Schweinehunde / Roman
die Köpfe der Leute eingebrannt. Friedliche Menschen, die Gewalt ablehnen, sind plötzlich … wie soll ich das sagen? … deutlich toleranter geworden. Auf der einen Seite ist Mord natürlich verkehrt, aber … na ja, das ist eben wie mit Terroristen und Folter.«
»Ich bin mir nicht so sicher, ob ich das auch so sehe, aber egal. Wie viele Anmeldungen hast du über die Homepage bekommen?«
»Bis jetzt fast achttausend, aber wir knacken heute sicherlich noch die zwölftausend. Die Opferbereitschaft der Leute ist überraschend groß: Viele sind bereit, Dinge zu tun, die sie den Job kosten könnte, andere wollen spenden. Unter anderem hatte ich heute ein Treffen mit zwei netten Herren, die drei große amerikanische Kirchenorganisationen vertreten, politisch gesehen ein gutes Stück zu weit rechts für uns, aber mit reichlich Ressourcen. Sie wollen uns finanziell unterstützen, dabei aber anonym bleiben. Sie dürfen uns demnächst gerne ein paar ganzseitige Annoncen finanzieren.«
»Und was ist mit denen, die sich einfach nur anmelden?«
»Wir teilen die Leute in drei Kategorien ein. Die meisten werden in lokalen Gruppen organisiert und planen bei sich vor Ort Aktivitäten. Kategorie zwei laden wir zu uns ein, um uns direkt zu helfen. Unter anderem haben wir jetzt zwei Juristen, die die Strafrahmen für Pädophilie in Dänemark und im Ausland vergleichen. Ihre Arbeit kommt morgen auf die Homepage, und ihr Bericht wird an alle politischen Entscheidungsträger verschickt werden. Das Problem ist, dass wir bald keine weiteren Leute mehr gebrauchen können, rein platzmäßig. Und dann gibt es noch die dritte Kategorie. Das sind die mit … wie soll ich das sagen? … dem etwas aufbrausenden Gemüt. Davon gibt es viele, aber die behandeln wir sehr diskret. Auch intern. So wissen gar nicht alle Mitarbeiter, dass wir die registrieren, wenn du verstehst.«
Stig Åge Thorsen nickte, auch wenn er das Ganze ziemlich kompliziert fand. Schließlich sagte er unsicher: »Dann steuern wir also den Ablauf der Schlacht, wenn man das so sagen kann.«
»Wir haben ohne Zweifel gewaltige Unterstützung, aber zu behaupten, dass wir allein das Bild in den Medien bestimmen, wäre wohl eine grobe Übertreibung. Außerdem hat es auch Rückschläge gegeben, es ist nicht alles nur rosarot. Schau dir das mal an.«
Erik Mørk zog einen Sticker aus der Tasche. Er war länglich mit schwarzen Buchstaben auf gelbem Grund.
5, 6 … 7, 10, 20!
war darauf zu lesen.
»Den haben ein paar Gymnasiasten erfunden. Also erst fünf Pädophile, die umgebracht wurden, dann sechs – und später sieben, zehn, zwanzig. Aber das geht zu weit und stößt viele Leute ab. Außerdem sprayen sie diesen Slogan überall hin, und das kommt nicht gerade gut an. Leider ist es uns nicht gelungen, das zu stoppen. Es gibt aber auch Menschen, die T-Shirts drucken … rate mal, mit welcher Aufschrift …«
»Per Clausen.«
»Ja, genau, hast du schon eins davon gesehen?«
»Ja, nachdem du den Artikel über meine Festnahme ins Netz gestellt hast, begann hier die reinste Wallfahrt. Die Leute bringen alles mit, was auch nur irgendwie brennt, und schmeißen es in das Kleinbusgrab, das ist fast zu einer rituellen Handlung geworden. Meistens Benzin, aber manchmal auch andere Dinge. Gestern Abend hatte einer Magnesium dabei, das hat stundenlang wie ein Feuerwerk geleuchtet. Als ich heute Morgen da war, waren an die zwanzig Leute an der Grube. Einer von ihnen trug so ein Per-Clausen-T-Shirt über seiner Windjacke, damit man es auch sah. Die Polizei hat wirklich Probleme mit diesem Feuer. Erst haben sie sich ja damit begnügt, es mit Absperrband zu umzäunen, aber das wurde natürlich gleich weggerissen, so dass sie jetzt einen mobilen Zaun gebaut haben. Sie haben den ganzen Nachmittag dafür gebraucht, aber letzte Nacht wurde auch der wieder weggerissen, und jetzt müssen sie wohl Wachen abstellen, um Sabotage zu vermeiden.«
Sie hatten das Ende des Feldes erreicht. Ein mit niedrigen Haseln und Schlehdorn bewachsener Steinwall trennte sie von der Wiese, die hinunter zum See führte. Beide schoben sich durch die Hecke. Unten an dem stillen, regengrauen See entfaltete sich der Herbstwald in all seinen Farben. Erik Mørk blieb auf dem Wall stehen und genoss den Anblick.
»Es muss toll sein, hier zu wohnen.«
Begeistert sprang er hinunter und wollte durch die Wiese laufen. Doch der Bauer hielt ihn auf, das matschige Gelände war unwegsam.
»Auf jeden Fall besser als im
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