Schweinehunde / Roman
»›Anticop pages?‹ Was meinst du denn damit?«
»Sagt mal, kriegt ihr überhaupt mit, was hier abläuft?« Die Worte waren ihm einfach so rausgerutscht; und er bereute sie bereits und entschuldigte sich mit rotem Kopf. »Sorry, das meinte ich nicht so. Natürlich kriegt ihr das mit. All das, was …«
»Nein, Malte, ich fürchte, wir haben das nicht mitbekommen, aber das sollten wir wohl. Kannst du uns kurz aufklären?«
»Ja, also, eine Webseite heißt Pranger.dk und eine andere sechssiebensiebzehn.com, und natürlich die von dem Typen, der in der Zeitung annonciert hat, dass er als Kind missbraucht worden ist. Der hat mit Abstand die größte Seite. WirHassenSie.dk.«
Er hielt inne. Mündliche Vorträge lagen ihm noch immer nicht. Pauline Berg gab ihm ein Stichwort.
»Was machen die, Malte? Sag uns ein bisschen mehr darüber.«
»Also, man kann sich da als Unterstützer melden, ihre Hauptforderung ist, dass es strafbar ist … also Kindern so etwas anzutun.«
Er wurde rot und kam wieder ins Stocken. Pauline Berg hätte am liebsten seine Hand genommen. Nach einer kurzen Pause fing er sich aber wieder.
»Also, ich meine richtig strafbar. Wie in den USA, wo das wirklich rigide verfolgt wird.«
»Malte, was machen diese Seiten sonst noch?«, fragte die Comtesse.
»Das weiß ich leider auch nicht.«
Arne Pedersen stand in der Tür. Er hielt eine Reihe von Ausdrucken in der Hand, und aus seinem Gesicht sprach der pure Ernst.
»Sie sorgen dafür, dass Menschen, die sich nicht verteidigen können, verprügelt oder in den Tod getrieben werden. Dreiundzwanzig Fälle, über das ganze Land verteilt. Von Gedser bis Skagen, und das wirklich im wahrsten Sinne des Wortes.«
Er warf die Papiere auf den Tisch, und die anderen beugten sich vor und lasen. Anschließend herrschte langes Schweigen, bis Malte Brorup sagte: »Ich kann diese Seiten aus dem Netz bomben, wenn ihr …«
Pauline Berg legte ihm die Hand auf den Mund, und er wurde noch roter als zuvor. Konrad Simonsens Handy klingelte.
Er meldete sich schroff und hörte einen Moment zu. Als er die Verbindung beendete, hofften alle, dass er nicht weitere schlechte Nachrichten hatte. Das eine Mal wurde ihre Hoffnung erhört.
»Troulsen hat die Frau in Rot gefunden, und es sieht vielversprechend aus. Sie sind auf dem Weg hierher.«
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51
D ie Besitzerin der Zeitarbeitervermittlung erwies sich als eine freundliche Frau. Bereits bevor er sie sah, wusste Poul Troulsen, dass sie Ende zwanzig war. Alle anderen Vorstellungen, die er sich von ihr gemacht hatte, hätten aber falscher nicht sein können. Sein Bild von einer effektiven, selbstbewussten Karrierefrau musste dem einer entgegenkommenden, etwas übergewichtigen Frau weichen, die nicht viel Wert auf ihr Äußeres oder die Einrichtung ihrer Firma legte. Sie führte ihn in ein Sitzungszimmer, das eher an einen Warteraum als ein Konferenzzimmer erinnerte, und servierte ihm, ohne zu fragen, lauwarmen Kaffee in einem Plastikbecher. Er bedankte sich und trank höflich einen Schluck. Der Kaffee schmeckte schrecklich.
»Wie Sie wissen, geht es um Helene Clausens Gymnasialzeit. Wenn ich richtig informiert bin, waren Sie damals eines der Mädchen, das ziemlich gut Bescheid wusste, was in der Klasse vor sich ging.«
»Das kann man wohl sagen. Ich war ein ziemliches Aas, um es mal nett auszudrücken. Auch heute noch hassen mich einige, wenn wir uns bei den Klassentreffen begegnen, und eigentlich kann ich das ganz gut verstehen. Sonderlich anziehend war ich damals nicht gerade, aber Sie haben recht, Bescheid wusste ich.«
»Und Sie waren ein Jahr lang mit Helene Clausen in einer Klasse?«
»Ja, bis sie ertrunken ist, aber ich erinnere mich nicht sonderlich gut an sie. Ich musste richtig nachdenken, um wieder ein Bild von ihr vor Augen zu haben. Ich weiß noch, dass ich ziemlich auf der Hut war, als ich sie das erste Mal sah. Sie war ja nicht nur hübsch, sondern auch noch klug, so dass ich in ihr natürlich gleich eine potenzielle Rivalin gesehen habe.«
Sie schüttelte über sich selbst den Kopf.
»Tja, so war ich eben leider. Ich musste mir diesbezüglich aber keine Sorgen machen. Helene war nicht sozial veranlagt, und ich habe ihr später nicht mehr viel Aufmerksamkeit geschenkt. An ihren Tod erinnere ich mich hingegen noch sehr gut. Wir haben alle brav geweint, sie dann aber schnell vergessen.«
»Ich habe ein Bild von ihr, wenn Ihnen das hilft.«
»Nein, egal, im Grunde ist es mir lieber so. Also,
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