Schweinehunde / Roman
darfst nicht vergessen, dass das Mörder sind.«
»Sie wird bewacht wie ein Goldschatz, bis sie wieder zurück in der
Dagbladet
-Redaktion ist, und anschließend fährt sie mit Malte auf Staatskosten aufs Land. Auch da werden drei Beamte auf sie aufpassen. Pauline Berg ist dabei, aber eigentlich fährt sie nur mit, weil ich sie aus der Schusslinie haben will. Es gibt wirklich keinen Grund dafür, auch ihre Karriere aufs Spiel zu setzen, es reicht schon, wenn wir das tun.«
Kasper Planck nickte zufrieden und fragte: »Denkst du, es ist ein Zufall, dass Andreas
Kletterer
Linke – oder wie immer wir ihn nennen – seine Brötchen mit dem Fällen von Bäumen verdient?«
»Tut er das denn?«
»Ja, er hat in Deutschland eine Waldarbeiterlehre gemacht, Katrine aus dem Laden hat ihn mal in Odense getroffen, da hat er ihr das erzählt.«
»Ich bin kein Psychologe.«
»Was heißt das denn? Ich habe dir doch mal eine Fortbildungsreihe über Kriminalität und Psyche genehmigt! Da musst du doch irgendetwas gelernt haben, sonst hätten wir das Geld ja gleich aus dem Fenster werfen können.«
Kasper Planck lachte übertrieben über seinen eigenen Witz und wehrte Simonsens Hilfe beim Überqueren des Grabens ab, der den Wald von dem Weg ins Dorf trennte.
Konrad Simonsen lachte nicht.
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69
S tig Åge Thorsen saß in Erik Mørks Firma in Rødovre südlich von Kopenhagen und wurde immer wütender. Er war wie abgesprochen fast drei Stunden vor Beginn der Online-Sendung gekommen, doch nachdem er bei einer langweiligen Vorstellungsrunde mit einer Unzahl von fremden Menschen bekannt gemacht worden war, die er gleich wieder vergessen hatte, hatte man ihn in einen Konferenzraum verfrachtet und zum Warten verdonnert. Es stank nach Reinigungsmitteln, und er fühlte sich unwohl und fehl am Platz. Ein Gefühl, das sich mit jeder Minute, die verging, verstärkte.
Nach langer Zeit kam sein Freund endlich. Er brachte ein Tablett mit sechs Sandwichs mit und nahm gehetzt Platz.
»Entschuldige, Stig Åge, es tut mir leid, dass du so lange warten musstest, aber es ist etwas dazwischengekommen.«
Stig Åge Thorsen murmelte etwas Unverständliches und zwang sich zu einem höflichen Lächeln. Erik Mørk setzte sich und nahm sich achtlos ein Sandwich, er sah nicht gerade aus wie ein Mann, der den Überblick hatte.
»Vielleicht solltest du dich ein bisschen entspannen, Erik.«
Erik Mørk lockerte seinen Schlips und versuchte den Rat seines Freundes zu befolgen.
»Du hast recht, aber das alles ist einfach schrecklich hektisch, ich habe nie zuvor so viel gearbeitet. Hast du gestern und heute die Medienberichterstattung verfolgt?«
»Wenn du diese Gymnasiastin meinst, sie war echt überzeugend, ich musste fast weinen.«
»Sie war gut, daran besteht kein Zweifel, nein, ich dachte eher an dich. Alle scheinen auf das Interview mit dir zu warten. Fünf lokale Fernsehsender wollen es live übertragen, ergänzt durch unsere Studiokommentare, wenn du verstehst. Das ist nur eine Sache, an der wir in den letzten Tagen hart gearbeitet haben.«
»Was passiert nach dem Interview?«
Erik Mørk klang überrascht.
»Nach dem Interview? Na ja, morgen ist die Demonstration vor dem Schloss Christiansborg und auch noch an ein paar anderen Orten. Mitten im Interview konfrontieren wir die Zuschauer mit einer Auflistung unserer Forderungen und unserer Parole. Und dabei geben wir natürlich auch an, wo wann welche Demonstration stattfindet. Darum geht es uns ja eigentlich. Wir nutzen das Medieninteresse an dir, um die gesamte Bevölkerung mit einem Schlag zu mobilisieren, und sichern unserem Anliegen damit weitestmögliche Verbreitung. Morgen ergänzen wir das dann mit ganzseitigen Anzeigen in allen großen Tageszeitungen. Mit der Gymnasiastin als Blickfang. Ich zeig dir nachher noch einen Vorabdruck, das sieht wirklich super aus, wenn ich das mal so sagen darf.«
»Moment, Moment mal. Unsere Forderungen …?«
Aber Erik Mørk war kaum zu stoppen. Zu wenig Schlaf und reichlich Adrenalin hatten ihre Spuren hinterlassen und trieben ihn wie manisch an.
»Wir haben massive Lobbyarbeit bei fast hundert Parlamentsabgeordneten betrieben. In den Parteien kocht es, und mein letzter politischer Bericht besagt, dass inzwischen ganz offen über das Pädophiliepaket debattiert wird. Der Druck der Basis, Thor Grans hemmungslose Gier, die Gewalt und nicht zuletzt die Gymnasiastin, die von der kleinsten Hütte bis zum Schloss jeden erreicht hat, haben uns den Weg
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