hause kam, wartete die nächste Überraschung auf mich. Neben dem Plymouth parkte ein zweiter Wagen in der Einfahrt, und als ich ins Haus kam, empfing mich der Duft von frischem Kaffee.
    Ich fand meine Eltern und meinen Bruder um den von McDonald’s-Tüten übersäten Tisch in der Küche versammelt beim Frühstück. Ein braun gebrannter Mann saß bei ihnen, der aussah, als käme er gerade von einem Golfturnier.
    »Da bist du ja!«, rief Dad, als ich reinkam. »Wir haben uns schon Sorgen gemacht. Tom, darf ich Ihnen unsere Tochter vorstellen? Apr…« Er unterbrach sich und runzelte kaum merklich die Stirn, bevor er fortfuhr. »Valerie, das ist Tom Geist aus Sarasota. Er arbeitet fürs Justizministerium und ist unser Kontaktmann hier in Florida.«

NEUN
    »Das Wichtigste ist, dass Sie lernen, mit Ihrer Umgebung zu verschmelzen und keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen«, erklärte uns Tom, während wir wie Kindergartenkinder dasaßen, auf unseren McToasts und Bagels kauten und versuchten, die Regeln des Überlebens zu verinnerlichen. »Selbst etwas, das Ihnen völlig harmlos und banal vorkommt, könnte zu Ihrer Enttarnung führen, zum Beispiel wenn Sie alle zusammen den Führerschein beantragen würden. Valerie sollte ihren Führerschein bedenkenlos in Grove City machen können, aber Sie beide«, er sah Mom und Dad an, »sollten es woanders tun.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass den Leuten so etwas auffällt?«, fragte Mom ungläubig.
    »Kleine Orte wie dieser sind Brutstätten für Gerüchte«, antwortete Tom. »Niemand denkt sich etwas dabei, wenn ein siebzehnjähriges Mädchen seine Fahrprüfung macht, bei einem erwachsenen Paar sieht die Sache schon anders aus. Man könnte sich fragen, warum Sie so lange damit gewartet haben, zumal Sie kaum verheimlichen können, dass Sie einen Wagen besitzen. Die gleichen Vorsichtsmaßnahmen gelten für die Beschaffung von Jasons Kontaktlinsen. Soweit ich informiert bin, gibt es in Grove City keinen Optiker, aber selbst wenn dem so wäre, dürften Sie auf keinen Fall zu ihm gehen. Niemand hier darf erfahren, dass Jason verschiedenfarbige Augen hat. Eine derartige Besonderheit würde sich in null Komma nichts herumsprechen und ebenfalls Ihre Tarnung gefährden.«
    Es war seltsam für mich, mit welcher Selbstverständlichkeit er von meinem Bruder als Jason sprach. Mir fiel es immer noch schwer, seinen neuen Namen zu benutzen und daran zu denken, dass es keinen Bram mehr gab.
    »Erzählen Sie uns etwas über diesen Mike Vamp«, bat Dad. »Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie er meine Familie in Richmond aufspüren konnte. Max hat uns versichert, dass sie dort sicher sein würde. Die Tatsache, dass Vamp sie trotzdem gefunden hat, kann demnach doch nur bedeuten, dass es irgendwo eine undichte Stelle gegeben hat, oder?«
    »Onkel Max hat gesagt, dass er auch ›der Vampir‹ genannt wird und das Blut seiner Opfer wittern kann.« Das bloße Wiederholen der Worte jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken.
    »Das war nur so eine Redensart«, sagte Tom. »Was er damit zum Ausdruck bringen wollte, ist, dass Vamp ein absoluter Profi ist. Wir haben alles Notwendige getan, damit Ihre Spur nach Florida nicht

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