Schweinehunde / Roman
und Kulturdirektor, Kommunaldirektor oder Bürgermeister.«
Poul Troulsen leierte die Hierarchie herunter, die ihm der Direktor genannt hatte. Die Frau am Empfang des Gentofter Rathauses schien die Auswahl nicht weiter zu stören. Sie bearbeitete ihre Tastatur und starrte dann auf den Bildschirm.
»Es wird dann vielleicht der Jugendamtsleiter und Kulturdirektor werden, worum geht es, was darf ich melden?«
Sie betonte das Wort
vielleicht.
Er zeigte ihr seinen Polizeiausweis, den sie übertrieben lange misstrauisch studierte, bis sie sich endlich entschloss, ihn für echt zu halten. Danach reichte sie ihm eine kleine Karte mit einer Büronummer, bevor sie ihm mit einem langen lilafarbenen Fingernagel die Richtung wies. Er ging, ohne sich zu bedanken.
Der Kulturdirektor war ein kleiner Mann mit gelecktem, farblosem Äußeren und einem Händedruck, der schlaff und klebrig war wie ein Hefeteig. Sein Gast bekam einen Platz auf der anderen Seite seines Schreibtisches zugewiesen und musste brav warten, während er penibel seine Papiere wegräumte. Schließlich stemmte er die Ellenbogen auf die Tischplatte und legte das Kinn auf die Fingerspitzen. Er hatte auf Empfang geschaltet.
Poul Troulsen brachte sein Anliegen kurz und bündig vor. Sein Gegenüber nickte währenddessen nachdenklich, als wäre der Fall schwierig und seine Lösung nur wenigen Auserwählten vorbehalten. Er nickte auch noch, nachdem Troulsen zum Ende gekommen war, und kommentierte das Anliegen dann mit einem ebenso polierten wie unverständlichen Wortschwall.
Inmitten seiner Rede klingelte Poul Troulsens Handy. Um den Direktor zu verärgern, nahm er das Gespräch entgegen. Das alles spielte aber keine Rolle mehr, denn die Frau, die er suchte, war am Telefon. Die Schulsekretärin war heimlich ins Archiv gegangen und hatte sich nützlich gemacht. Die Frau bestätigte ihren Besuch in dem Kiosk in Bagsværd und war sogar bereit, ihn in einer Stunde zu empfangen. Besser hätte es kaum laufen können. Er notierte sich Namen und Adresse und beendete das Gespräch.
Obwohl die Unterbrechung weniger als eine Minute gedauert hatte, hatte sich alles verändert. Sein Anliegen war mit einem Mal überflüssig geworden, und er ermahnte sich, zu gehen. Er wusste, dass er zu alt für solche Hahnenkämpfe war, blieb aber trotzdem sitzen.
Der Kulturdirektor hatte seine Vorlesung während des Telefonats unterbrochen, ohne seine Haltung zu ändern. Kaum dass Poul Troulsen wieder empfangsbereit war, dozierte er weiter.
»Aber wie gesagt, ich bin kein Jurist, es ist also möglich, dass es Aspekte dieses Falls gibt, die ich im Moment nicht zu überblicken in der Lage bin …«
Poul Troulsen kam direkt auf den Punkt: »Sie wollen mir also nicht helfen?« Sein Tonfall war unverschämt und schroff. Wieder meldete sich seine innere Stimme und riet ihm, sich zusammenzureißen und am besten einfach zu gehen. Es half wie ein Heftpflaster bei Heuschnupfen.
»Diese Schlussfolgerung ist ganz und gar nicht korrekt, Kommissar Troulsen, jetzt werfen Sie etwas durcheinander. Ihre Anfrage wird natürlich gründlich und wohlgesinnt abgewogen werden.«
»Und wann, glauben Sie, eine Entscheidung treffen zu können?«
»Das kann möglicherweise recht schnell gehen. Es ist außerordentlich wichtig, dass das Schulwesen der Gemeinde Gentofte als glaubwürdiger Partner gegenüber den anderen öffentlichen Behörden auftritt, insbesondere gegenüber der Polizei.«
»Recht schnell, das heißt?«
»Ich möchte mich ungern auf einen Zeitrahmen festlegen.«
Seine Mundwinkel zogen sich einen Millimeter nach oben. Es sollte allem Anschein nach ein Lächeln sein. Als Poul Troulsen erkannte, dass der Mann das Gespräch genoss, stand er auf.
»Ich könnte darauf wetten, dass Sie früher eines dieser Kinder waren, die bei einer Prügelei auf dem Schulhof in die am weitesten entfernte Ecke verschwunden sind.«
»Wie bitte?«
»Ich sage, dass Sie immer eine Scheißangst vor Prügeleien hatten, haben Sie eigentlich einmal Bekanntschaft mit Polizeigewalt gemacht?«
Der Gedanke an körperliche Züchtigung ließ das Selbstvertrauen aus dem Mann entweichen wie die Luft aus einem punktierten Wasserball. Entsetzt verschränkte er die Arme vor seiner Brust, während seine Stimme gleich mehrere Oktaven höher wurde.
»Sagen Sie mal, drohen Sie mir?«
»Genau das tue ich, ja. Wenn Ihnen etwas an Ihrer Nase liegt, sollten Sie jetzt still sitzen bleiben.«
Der Mann gehorchte. Kleine Schweißperlen
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