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Schweinehunde / Roman

Schweinehunde / Roman

Titel: Schweinehunde / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte & Søren HAMMER
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manchmal sogar mit einer Beule am Hinterkopf.
    Das letzte Fenster im zweiten Stock des gelben Blocks war das seiner Mutter. Von dort hatte sie ihn morgens verabschiedet, wenn er zur Schule ging, und ihn abends hereingerufen, wenn er ins Bett gehen sollte.
    Lange hatte er gedankenversunken auf das Fenster gestarrt, auf den Himmel, der sich im Glas spiegelte, ehe er still kehrtgemacht und sich zu seinem Ausgangspunkt zurückbegeben hatte.
     
    Jetzt war er also am Ende des Weges.
    Er nahm seinen Gürtel und zog ihn über seinem linken Oberarm straff, so dass seine Venen deutlich hervortraten. Aus einer Innentasche holte er die Injektionsnadel hervor, setzte sie auf die Kanüle und zog zwei Ampullen auf. Trotz der Dunkelheit glitt die Nadel zwischen Daumen und Zeigefinger leicht in die Vene. Ruhig drückte er den Kolben nach unten, lockerte den Gürtel und schloss die Augen.
    Etwas irritiert nahm er wahr, dass jemand den Raum betrat. Er wunderte sich, dass er die Tür sehen konnte, obwohl er in den Kissen begraben lag. Dann hörte er ihre Stimme und vergaß alles andere. Sie trug den schönen, weißen Faltenrock, den er ihr gekauft hatte, als sie sechs geworden war. Wie sehr er diesen Rock geliebt hatte! Strahlend, gesund und glücklich stand sie vor ihm. Er spürte die Tränen über seine Wangen laufen, als sie die Arme ausbreitete und die letzten Meter auf ihn zurannte. Viele, viele Jahre war sie fort gewesen, jetzt endlich konnte er seine kleine, geliebte Tochter wieder umarmen.

[home]
20
    A lma Clausen war von ihrem Gast schon von vornherein in eine bestimmte Schublade gesteckt worden. Witwe eines Bauern, Frau Mitte fünfzig, fromm und aus Tarm – alles Daten und Informationen, die in Poul Troulsens Augen schwer nach Maßhaltung, aufgewärmter Fertigsoße und Beschränktheit rochen und reichlich Raum für intellektuelle Verbesserungen boten.
    Seine Erwartungen stellten sich aber gleich als falsch heraus, denn Alma Clausen war ein freundliches, etwas unscheinbares Wesen von kleiner Statur und mit einem Kleiderstil, den er am ehesten mit mausgrau beschreiben würde. Ihre Wohnung war bescheiden und langweilig. Eine großblumige Tapete, gestickte Klingelzüge und ein Regal mit Porzellanfiguren aus Salzburg; leberwurstfarbene Mittelmäßigkeit. Erst peinlich spät, als er sie – langsam und laut – nach ihrem Leben fragte, wurde Poul Troulsen bewusst, dass die kleine Frau ungeheuer scharfsinnig war.
    »Ich dachte, Sie hätten einen Bericht über mich bekommen. Haben Sie es noch nicht geschafft, ihn zu lesen?«
    Nicht geschafft
war nett ausgedrückt,
keine Lust gehabt
hätte die Umstände allerdings besser getroffen.
    »Wie kommen Sie darauf, wir hätten einen Bericht über Sie erstellt?«
    Ihre Antwort kam ohne jeden Sarkasmus: »Unter anderem weil ich gestern Abend eine ganze Stunde mit einem Kommissar aus Ringkøbing telefonieren musste, der diesen Bericht ausarbeiten sollte.«
    »Ich ziehe es vor, die Informationen direkt von Ihnen zu bekommen.«
    Er hörte selbst, wie dünn seine Erklärung klang. Sie warf einen musternden Blick auf seine Tasche, sah ihm in die Augen und entlarvte ihn wie ein Kind, das seine Hausaufgaben nicht gemacht hatte.
    »Die sind direkt von mir. Jetzt mache ich uns erst einmal etwas zu essen. Ich bringe Ihnen eine Tasse Kaffee, während Sie lesen.«
    Genau so geschah es.
    Alma Clausen schloss ihr Studium der theoretischen Physik 1972 an der Universität von Kopenhagen ab und bekam danach eine Anstellung am Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen. 1977 beendete sie erfolgreich ihre Doktorarbeit, gab dann im gleichen Jahr aber ihre akademische Karriere auf, um Bäuerin in Ådum zu werden. Sie und ihr Mann hatten das Glück, noch gemeinsam ihre Silberhochzeit feiern zu können. Nach dem Tod ihres Mannes verkaufte sie den Hof und zog nach Tarm. Danach aktualisierte sie ihr Fachwissen und unterrichtete nun via Internet an den Universitäten von Kopenhagen, Berlin und Stockholm. Kinder hatte sie keine.
    Kaum dass er den letzten Satz gelesen hatte, rief sie ihm aus der Küche zu: »Kommen Sie, und helfen Sie mir mit dem Salat, dann erzähle ich Ihnen von meiner Arbeit.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich davon etwas verstehe.«
    »Unsinn. Jeder versteht ein bisschen was davon, niemand aber alles bis ins letzte Detail. Das ist ja gerade das Interessante an der Physik.«
    Sie hatte recht, es war wirklich interessant, wie er Salat zupfend feststellen musste.
    Erst gegen neun Uhr abends kam er langsam

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