Schweig wenn du sprichst
fruchtbare Recherche.
Jozef
P.S. Würden Sie mir eine handgeschriebene Vollmacht schicken, in der Sie der Universität die Erlaubnis erteilen, die Akte anzufordern?
Könnte helfen.
Victor brachte die Vollmacht am nächsten Morgen zur Post.
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31. Juli 1944
Ich bin so unruhig. Ich weiß mir selbst keinen Rat. Ich habe lange mit Joanna gesprochen. Sie ist erstaunt, dass ich mein Zusammensein mit Albert so dramatisiere. »Ich habe auch eine wilde Nacht gehabt«, sagte sie. »Das ist doch normal? Wir sind im Urlaub, haben unsere Bedürfnisse und schöne Männer um uns herum.«
Ich weiß, dass sie irgendwie recht hat, und durch ihre Offenheit fühle ich mich manchmal etwas besser, aber ich bin noch nicht im Reinen mit mir selbst. Sie sagt, dass es bei mir um mehr geht als um das Körperliche. Sie glaubt, dass ich verliebt bin. Ich weiß nur, dass ich Albert die ganze Woche vermisst habe. Wenn das Verliebtheit ist, dann ist es wohl so.
Ich habe in der Kaserne in Graz nach Albert gefragt. Niemand wollte mir antworten. Selbst Joanna hat mit ihrem verwegenen Charme keine Antworten bekommen. Meine einzige Hoffnung ist, in Breslau Informationen zu finden. Vielleicht kann eine Krankenschwester in Alberts medizinische Akte schauen und so seinen Familiennamen herausfinden und wo er hingezogen ist. Ich versuche es morgen, direkt wenn ich wieder im Lazarett bin. Mein Herz ist schwer und mein Kopf so leicht. Gott, wenn du mich nicht verurteilst, dann hilf mir. Albert, wenn du mich hörst, antworte mir!
20. August 1944
Endlich habe ich mehr Informationen über dich. Ich habe fast einen Monat darauf warten müssen, aber jetzt weiß ich, wer du bist, wo du stationiert bist, in welcher Division du dienst und wo dein Zuhause in Flandern ist. Die ersten beiden Schwestern wollten mir nicht helfen. Sie hatten Angst, dass sie nach Hause geschickt würden, falls ihr Kommandant es herausfinden sollte. Die dritte, Erika, hat in die Akten hineingeschaut, weil sie ohnehin zurück musste. »Mir können sie nichts anhaben«, sagte sie und gab mir ein paar Tage später die Informationen. Ich kenne dich jetzt, aber ich weiß nicht, wo du bist. Ich suche weiter. Glaub mir, ich werde weiter nach dir suchen. Ich weiß jetzt auch, dass du bei mir etwas erweckt hast, das ich noch nie zuvor gefühlt habe. Es ist ein sehr warmes Gefühl, ein Verlangen, das für mich ganz neu ist. Ich liebe dich und ich kann es jetzt auch sagen. Jetzt traue ich mich es auszusprechen. Ich suche, bis ich dich finde, und ich werde dir schreiben, wo du auch bist.
Bis bald, Albert! Bis möglichst bald.
16. September 1944
Ich habe deine Feldpostnummer. Das ist gut. Jetzt ist alles gut. Ich schwebe und schreibe dir schnell.
18. September 1944
Lieber Albert,
ich versuche schon seit Langem, die richtigen Worte zu finden, die alles umfassen, was mit uns geschehen ist. Es ist mir lange nicht geglückt. Aber der Drang, mit dir zu sprechen, ist so stark, so intensiv, dass ich jetzt einen Versuch unternehme und dir einen Brief schreibe, in der Hoffnung, dass du ihn auch lesen kannst.
Du kämpfst gerade einen gerechten Kampf und ich kenne dein Schicksal nicht. Aber zu wissen, welchen Gefahren du ausgesetzt bist, macht mich unheimlich wütend. Vor allem meine Hilflosigkeit und Ohnmacht machen mich so wütend und verzweifelt. Aber das sollte nicht so sein und es tut mir nicht gut. Koflach, weißt du, spukt noch jeden Tag in meinem Kopf und Herzen herum. Die Zeit war viel zu kurz, aber unser Glück so groß. Für mich waren es die schönsten Stunden meines Lebens. Das Schicksal hat uns danach getrennt, wer weiß warum, aber so wie es aussieht, wird sich die Situation nicht so schnell ändern. Da allerdings bei unserem kurzen Zusammensein etwas passiert ist, was dein und mein Leben verändern wird, muss ich dich darüber aufklären, selbst wenn du an der Front bist und kaum die Möglichkeit hast, darauf zu reagieren.
Albert, ich bin schwanger. In mir wächst ein Kind heran, unser Kind, und ich liebe es jetzt schon mehr als irgendjemanden sonst. Es ist noch winzig klein und niemand kann es sehen und niemand weiß es. Du bist der Erste, dem ich es erzähle. Ich habe es gestern bei einer medizinischen Untersuchung erfahren. Ich bin sofort aus dem DRK entlassen worden und nehme übermorgen den Zug nach Hause. Ich bin vollkommen ratlos. Ich weiß nicht, wie mein Leben jetzt weitergehen soll, wo ich mit unserm Kind leben soll und von welchem Geld, aber das soll deine Sorge nicht
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