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Schweinehunde / Roman

Schweinehunde / Roman

Titel: Schweinehunde / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte & Søren HAMMER
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Chefin zu den wenigen Menschen gehörte, die im wahrsten Sinne des Wortes in der Lage waren, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Sie redete deshalb weiter, als wäre nichts geschehen, und las immer wieder von ihren Notizen ab. Erst als sie ihre Chefin irgendwann genau ansah, erkannte sie, dass diese nicht zuhörte, sondern ungläubig auf ihren Computerbildschirm starrte.
    »Sagen Sie mal, hören Sie mir überhaupt zu?«
    Anni Staal wandte ihre Aufmerksamkeit für einen kurzen Moment wieder ihrer Kollegin zu und sagte abwesend, aber ehrlich: »Nein, das tue ich nicht. Haben Sie einen Ohrhörer?«
    »Sie meinen Kopfhörer?«
    Anita Dahlgren lächelte honigsüß.
    »Ja, genau. Wären Sie so freundlich, mir einen zu leihen?«
    Ihre freche Replik hatte bei ihrer Chefin nicht einmal zu einem Fauchen geführt, woraus Dahlgren schloss, dass eine der Mails wirklich überraschend sein musste. Anni Staals nächster Satz bestätigte ihre Annahme: »Halten Sie die Klappe.«
    Die Worte schienen an niemanden gerichtet zu sein, und Anita Dahlgren beugte sich zur Seite, um einen Blick auf den Bildschirm zu werfen. Es ging aber nicht. Anni Staal war zwar in Gedanken, bekam aber trotzdem mit, was um sie herum geschah. Blitzschnell drehte sie den Bildschirm weg, und dieses Mal fauchte sie.
     
    Anni Staals nächste Stunde war hektisch und gleichzeitig produktiv.
    Sie rief ihre neue Quelle bei der Kriminalpolizei an, wohl wissend, dass sie damit die Wut des Mannes auf sich zog, hatte sie ihm doch erst vor knapp zwei Tagen hoch und heilig versprechen müssen, dass die Kontaktaufnahme nur von ihm ausging und niemals umgekehrt. Eine Spielregel, die ihm sehr wichtig zu sein schien und die sie jetzt bereits bei der ersten Gelegenheit brach. So etwas war teuer. Sie würde ihm achttausend bieten müssen, einen Betrag, den sie in dieser Höhe nur selten an einen Informanten gezahlt hatte. Offiziell bezahlte die Zeitung für ihre Informationen nicht, aber fast alle Journalisten machten hin und wieder eine Ausnahme. Oft in Form von ein- oder zweihundert Kronen, die diskret den Besitzer wechselten und häufig in den untersten gesellschaftlichen Schichten landeten. Ein bisschen Schmiergeld, das später in die Fahrtkostenabrechnung Eingang fand. Dieses Mal hatte sie die Bagatellgrenze aber überschritten und musste den Betrag von ihrem eigenen Konto zahlen. Vorübergehend, hoffte sie, vorausgesetzt die Geschichte war keine Ente. Aber dieses Risiko musste sie eingehen, und im Gegensatz zu ihrer Quelle war sie alles andere als eine Spielerin.
    Anni Staal und Arne Pedersen trafen sich bei den Arkaden am Rathausplatz. Er gab ihr ein braunes Kuvert und erhielt dafür ein weißes, aber nur sie bedankte sich. Arne Pedersen ließ das Geld in seiner Innentasche verschwinden und sagte: »Es sind drei Bilder, zwei davon werden heute Abend veröffentlicht. Sie bezahlen für etwas, das Sie in ein paar Stunden gratis bekommen können.«
    Diese Information hatte er ihr auch schon am Telefon gegeben, weshalb Anni Staal in ihm eine ehrliche Haut sah, die sie nicht übers Ohr hauen wollte.
    »Ja, das ist mir klar. Denken Sie daran, mich anzurufen, wenn Sie weitere Namen haben, das ist bei der Summe mit drin.«
    »Ich rufe an, aber Sie nicht. Nie mehr.«
    Er drehte ihr den Rücken zu und ging, noch ehe sie ihm eine Antwort geben konnte.
     
    Als sie zurück in die Redaktion kam, hatte die IT-Abteilung wie gewünscht die Mail wiederhergestellt, die sie am Dienstag gelöscht hatte. Jetzt galt es zu vergleichen. Die Spannung ließ ihren Puls bedrohlich steigen. Fast auf den ersten Blick erkannte sie, dass drei der Männer in ihrer neuen Mail mit denen auf den Bildern aus dem Kuvert übereinstimmten. Ein Gesicht kannte sie bereits aus der ersten Mail. Sie hatte sich das Dienstagsvideo jetzt mit Ton angeschaut, was sie spontan zu der Aussage verleitete: »Tja, mit dir habe ich kein Mitleid! Du hast bekommen, was du verdienst, aber das darf man natürlich nicht laut sagen.«
    Der Kulturredakteur, der ihr gegenübersaß, blickte von seiner Zeitschrift auf und fragte freundlich: »Und warum tust du es dann, Anni?«
    Anni Staal schaltete ihren PC aus und steuerte das Büro des Chefredakteurs an. Sie musste ihr Glück probieren. Vielleicht hatte er ja einen Augenblick Zeit. Dem war nicht so. Die Sekretärin, die mit Argusaugen den Zugang zu ihrem Herrn und Meister bewachte, hielt sie erfolgreich zurück.
    Anni Staal nickte in Richtung der geschlossenen Tür am Raumende.
    »Wann

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