Schweinehunde / Roman
geebnet. Weißt du eigentlich was fünfzig Prozent USA ist?«
»Keine Ahnung, aber du hast meine Frage nicht beantwortet …«
»Ein halb so hohes Strafmaß wie in den USA, was für uns hier einem Quantensprung gleichkäme. Unsere Unterstützung im Web ist phantastisch. Wenn ich in einer Rundmail um fünfhundert lila Kekse für eine Bürgerversammlung in Thisted bitte, dauert es weniger als …«
Stig Åge Thorsen schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Jetzt halt mal den Mund, Erik, und hör mir zur Abwechslung zu!«
Erik Mørk schwieg.
»Erstens, was meinst du mit
unsere Forderungen?
Ich dachte, wir wären uns in der Gruppe seit Monaten über die Forderungen einig gewesen. Sag mir bloß nicht, dass ihr daran etwas geändert habt!«
»Nein, nein, wir haben da nur ein bisschen System reingebracht.«
»Erzähl.«
»Also, unsere Forderungen betreffen drei Punkte. Erstens fordern wir strengere Strafen und die Aufhebung der Verjährungsfristen. Zweitens sollen vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden, indem Geld für einen kommunalen Bereitschaftsdienst eingesetzt und Kurse für Lehrer und Erzieher abgehalten werden, und drittes, wenn doch Menschen zu Schaden kommen, müssen die Opfer betreut werden und kostenfreie psychologische Hilfe erhalten.«
Damit war Stig Åge Thorsen einverstanden. Das war im Großen und Ganzen das, worauf sie sich verständigt hatten.
»Parole, wie lautet die Parole?«
»Schluss mit der Gewalt, verschärft das Gesetz! Das wird morgen der einzige Slogan sein, und es werden keine Reden gehalten werden oder andere Aktivitäten stattfinden. Dafür sollen sich die Leute ruhig verhalten, bis die Politiker mit der Arbeit für einen Gesetzesvorschlag begonnen haben.«
»Gut, und jetzt klingst du wieder normal, wunderbar. Du musst mich aber noch in aller Ruhe auf das Interview vorbereiten.«
»Wir haben eine Medienfachfrau hinzugezogen. Sie liest dir die Fragen vor, und du antwortest mündlich, bevor sie die Antworten eintippt und damit an alle weitergibt, die zugeschaltet sind. Das geht schneller, als wenn du selbst die Antworten aufschreiben würdest. Die Menschen, die mit ihren Fragen durchkommen, erhalten in der Regel auch die Gelegenheit, ein oder zwei weiterführende Fragen zu stellen, damit jeweils ein kurzer Dialog entstehen kann. Wie weit ihr darauf eingehen wollt, entscheidest du gemeinsam mit dieser Frau. Im Grunde funktioniert das wie im Radio, wenn ein Hörer in der Leitung ist, abgesehen von einem zusätzlichen Filter.«
»Das klingt ja alles ziemlich einfach.«
»Es ist einfach, und du entscheidest natürlich selbst, welche Antwort du geben willst. Die Medienfrau hilft dir, so gut sie kann, und warnt dich, wenn du dich aufs Glatteis begibst.«
»Ausgezeichnet.«
»Ich werde als Einziger mit dabei sein, aber ich mische mich nicht ein, ich bin nur eine Art Sicherheit. Hast du noch Fragen?«
»Nein, alles klar so weit.«
Erik Mørk lächelte.
»Soll ich dir den Vorabdruck unserer Anzeige holen?«
»Ja, gerne.«
Er stand auf und ging, und Stig Åge Thorsen war wieder allein.
Ein paar Stunden später begann das Online-Interview. Alles ging gut. Stig Åge Thorsen war bei der ersten Frage nervös, aber anschließend funktionierte die Zusammenarbeit mit der Medienfrau gut. Hin und wieder informierte Erik Mørk sie, wie viele Menschen das Interview im Internet verfolgten. Seine Stimme klang triumphierend, sie hatten zeitgleich an die zweihundertachtzigtausend Besucher auf ihrer Seite. Die Medienfachfrau las vom Bildschirm ab: »Nachfrage:
Sympathisieren Sie damit, dass er fünf Menschen umgebracht hat?
Vorschlag:
Sympathisieren Sie damit, dass er fünf Pädophile umgebracht hat?
«
Stig Åge Thorsen nickte.
»Ja, das tue ich.«
»Vorschlag:
Ich sympathisiere mit seinem Kampf gegen Pädophile.
«
»Das ist gut.«
Die Medienfachfrau tippte in Windeseile etwas in ihren Computer, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde. Alle drei Anwesenden drehten sich um. Eine Handvoll Mitarbeiter drängte sich in das Studio, angeführt von einer Frau, die mit todernster Miene auf Erik Mørk deutete.
»Erik, Sie müssen mal kommen. Wir haben ein Riesenproblem.«
Erik Mørk begleitete sie nach draußen. Er war überzeugt davon, dass die Polizei gekommen war, um ihn abzuholen. In seinem Büro wartete aber eine junge Frau auf ihn.
»Das ist Anita Dahlgren, sie ist Volontärin beim
Dagbladet.
Lies das hier mal.«
Sie drückte Mørk einen Stapel Fotokopien in die Hand. Auf
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