Schweinehunde / Roman
zurückzukommen.«
Konrad Simonsen starrte nachdenklich vor sich hin. Dann sagte er: »Was hat dich hierher gebracht?«
»Die Morde an den Brüdern waren irgendwie persönlich. Sie waren der Ausgangspunkt. Wenn man lange genug nachdenkt, dann schimmert irgendwann die Wahrheit durch. Wie ein gefallener Engel, der eines Nachts auf deiner Türschwelle steht und deinen Geist erleuchtet. Und wenn die Puzzleteile erst zueinanderpassen, macht vieles Sinn.«
Für Konrad Simonsen klang das reichlich hochtrabend, wenn nicht kryptisch.
»Kannst du ein bisschen konkreter werden?«
»Deshalb musste unser Imbissbudenmeister nach seinem Tod partout fünf Tonnen Rotbuche auf den Kopf bekommen. Unser guter Andreas wollte sich aus dem Baum erheben, der seinen Peiniger zu Fall gebracht hatte. Und sein großer Bruder hatte die Ehre, in der Mitte erhängt zu werden und vorher noch zuzuschauen, wie seine Reisegefährten abgeschlachtet wurden.«
»Andreas Linke, du kennst seinen Namen. Hast du einen Blick ins Kirchenbuch geworfen?«
Kasper Planck klopfte auf seine Manteltasche.
»Katrine, das ist die aus dem Laden, hat mir eine Kopie gemacht. Ich gehe aber davon aus, dass deine elektronischen Hirne inzwischen auch auf diesen Namen gekommen sind. Wo wohnt er? Du wirst ihn jetzt doch wohl verhaften?«
Konrad Simonsen zögerte. Sie gingen zurück in Richtung Dorf. Dann sagte er: »So leicht ist das nicht. Die Einwohnermeldebehörde behauptet, dass er vor anderthalb Jahren ausgewandert sei, und wenn ich eine Fahndung rausgebe, riskiere ich den Widerstand der Öffentlichkeit. Ich glaube, ich behalte den Namen noch eine Weile für mich und warte ab, ob deine Idee mit dem
Dagbladet
Früchte trägt. Wenn das klappt, kann ich ihn mir klammheimlich schnappen.«
Kasper Planck blieb stehen und sah seinen früheren Mitarbeiter misstrauisch an.
»Pass auf, Konrad. Wir haben beide schon solche Situationen erlebt. Du bewegst dich auf dünnem Eis. Du hast ihn noch nicht, und deine Erklärungen hören sich höchst vage an.«
»Nur ein paar Tage.«
Kasper Planck schüttelte den Kopf.
»Es geht immer nur um ein paar Tage.«
»Ich
werde
ihn kriegen. Er wird nicht einfach so davonkommen, nicht bei einem sechsfachen Mord, und die anderen auch nicht.«
»Nein, das werden sie nicht.«
»Wenn ich kein Geständnis kriege, und zwar mit ein paar Details, die nur wir und der Täter kennen, riskieren wir, dass wir mit leeren Händen dastehen. Der Staatsanwalt hat mich nur ausgelacht, als ich den Haftbefehl gegen Stig Åge Thorsen auch nur ins Gespräch gebracht habe. Und Erik Mørk ist noch weiter von einer Verhaftung entfernt.«
»Ja, es ist nicht leicht, in einem Rechtsstaat zu leben, aber die werden schon noch an den Pranger gestellt werden, und das weißt du auch. Das ist alles nur eine Frage der Zeit.«
»Dieser
Kletterer
muss auch zur Verantwortung gezogen werden, er darf auf keinen Fall auf freiem Fuß bleiben.«
»Natürlich nicht, das will ich damit auch gar nicht sagen. Ich meine nur, dass es um dich geht, nicht um ihn.«
Konrad Simonsen steckte sich ein paar Lakritze in den Mund. Sie gingen ein paar Schritte weiter, und der alte Mann sagte: »Wenn ich dein Chef wäre, hätte ich dir den Fall entzogen und dich nach Hause geschickt.«
Als Antwort bekam er nur ein Kopfschütteln.
»Du bist nicht wie die, Konrad.«
»Nein, natürlich nicht. Warum sagst du das?«
»Lass dieses Getue. Meinst du, du kannst die vierzehn versäumten Jahre mit Anna Mia dadurch kompensieren, dass du dich jetzt wie Popeye aufführst?«
»Woher willst du denn wissen, wie ich mich aufführe?«
»Du warst immer schon wie ein offenes Buch, auch wenn du dir das Gegenteil einbildest. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Wichtig ist bloß, dass du einsiehst, dass du nicht so bist wie die. So einfach ist das. Denk darüber nach.«
Konrad Simonsen blieb stehen und spuckte sein halb aufgelösten Lakritz auf den Waldboden. Dann sah er kopfschüttelnd seinen alten Chef an. Was wusste dieser kinderlose Greis denn davon, wie es war, Vater zu sein?
Kasper Planck wechselte das Thema: »Wie lief das Interview?«
»Wider Erwarten sehr gut. Anni Staal hat den Köder ohne Widerrede geschluckt, und Anita Dahlgren hat den Artikel schon bei mir abgeholt. Sie will heute Abend in Erik Mørks Firma fahren und mitten in diese sogenannte Online-Sendung mit Stig Åge Thorsen platzen. Du wirst schon sehen, damit werden wir die Truppe ordentlich aufmischen.«
»Pass bloß auf sie auf, du
Weitere Kostenlose Bücher