Schweinehunde / Roman
Heimmannschaft, worauf triumphierende Jubelschreie losbrachen und es Popcorn regnete. Auch sie sprang johlend auf. Ein Apfel kam in einem weichen Bogen auf sie zugeflogen, er war irgendwem aus den Händen gerutscht. Ihr großgewachsener Nebenmann fing ihn geistesgegenwärtig auf, besah sich seinen Fang und fuhr sich rasch mit der Zunge über die Lippen. Die Zurückhaltung dieses spießigen, scheinheiligen Schleimers provozierte sie, und sie stieß ihn unsanft an und rief laut: »Heute gewinnen wir!«
Ein Raunen ging durch die Halle und sog ihre Worte förmlich auf, so dass er nichts hörte und sie falsch verstand. Bereitwillig hielt er ihr den Apfel hin. Sie nahm ihn und ließ ihn gleichgültig in ihre Tasche fallen, um nicht weiter auf seine Freundlichkeit eingehen zu müssen.
Keine der Mannschaften konnte sich einen Vorsprung verschaffen, und die unerträgliche Spannung hielt bis kurz vor Schluss an. Alles sah bereits nach einem Unentschieden aus, als der spielentscheidende Angriff kam. Ein Konter über fünf Spielstationen, dann zappelte der Ball im Netz des Gegners. Das Tor ließ eine Feder in Pauline Bergs Körper hochschnellen. Vor Freude jubelnd, flog sie einem unbekannten Höhepunkt entgegen, warf sich vor Glück benommen in die Arme des Maurers, kniff ihm strahlend in die fleischigen Wangen und spürte seinen Speichel an ihrem Hals. Danach sprang sie auf den Stuhl und ließ sich mit zur Decke gereckten Armen nach hinten fallen. Sie war sich sicher, dass die Gemeinschaft sie auffangen würde.
Nach dem Spiel steuerte sie die Cafeteria an. Die Rückbesinnung auf die Arbeit kam ihr irgendwie falsch vor, und sie musste sich konzentrieren, um sich von der Verzückung in ihrem Körper zu befreien, was ihr aber erst gelang, als sie den Mann erblickte, der allein ganz hinten im Raum saß. Er war leicht zu erkennen. Ein nett aussehender, gepflegter, gut gekleideter Mann Ende vierzig. Pauline begrüßte ihn mit einem kurzen Nicken, bevor sie Platz nahm.
Sie begann mit einer Testfrage, um zu ergründen, ob er wirklich bereit war, die Wahrheit zu sagen: »Danke, dass Sie gekommen sind. Hat Allan Ditlevsen verbotene Filme in seiner Imbissbude verkauft?«
Die Antwort ließ auf sich warten. Er starrte auf ihren Hals, und sie kämpfte gegen ihren Ekel an.
»Machen Sie sich keine Illusionen. Ich bin nur wegen Ihrer Gestapomethoden hier, dabei sind Sie doch Christin. In diesem Zeichen wirst du siegen.«
Er zeigte auf den Anhänger ihrer Kette, der ihr im Rausch der Begeisterung aus der Bluse gerutscht und jetzt für alle sichtbar war. Ein hübsches, miteinander verschmolzenes, goldenes X und P, das sie vor Jahren von einem griechischen Lebensgefährten geschenkt bekommen hatte. Ihre beiden Anfangsbuchstaben.
»Und trotzdem können Sie nicht anerkennen, dass man die Liebe auch anders verstehen kann.«
Sie steckte den Anhänger ärgerlich wieder unter ihre Bluse.
»Lassen Sie den Unsinn, Sie machen mich krank.«
»Ah ja, Ihre kulturelle Fassade scheint ja nicht sonderlich dick zu sein.«
»Wenn Sie es unbedingt wissen wollen, ja, das stimmt. Kinder zu vergewaltigen und seelisch kaputtzumachen und sich am nächsten Tag auf die Kultur und den Rechtsstaat zu berufen … manchmal würde ich mir wünschen, die Bevölkerung würde auf die Kultur und die Rechtsprinzipien pfeifen.«
»Nun, dieser Wunsch scheint ja langsam in Erfüllung zu gehen.«
Das Gespräch war vollkommen aus der Bahn geraten. Pauline Berg riss sich zusammen.
»Antworten Sie mir auf meine Fragen, damit wir das hier schnell hinter uns bringen können.«
Der Mann erkannte, dass dies der einzig richtige Weg war.
»Ja, Allan hat Filme verkauft.«
Mehr kam nicht, obwohl Pauline Berg lange schwieg und ihn so unter Druck zu setzen versuchte.
»Reden Sie schon, ich habe keine Lust, Ihnen jedes Wort aus der Nase zu ziehen. Entweder Sie machen Ihre Aussage, oder wir brechen das hier ab.«
»Allan hat in der Imbissbude Videos verkauft, und er hatte viele Kunden, vor allem aus Jütland. Er war aber sehr vorsichtig und handelte nur mit Leuten, die er kannte, außerdem hat er immer nur Bargeld genommen. Seine Sachen waren teuer, aber auch von hoher Qualität. Jeder Kunde musste mindestens dreimal pro Jahr etwas kaufen, sonst war er draußen, viele waren aber jeden Monat bei ihm. Er hat dieses Geschäft lange betrieben, zu Beginn noch mit Kassetten. Die waren aber nicht so gut. Ich glaube, er hat vor ein oder zwei Jahren den Lieferanten gewechselt.
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