Schwein Oder Nichtschwein
hätte mir eine Flasche Bier angeboten. Ich sage Ihnen ganz offen, Sir«, sagte George Cyril Wellbeloved, indem er die Karten freimütig auf den Tisch legte, »wo der Abend nun einmal so heiß ist, wie er ist, und ich ganz abgekämpft bin, nachdem ich mich bei meinen vielfältigen Pfichten abgeplagt habe, lechze ich direkt nach einer Flasche Bier.«
Er machte eine Pause, um die Antwort abzuwarten, aber es kam keine Antwort. Jedenfalls keine von Jerry. Nur die Königin von Matchingham hatte beim Klang der geliebten Stimme einen herzlichen Willkommensgrunzer von sich gegeben. Jerry mit seinen überreizten Nerven schien er durch das Zimmer zu schallen wie die Posaune des Jüngsten Gerichts, und er war überrascht, daß sein Gegenüber ihn nicht gehört zu haben schien.
»Admiral Biffen«, sagte George Cyril Wellbeloved und teilte diese Information beiläufg, wenn auch nicht ohne einen gewissen bedeutungsvollen Unterton mit, »pfegte sein Bier in einem Eimer mit kaltem Wasser in der Küche aufzubewahren.«
Während er sprach, nahm er einen kleinen Schritt auf die Tür zu, als wolle er sich angelegentlich vergewissern, ob sein gegenwärtiger Gastgeber dieselbe hervorragende Politik verfolgte.
Einen Moment lang saß Jerry ebenso steif da wie eine Gestalt aus einer seiner Erzählungen, die von einem verrückten Wissenschaftler hypnotisiert wird. Dann sprang er auf die Füße und rannte quer durch das Zimmer. Dabei riß er einen kleinen Tisch um, auf dem sich eine Schale mit Wachsfrüchten befand, eine Fotografe in einem rosa Rahmen, die den Bauspekulanten darstellte, dem Sunnybrae seine Existenz verdankte und der niemals Mörtel verwendete, und eine chinesische Vase, die die Aufschrift trug »Zur Erinnerung an Llandudno«. Der Tisch hatte ebenfalls das Notizbuch beherbergt, in das Jerry seine Ideen für die Geschichte von Lavendel-Leo eingetragen hatte, und als sein Auge darauf fel, kam die Inspiration über ihn.
Er warf George Cyril Wellbeloved einen Blick zu und wurde von dem, was er sah, ermutigt. Er schaute noch einmal hin und war noch weiter ermutigt.
Die Männerwelt kann grob in zwei Kategorien eingeteilt werden, und zwar in Männer, die einem nicht glauben, wenn man ihnen eine unwahrscheinliche Geschichte auftischt, und in Männer, die einem glauben. Es war diese letztere und weitaus liebenswürdigere Kategorie, in die George Cyril Wellbeloved einzuordnen war – seinem einfältigen Gesichtsausdruck nach zu urteilen. Er machte den Eindruck eines Mannes – und Jerry fand das überaus charmant – der ohne Frage akzeptiert, was man ihm zu erzählen beliebt. Er sah genauso aus, als glaube er alles, was in der Sonntagszeitung steht.
»Hören Sie«, sagte Jerry.
Der Ausdruck war unglücklich gewählt, denn gerade in die-
sem Moment stieß die Königin von Matchingham einen weiteren Grunzer aus. Aber auch diesmal schien der Besucher ihn nicht gehört zu haben. Vermutlich hörte er ein wenig schlecht wie Admiral Biffen.
»Ich nehme an«, sagte Jerry, indem er schnell fortfuhr, »daß Sie sich fragen, was ich hier in diesem Haus tue?«
Mit einer altmodisch übertriebenen Geste wies George Cyril Wellbeloved eine solch vulgäre Neugier weit von sich.
»Ich stelle anheim«, sagte er höfich, »daß Sie hier wohnen, Sir? Oder, um es anders auszudrücken, daß Sie hier Ihren Wohnsitz genommen haben?«
Jerry schüttelte den Kopf.
»Nein. Ich lebe in London.«
»Besser Sie als ich«, sagte George Cyril Wellbeloved. »Schrecklich da.«
»Und warum lebe ich wohl in London?«
»Sie mögen es, nehme ich an, Sir. Das soll es ja geben.«
»Nein. Ich lebe in London, weil ich muß. Um jederzeit für den Yard zur Verfügung zu stehen.«
»Sir?«
»Scotland Yard. Ich bin von Scotland Yard.«
»Ist denn das die Möglichkeit«, sagte George Cyril Wellbeloved, angemessen beeindruckt. »Darf ich mir anmaßen zu fragen, was Sie hierherbringt, Sir?«
»Eine dienstliche Angelegenheit. Ich habe einen Fall zu bearbeiten. Ich habe den Auftrag, einen gefährlichen Verbrecher namens Lavendel-Leo zu observieren. Er wird so genannt, weil er stets lavendelfarbene Handschuhe trägt. Aufgrund bestimmter Informationen wissen wir, daß dieser Mann heute abend mit dem Zug aus London eintreffen wird, der um zehn Uhr fünfzehn in Market Blandings ankommt, und wir glauben, daß er zu diesem Haus hier kommen wird.«
George Cyril Wellbeloved fragte, wie
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