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Schwein gehabt

Schwein gehabt

Titel: Schwein gehabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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zu sein. Kurze Zeit darauf konnte ich durch die Balkenritzen erkennen, dass die Kerzen angesteckt wurden. Jetzt bekam ich auch Satzfetzen mit: »Ist Stegemann noch nicht da ?« — »Der Blödmann. Ich weiß gar nicht, was der hier will. Ich glaube, der rennt noch jeden Sonntag in die Kirche .« — »Der Boss wird schon wissen, was richtig ist, meinst du nicht ?« — »Ja sicher, aber den doofen Stegemann hätte er nun wirklich nicht...« — »Psst, da kommt der Scheißer .« Ich schaute auf die Uhr, es war kurz nach halb zwölf. Jetzt war alles ruhig. Nur ab und zu hörte ich ein Husten und Räuspern. Sie mussten gehörigen Respekt vor ihrem Herrscher haben.
    Der große Nachteil meines Stützpunktes war, dass ich zwar alles hören, aber fast nichts sehen konnte. Blieb mir nur zu hoffen, dass das momentan vorherrschende Schweigen nicht bis zum Ende des Treffens beibehalten wurde. Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gesponnen, hörte ich eine laute Stimme » Hail Satan !« rufen und alle Anwesenden spielten lauthals Echo. Der Boss war eingetroffen. Kurz darauf ließ Lärm nach Noten das Gebäude erzittern. Diesmal erkannte ich den Song, ein Stück von der ersten Marduk .
    Plötzlich stoppte die Musik und der Chef verkündete, dass die Einweihungszeremonie begänne. Er befahl Andreas, sich vollständig zu entkleiden und den Crowley -Text herunterzubeten. Es dauerte eine ganze Weile, bis Stegemann loslegte, woraus ich messerscharf schloss, dass er sich wohl zuerst geziert hatte, die Hüllen fallen zu lassen. Den Text rezitierte er ohne Probleme, wenn auch mit zittriger Stimme. Dann hörte ich, wie der Boss nach einem Messer fragte. Danach standen Leute auf und setzten sich wieder. »Du heißt fortan nicht mehr Andreas, sondern Hades. Der allmächtige Satan begrüßt seinen neuen Gefolgsmann. Du bist verpflichtet, ihm bis an dein Lebensende zu dienen und seine Gesetze zu befolgen. Verrat wird mit dem Tode bestraft. Du darfst kein Wort darüber verlieren, dass du zu seiner Gefolgschaft gehörst, kein Wort, verstehst du. Auch nicht über die Treffen!« Entweder antwortete Andreas beziehungsweise Hades nicht, oder er sprach so leise, dass ich ihn nicht hören konnte. Zu gern hätte ich gewusst, was die Satanisten da mit ihm anstellten.
    Nachdem der Boss seinen Sermon abgelassen hatte, wurde dreimal in die Hände geklatscht, und wieder standen Leute auf und setzten sich. Jetzt war wohl der Zeitpunkt gekommen, seinen Obolus zu entrichten. Nach einer Viertelstunde wurde erneut die Musik eingeschaltet und erstarb erst um halb drei. Danach war offenbar Aufbruch angesagt, denn Türen wurden auf- und zugeschlagen; bald darauf schien auch das Kerzenlicht nicht mehr durch die Bretterspalten. Ich hörte die Autos wegfahren, wartete eine halbe Stunde und verließ meinen Lauschposten.
    Unten war alles verlassen. Der Rückweg gestaltete sich ereignislos, und ich war froh, als ich endlich im Bett lag. Mit der deprimierenden Erkenntnis, dass sowohl der erste als auch der zweite Besuch der Scheune nichts eingebracht hatten, schlief ich ein.

28

    D ie zwei nächtlichen Expeditionen hatten das Unmögliche eintreten lassen: Ich schlummerte bis um elf. Nachdem ich in frisch gewaschene Sachen geschlüpft war, trat ich ins Freie, um den Tag zu begrüßen. Wenn ich die Wolken am Himmel richtig interpretierte, würde es heute regnen. Ich fuhr nach Buldern. Es konnte nicht schaden, eine Mahlzeit einzuwerfen, denn fett geworden war ich hier beileibe nicht. Ganz im Gegenteil: Wenn die Waage im Badezimmer nicht nachging, hatte ich drei Kilo abgenommen.
    In der Frittenbude des Ortes genehmigte ich mir ein Jägerschnitzel mit Pommes frites und Krautsalat. Dann fuhr ich zu dem kleinen Park nahe der Kirche und schaute den Spatzen und Amseln zu. Der Glockenschlag des Bulderner Doms rief mir ins Gedächtnis, dass ich morgen einen Auftritt im Gottesdienst hatte, auf den ich mich ungemein freute.
    Nach einer Zeit der Muße erinnerte ich mich wieder an meine Pflichten. Ich besuchte eine Telefonzelle und rief bei Stegemann an. Er war sofort am Apparat.
    »Ich mach nicht mehr mit !«
    Auf meine Frage nach dem Grund antwortete er, dass die gestrige Aufnahmezeremonie das Schlimmste gewesen sei, was ihm bisher widerfahren war. Zuerst hatte er sich nackt ausziehen müssen, dann den blöden Text aufsagen — so viel wusste ich ja schon — , und zum Schluss hatte ihm jedes Mitglied per Messer eine Wunde zugefügt.
    Das also hatte ich nicht mitbekommen.
    »Mir

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