Schweinehunde / Roman
Königreich verwiesen hätte – schauderte. Der Anblick des Gesichts und der Flaggen brachte sie irgendwie dazu, sich unrein zu fühlen, dabei wusste sie weder, wer der Mann, noch, was gesprochen worden war. Halbherzig sah sie sich nach ihrem Kopfhörer um, musste aber feststellen, dass ihn sich mal wieder irgendjemand genommen hatte, so dass sie ihr Vorhaben aufgab. Die Mail, mit der sie die Videosequenz erhalten hatte, stammte von einem anonymen Absender: Die Webadresse
Chelsea
half ihr nicht wirklich weiter. Anonyme Nachrichten waren nichts Neues für sie, sie bekam täglich mehrere davon und sollte damit eigentlich nicht ihre Zeit vergeuden.
Das Telefon klingelte. Sie nahm den Hörer ab und lächelte, als sie die Stimme erkannte. Kurz darauf sagte sie knapp: »Natürlich erinnere ich mich an Kasper Planck, und das wäre ein Knaller, du kriegst zweitausend, wenn wir ihn morgen exklusiv haben.«
Sie hörte einen Moment zu und sagte dann: »Okay, sagen wir zweitausenfünfhundert, aber kurz noch was anderes – Arne Pedersen, du weißt schon, die rechte Hand von Konrad Simonsen, soll Spielschulden haben. Weißt du etwas dar-über?«
Wieder hörte sie zu. Dieses Mal kam ihre Antwort aber schneller: »Verstehe, verstehe. Was diesen Kasper Planck angeht – glaubst du, dass ich Konrad Simonsen oder womöglich Planck selbst einen Kommentar entlocken kann?«
Während sie die Antwort erhielt, löschte sie die Mail und öffnete die nächste. Sie klickte sich durch zwei weitere, bevor sie das Gespräch beendete.
»Ich denke, ich habe genau die richtige kleine Lolita-Anita für diesen Job. Das Mädchen hat so viel Moral, dass sie besser Pastorin als Journalistin werden sollte, deine beiden Kriterien sollten also erfüllt sein. Und bitte, ruf so schnell wie möglich wieder zurück.«
Sie legte den Hörer auf und rief in die Redaktionsräume.
»Anita!«
[home]
13
D as Rechtsmedizinische Institut in Kopenhagen war alles andere als ein charmanter Ort, und obgleich Konrad Simonsen über die Jahre häufig dort gewesen war, fühlte er noch immer eine gewisse Befreiung, wenn er wieder gehen durfte. Vielleicht lag das an dem allgegenwärtigen Geruch von Rodalon, der im Rachen brannte und sich stechend auf die Schleimhäute der Nase legte, trotzdem aber die dumpfe, schwere Luft nicht vollständig verdrängen konnte. Vielleicht belastete ihn auch das seltsame Nebeneinander von hypermodernen Apparaten und den ergrauten, seit ewigen Zeiten in Spiritus dümpelnden Organen. Das Institut war eine in sich geschlossene Welt, in der sich nur die Eingeweihten zurechtfanden, zu denen er trotz allem nicht gehörte.
Arthur Elvang ging die vorläufigen Obduktionsergebnisse durch und schrieb die Tafel bereits zum vierten Mal voll. Konrad Simonsen sah zu Arne Pedersen und Pauline Berg hinüber, die neben ihm saßen und konzentriert dem Vortrag des Professors lauschten. Im Gegensatz zum Leiter der Kriminaltechnik, der auf der anderen Seite neben ihm saß und schlief. Er hieß Kurt Melsing und wurde allseits respektiert für seine Kompetenz, außerdem war er im Vergleich mit dem Professor ein angenehmer Mensch. Manchmal nickte er mit dem Kopf, gab ein leises Schnarchen von sich und wachte für einen kurzen Augenblick auf, ehe er wieder eindöste. Er hatte die Nacht durchgearbeitet, so dass niemand etwas dagegen hatte, dass er sich eine Auszeit nahm.
Die Darlegungen des Professors dauerten jetzt schon eine Stunde, und nichts deutete darauf hin, dass Arthur Elvang sich dem Ende näherte. Dabei halfen die Äußerungen, die er bisher gemacht hatte, den Ermittlungen kaum weiter. Die Dauer seiner Ausführungen war in erster Linie auf die hohe Anzahl der Toten zurückzuführen, und nur einige wenige Informationen waren für sie wirklich von Nutzen. So war der Zeitpunkt des Todes endlich festgelegt worden, Mittwoch zwischen 12.30 Uhr und 14.00 Uhr, und auch die Todesursache schien geklärt zu sein.
Vier der Männer waren erhängt worden, während man den letzten stranguliert hatte. Vermutlich war dieser mit der Schlinge um den Hals ohnmächtig geworden. Leider gab es keinerlei Hinweise auf die Identität der Toten, und auch eventuelle gemeinsame physische Kennzeichen fehlten. Das Alter der Personen lag in etwa zwischen fünfundvierzig und fünfundsechzig Jahren, und die Muskelmasse von zweien der Opfer deutete auf regelmäßige physische Aktivität und somit auf körperliche Arbeit hin, was für die drei anderen Toten nicht galt.
Aber einen
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