Schweinehunde / Roman
gebrochene Kiefer, und zahllose Schläge und Tritte an den verschiedensten Stellen, wenn ich nicht noch etwas vergessen habe. Dazu kommt noch die Verwüstung seiner Wohnung, die jetzt wie eine Müllkippe aussieht.«
Der Riese kämpfte mit den Tränen und vergaß den Anwalt.
»Wir wussten doch nicht, dass das gar nicht seine Filme waren.«
»Und wenn es seine gewesen wären? Wäre es dann in Ordnung gewesen, ihn so aufzumischen?«
»Wir können diese Leute nicht ausstehen.«
»Nein, diese Einstellung scheint derzeit ja ziemlich in Mode gekommen zu sein, aber vor dem Gesetz macht es keinen Unterschied, wem dieser famose Film gehörte. Es könnte hingegen von Bedeutung sein, dass Ihr malträtierter Freund Sie nicht anzeigen will. Er behauptet sogar, er könne Sie verstehen. Das muss wirklich ein außergewöhnlich toleranter Mensch sein.«
So etwas wie Hoffnung blitzte in den Augen des Mannes auf.
»Er will uns nicht anzeigen?«
»Anscheinend nicht, nein. Er hofft, dass er sich mit Ihnen auf eine anständige Entschädigung für seine zerstörte Wohnung einigen kann. Aber vergessen Sie das erst einmal, denn es hilft Ihnen nicht die Bohne, dass er Sie nicht anzeigen will, da ich das tun werde. Das heißt, offiziell macht das der Staatsanwalt, in Wahrheit folgt der aber nur meiner Empfehlung. Und soll ich Ihnen noch etwas verraten – für mich sind Sie und Ihr Bruder ein Schlägerkommando. Wir gehen von schwerer Körperverletzung aus, geplant und ausgeführt in der Wohnung des Opfers, was noch erschwerend hinzukommt. Ich tippe mal – und ich kann Ihnen sagen, dass ich in diesen Dingen Erfahrung habe – auf mindestens sechs Jahre Gefängnis ohne Bewährung, aber das entscheidet natürlich das Gericht. Vielleicht haben Sie aber auch Glück und kommen schon nach fünf frei.«
Diese Einschätzung war reichlich übertrieben. Sie ging aber zu Recht davon aus, dass der Mann sich mit den Gesetzen nicht so gut auskannte. Die in Aussicht gestellten sechs Jahre trafen ihn wie eine Keule am Kopf. Verwirrt flehend stammelte er: »Aber wenn er uns gar nicht anzeigt, warum sollen wir dann ins Gefängnis? Sie wissen doch, dass das ein Unfall war. Wir sind keine Gewalttäter.«
»Wenn Sie keine Gewalttäter sind, wer denn dann?«
Sie stand auf und trat hinter ihn. Zufrieden mit dem bisherigen Verlauf.
»Warum ich Anklage gegen Sie erheben will? Eigentlich sollte ich jetzt etwas über Ihr Rechtsbewusstsein sagen, über Gerechtigkeit, Selbstjustiz und so etwas, aber ehrlich gesagt stimmt das alles nicht. Eigentlich zeige ich Sie an, weil ich schlechte Laune habe.«
»Weil Sie schlechte Laune haben?«
»Genau! Wenn meine Laune am Boden ist, werde ich unangenehm. Wenn es mir nicht gutgeht, soll es den anderen auch nicht gutgehen. Das ist natürlich völliger Blödsinn und total ungerecht, aber so ist nun mal das Leben, außerdem ist es ja auch nicht gerecht, dass ich so schlechte Laune haben muss, oder was meinen Sie?«
»Nein, natürlich, aber … aber …«
»Sie haben mich gar nicht gefragt, warum ich so schlechte Laune habe.«
»Oh, nein, entschuldigen Sie. Warum denn?«
»Nett, dass Sie fragen. Ich sage Ihnen nur zu gerne, warum es mir so schlechtgeht. Gestern musste ich eine Frau befragen, die als Kind von ihrem Vater missbraucht worden ist. Das war ein fürchterlicher Tanz um den heißen Brei herum, aber jemand musste das ja machen, und die Wahl ist eben auf mich gefallen. Außerdem habe ich wegen der Zeitungen schlechte Laune. Mir gefällt einfach nicht, was die schreiben. Und es stinkt mir, dass ich nicht einfach nach Hause gehen kann, bevor ich nicht eine hübsche Schleife um diesen Riesenfall gemacht habe, mit dem ich mich Tag und Nacht herumschlage. Ist das nicht alles zum Kotzen?«
»Doch, schon … wirklich, das tut mir leid.«
Der kräftige Mann schien sich eher selbst leidzutun. Die Comtesse setzte sich auf ihren Platz und fuhr fort:
»Heute Morgen war ich ganz optimistisch, dass es mir bald wieder bessergeht. Ich habe nämlich etwas über einen … na, sagen wir, Herren erfahren, einen Mann aus Fredericia, der sich im Gegensatz zu Ihrem armen Freund wirklich nachweislich zu deutlich jüngeren Altersgruppen hingezogen fühlt. Je jünger, desto besser. Mit seiner Hilfe könnten wir vermutlich einiges erfahren, was wir sonst erst nach sehr langer Zeit herausfinden würden. Also habe ich mir ein paar Unterlagen über ihn besorgt, Namen, Bilder und so etwas.«
Sie ließ ihre Hand auf ein Dossier
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