Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Titel: Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
Vom Netzwerk:
und mit ihm sprechen können? Hatten sie ihn bedroht, sodass er sich hinausstürzte? Oder waren die Honoratioren handgreiflich geworden, weil Herrmann Albrecht trotz Beförderung und Junks junger Tochter nicht nach ihrer Pfeife tanzen wollte? Und wenn Adam Grimbach schneller gewesen war? Hatten sie gesehen, dass der junge Zimmermannsmeister seinen Nebenbuhler ausgeschaltet hatte? Wenn ja, warum hatten sie dann nichts gesagt?
    Der junge Jurist musste versuchen, ob er nicht wenigstens etwas Konkretes in Erfahrung bringen konnte: »Wie war eigentlich das Verhältnis zwischen den Meistern Albrecht und Grimbach?«
    »Beide waren mit der Ausbesserung des Dachs beauftragt. Der Rat der Stadt möchte so bald wie möglich die Spitze des Turms erhöht haben, damit die Stadtkirche den Dom überragt.« Trips hob warnend den Zeigefinger. »Wenn der Erzbischof das wüsste! Aber im Moment mangelt es noch an den benötigten Gulden. Aber das nur nebenbei. Die beiden Meister waren ständig unterschiedlicher Meinung und hatten andauernd irgendwelche Zwistigkeiten.«
    »Auch heute Vormittag?«
    »Wie üblich kam Herrmann Albrecht erst spät am Vormittag. Er stieg gleich hoch und wurde von Adam Grimbach für sein spätes Kommen angeschnauzt. Nun, ja ... da gab es dann den üblichen Krach.«
    »Habt Ihr auch schon Handgreiflichkeiten beobachten können?«
    Der Priester schüttelte vehement den Kopf: »Ich habe nichts dergleichen gesehen noch von irgendjemandem davon gehört. Sie haben sich immer nur mit Worten gestritten.«
    »Und wie lange nach der Auseinandersetzung passierte der Sturz des Meisters?«
    »Nun ... so ... puh ... einen Moment später.«
    Nikolaus’ Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Er musste ganz ruhig bleiben. »Könntet Ihr das genauer sagen? Nur Minuten später? Oder eine halbe Stunde?«
    »Etwa die Zeit, die man für fünf bis zehn Vaterunser braucht.«
    »Und zwischen Streit und Sturz kamen die Schöffen und Zunftmeister?«
    »Ja.«
    Der junge Mann lächelte. Na bitte, es ging doch! Das hieß, dass der Sturz nicht den Höhepunkt des Streits darstellte, sondern in einem gewissen Abstand passierte. Das bedeutete aber noch lange nicht, dass Grimbach aus dem Schneider war. Vielleicht hatte sich die Wut erst noch aufstauen müssen, bis sie sich in einem Mord entlud.
    Nikolaus fragte deshalb weiter: »Warum gab es eigentlich zwei Meister? Reicht da normalerweise nicht einer?«
    Der Priester nickte fleißig: »Jaja, genau! Wir hatten uns schon mit Meister Grimbach geeinigt, als der Rat uns eröffnete, dass ein zweiter Meister beauftragt worden war.«
    Wieder eine Intervention des Stadtrats – oder wohl eher des Schöffenmeisters Junk. »Und welchen Grund nannte man Euch dafür?«
    »Puh ...« Er hob die Schultern. »Keinen. Ich ... Das muss ich leider ehrlich zugeben ... Ich habe auch nicht gefragt. Um meine Meinung schert sich ja sowieso niemand.«
    »Welcher Zimmermannsmeister war eigentlich der Höhergestellte bei diesem Auftrag?«
    »Herrmann Albrecht. Er ist – oder eher war – schließlich der Zunftmeister. Aber Adam Grimbach ist auf jeden Fall der bessere und fleißigere. Auch deswegen gab es wohl die Feindschaft.«
    Was hatte der junge Gelehrte nun Neues erfahren? Eigentlich war es nur die Bestätigung von dem gewesen, was er schon vorher geahnt hatte. »Ist Euch sonst noch etwas Ungewöhnliches von heute Vormittag in Erinnerung?«, fragte Nikolaus weiter. Seine Enttäuschung war nicht zu überhören.
    »Ungewöhnliches?«
    »Vielleicht ein Vorfall oder jemand Unbekanntes, der noch nie da war.«
    Der Priester überlegte einen Moment und platzte dann los: »Doch, natürlich! Ein zerlumpter Mann kam früh morgens in die Kirche. Er torkelte leicht. Entweder war er schon wieder betrunken oder immer noch. Ich habe ihn ganz genau im Auge behalten, damit er nicht andere Gläubige störte. Aber er kniete eine ganze Zeit ganz ruhig in der Ecke. Und irgendwann war er wieder verschwunden.«
    »War er hinausgegangen?«
    »Puh ... nehme ich an. Wo sollte er denn sonst hin sein?« Dann schlug sich Ulrich Trips vor die Stirn. »Ah! Ihr meint wohl, der könnte den Turm hochgestiegen sein! Der Mörder!«
    »Die Möglichkeit besteht. Würdet Ihr ihn wiedererkennen?«
    »Ich ... ich weiß nicht. Ich habe sein Gesicht nicht genau sehen können.«
    Einem plötzlichen Gedanken folgend fragte Nikolaus: »Kennt Ihr Peter Finken, den Viehhändler?«
    »Ja.«
    »Kann er das gewesen sein?«
    »Nein. Ganz bestimmt nicht.

Weitere Kostenlose Bücher