Schweinehunde / Roman
Identifizierung der Trauergäste erst einmal gestoppt.«
»Mit welcher Begründung?«
»Die bindet zu viele Ressourcen. Auf jeden Fall im Vergleich zu dem erwarteten Resultat. Außerdem müssen wir davon ausgehen, dass der Großteil der Trauergäste kaum zur Zusammenarbeit bereit sein wird. Aber das habe ich dir doch gestern schon gemailt.«
»Hm, ich hänge ein bisschen hinterher, was die Mails angeht, aber vermutlich hast du recht. Gibt es sonst noch was?«
»Nein, nichts Wichtiges.«
Das Gespräch war allem Anschein nach zu Ende, und Arne Pedersen hätte gehen können, tat es aber nicht. Stattdessen rutschte er verlegen auf seinem Stuhl herum und suchte händeringend nach den richtigen Worten.
Als die Pause langsam peinlich wurde, sagte Konrad Simonsen: »Komm schon, raus damit, Arne! Ich habe nicht alle Zeit der Welt, und du ja wohl auch nicht.«
»Nein, ich weiß … es ist nur … ich finde es immer ziemlich unangenehm, von dir zurechtgewiesen zu werden.«
»Mann, das ist doch der Sinn der Sache, es soll unangenehm sein, aber das ist doch jetzt Schnee von gestern. Um was geht es? Du willst doch wohl kein Mitleid?«
»Nein, natürlich nicht. Ganz und gar nicht. Ich dachte nur aus Rücksicht auf Pauline … ich meine, es war ja meine Schuld … also, ich war es, der sie dazu verleitet hat, in dieses Klassenzimmer zu gehen, in dem wir dann Per Clausen gefunden haben, und …«
Er kam ins Stocken.
»Und?«
Endlich kam es: »Und deshalb hoffe ich, dass du sie nicht auch noch maßregelst. Also, ich meine, lass es bei mir bewenden.«
Konrad Simonsen war noch gar nicht auf den Gedanken gekommen, auch Pauline Berg einen Rüffel zu erteilen. Jetzt zog er die Augenbrauen zusammen, blickte nach unten auf seine gefalteten Hände und nickte nachdenklich wie der strenge, aber gerechte Gottvater, der in diesem Falle ausnahmsweise Gnade vor Recht ergehen ließ. Als er aber aufblickte und Arne Pedersen sah, musste er lachen.
»Ich habe mich vorher x-mal gefragt, ob ich mit dir darüber sprechen soll oder nicht, und das reicht jetzt wirklich – Gleichstellung hin oder her. Wer sonst mit wem zusammen ist, ist mir eigentlich egal, sieht man mal davon ab, dass ich dir die klare Order gebe, Pauline anständig zu behandeln, denn ich mag sie wirklich gern. Im Gegensatz zu einigen anderen, auf die du dich im Laufe der Zeit gestürzt hast.«
Die Stimmung hatte mit einem Mal all ihre Schwere verloren, der Chef war weg, so dass sie jetzt von Mann zu Mann reden konnten.
Arne Pedersen sagte erleichtert: »Ich weiß doch selbst, was das für ein Chaos ist. Mit meiner Familie und meinen Kindern und alldem. Aber ich hab sie echt verdammt gern. Das ist, als hätte ich ein Geschenk bekommen, das ich gar nicht verdient habe.«
»Hm, wenn ich mich recht erinnere, hast du dir über die Jahre eine Reihe von Geschenken gegriffen, obwohl noch lange nicht Weihnachten war, und …«
Konrad Simonsen brachte den Satz nicht zu Ende. Plötzlich war ihm ein Gedanke gekommen. Auch er hatte kürzlich ein Geschenk bekommen, nämlich in Form eines Schachbuches, für das er sich noch gar nicht bedankt hatte. Ärgerlich schlug er mit der Hand auf den Tisch und errötete stärker, als gut war. Arne Pedersen fragte interessiert: »Was ist denn los? Erzähl schon!«
Die Aufforderung wurde nicht befolgt. Sein Chef zeigte zur Tür.
»Vergiss es! Das ist privat. Und jetzt raus mit dir!«
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35
D ie Frau im Treppenhaus schimpfte wütend: »Die Tür lässt sich nicht mehr schließen, das Schloss ist kaputt, so sehen Sie doch. Er hat mich gebeten, in seiner Abwesenheit aufzupassen. Als würde jemand für einen Einbruch in die sechste Etage hochsteigen. Aber ich habe trotzdem eingewilligt. Wegen der guten Nachbarschaft, und darüber bin ich jetzt froh. Zweimal war ich draußen auf dem Flur und habe nachgesehen. Als ich beim zweiten Mal Geräusche hörte, bin ich reingegangen, und da habe ich den Fernseher bemerkt. Er hat vergessen, sein Video auszuschalten. Gehen Sie mal rein und gucken Sie sich an, was sich Ihr Freund da so anschaut. Dieses Schwein.«
Sie zeigte auf die Tür. Einer der Männer protestierte halbherzig.
»So gut kennen wir ihn auch wieder nicht. Wir können doch nicht so ohne weiteres in seine Wohnung eindringen.«
»Sehen Sie sich seinen Film an, dann kommen Sie auf andere Gedanken. Und denken Sie doch auch an Angelina!«
Es zog plötzlich kräftig, und die Tür, vor der die Frau stand, öffnete sich, und ein Mädchen
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