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Schweigfeinstill

Schweigfeinstill

Titel: Schweigfeinstill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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hatte ein Telefongespräch geführt. Nun saß er da, den Hörer in der Hand, und betrachtete beiläufig seinen Schreibtisch. Die Arbeitsplatte räumte er stets akribisch auf. Es verging kein Arbeitstag, an dem er nicht wenigstens 20 Minuten der Ablage und Büroorganisation widmete. Die Leere vor ihm verunsicherte ihn unerwartet.
    »Na?« Sein Kollege Peter Jassmund saß ihm gegenüber und strahlte ihn an. »Lass mich raten. Du hast den Job. Ich gratuliere. Heute Abend gebe ich einen aus, soviel ist sicher.«
    Keller legte endlich den Hörer auf und lächelte. »Ja.«
    »Na, bravo!« Jassmund freute sich ehrlich, und das tat Keller gut.
    »Ab ersten Januar. Was bedeutet, dass ich meinen Resturlaub ab sofort nehmen muss.« Keller deutete auf das Telefon vor sich, als sei das Gerät an sich der Vorgesetzte, von dem er die Zusage und alle weiteren Weisungen entgegengenommen hatte. Er blickte auf die Telefonnotiz, die er angefertigt hatte. Das hatte er auf einem Seminar zum Thema Zeitmanagement gelernt. Notieren, Ablegen, Aussortieren. Sehr einfach im Prinzip, aber nur durch starke Selbstdisziplin durchzuhalten. Nero wunderte sich, dass es ihm so gut gelang.
    »Sieh an.« Wehmütig strich sich Jassmund über den Vollbart. »So muss ich dich also ziehen lassen.«
    »Wen setzen sie dir wohl hier rein?« Keller sah sich im Büro um. Plötzlich wurde ihm schwindelig. Dieses Bürokratenstübchen, wie er es nannte, war sein Zuhause. Schon sonderbar. Wieso sein Zuhause? Es war nur ein Büro.
    »Pah!«, machte Jassmund. »Das werde ich schon sehen. Mann, mach ein freundliches Gesicht. Du wolltest ans LKA. Da gehörst du auch hin. Was hast du hier noch vor dir? Niedergestochene Dealer, Drogentote, Alkis, die sich das letzte Glas gönnen. Come on, Nero, forget it!«
    Nero lächelte. Er hatte immer gerne in der Polizeidirektion in Fürstenfeldbruck gearbeitet, und als sein Leben in Stücke gebrochen war, hatten die Kollegen ihm mehr Heimat gegeben, als er sich jemals hätte vorstellen können. Besonders Peter Jassmund. Aber nun, zwei Jahre später, spürte er, dass es Zeit für etwas Neues war. Nicht nur wegen seiner Computerkenntnisse, die er sich in seiner Freizeit angeeignet hatte. Er ging nun mal nicht zum Angeln und hatte auch keinen elfjährigen Sohn, mit dem er ein Hobby teilen könnte, so wie Jassmund. Nein, der Wunsch nach einer anderen Welt, nach der richtigen, großen Welt, steckte seit Kindertagen in ihm. Wahrscheinlich hatte er erst 42 werden müssen, um das zu bemerken.
    »Fassen wir zusammen«, sagte Nero und streckte die Schultern. »Ich würde den Fall Laverde gerne noch abschließen. Es sind genug andere Akten offen.« Er wies auf Jassmunds Schreibtisch. Jassmund hatte auch an dem Zeitmanagementkurs teilgenommen, aber nicht einen einzigen Tipp beherzigt. Stattdessen hatte er einen Cartoon an die Wand hinter seinem Stuhl gehängt, auf dem Genius braucht Chaos stand und ein Mädchen mit hängenden Zöpfen abgebildet war. Es tüftelte an irgendeinem abstrusen Apparat, während die Aktenberge um es herum in die Wolken wuchsen.
    »Erstens: Bertram Kugler liegt in der Rechtsmedizin. Das Ergebnis kriegen wir heute noch. Zweitens: Er ist geschieden und hat keine Kinder. Seine Exfrau Irmi Perm lebt in Kronach, ist mittlerweile wieder verheiratet. Sie kommt morgen, um Kugler zu identifizieren. Es könnte interessant sein, sich über seine Hintergründe zu informieren. Ich übernehme das.«
    Jassmund zog die Augenbrauen hoch. »Wie war das mit deinem Resturlaub?«
    »Drittens: Irina von der KT sagt, dass die Wagenspuren auf dem Bankett an der Straße, 100 Meter von Kea Laverdes Haus, am Sonntagmorgen dort hinterlassen wurden, keinesfalls früher als 8 Uhr. Eher später. Es hat geregnet, lange wären sie nicht so deutlich gewesen. Auch die Schuhabdrücke sind nützlich. Größe 43, also vermutlich ein Mann, stieg aus dem Wagen an der Straße aus, lief zu dem Unfallwagen. Warum? Nehmen wir an, er klaubte Laverdes Unterlagen heraus und marschierte davon. Er muss schnell gewesen sein, denn Kea Laverde brauchte nach eigener Aussage höchstens drei Minuten, um sich was drüberzuziehen, bevor sie aus dem Haus lief, nachdem sie den Aufprall des Wagens gehört hatte. Und sie hat definitiv niemanden bei dem PKW oder dem, was davon übrig war, gesehen.«
    Jassmund kannte Neros Vorliebe für vollständige Ausführungen und wartete.
    »Viertens. Ich habe Kea Laverde in den Registern gecheckt. Sie ist ein völlig unbeschriebenes Blatt.

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