Schweinehunde / Roman
geschlafen. Und dabei ist meine Lesefähigkeit leider irgendwie blockiert.«
Arne Pedersen überhörte den Sarkasmus.
»Sie wollten von den Leuten wissen, ob sie der Polizei bei den Ermittlungen der Pädophiliemorde – das ist deren Bezeichnung – helfen wollen oder nicht. Natürlich unter der Annahme, dass man sachdienliche Hinweise geben könnte. Vierundsechzig Prozent geben klar an, dass sie das nicht tun würden.«
Er hob seine Stimme beträchtlich.
»Verdammt Simon, vierundsechzig Prozent. Das ist ungeheuerlich. Zu allem Überfluss haben die auch noch einen Link zu einem Professor an der Juristischen Fakultät geschaltet, der quasi ein Rezept bereithält, wie man uns Informationen vorenthalten kann. Die effektivste und simpelste Methode ist natürlich, dass man sich an nichts mehr erinnern kann, egal, wie hirntot, debil oder unglaubwürdig man dadurch auch erscheinen mag.«
»Und was hat das mit der Brücke nach Schweden zu tun, dass die Leser der Boulevardpresse wieder die Gesetze des Dschungels einführen möchten?«
»Ich fürchte, nicht nur die Leser des
Dagbladet
leiden unter Gedächtnisschwund. Und die Videosequenz mit … na ja, du weißt schon, die Szene mit dem Jungen aus dem Katalog … ich meine, das hat die Sache nicht gerade einfacher gemacht. Hast du die noch nicht gesehen?«
»Doch, habe ich. Die Brücke nach Schweden?«
»Ja, natürlich. Also, die Aufnahmen in dem für uns interessanten Zeitraum sind auf geheimnisvolle Weise verlegt oder versehentlich überspielt worden. Dazu kommt noch, dass die Angestellten auf der Brücke irgendwie kollektiv ihr Gedächtnis verloren haben. Keiner scheint sich noch an irgendetwas zu erinnern.«
Konrad Simonsen starrte missmutig vor sich hin.
»Wir müssen es so nehmen, wie es ist. Poul Troulsen sagte, Anni Staal habe noch zwei weitere Videos aus dem Kleinbus bekommen, die nicht ins Netz gestellt worden sind. Was ist mit denen?«
»Ja, stimmt. Es sind eher Bildsequenzen. Jedes Bild dauert weniger als eine Sekunde, es sind Aufnahmen aus dem Inneren des Fahrzeugs, teilweise durch die Scheiben nach draußen. Die Techniker haben die Bilder überprüft und als echt eingestuft. Das Material ist also nicht manipuliert worden. Das erste Bild zeigt den Hintereingang der Turnhalle, aber was auf dem zweiten ist, wissen wir nicht. Man sieht nur ein kahles Feld und im Hintergrund einen Wald.«
»Weiß Gott, was das wieder für eine Botschaft sein soll? Irgendwelche Ideen?«
»Nein, ich habe mich das auch schon gefragt, hab aber keine Idee. Ich hatte aber auch nicht wirklich Zeit, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Überhaupt habe ich das Gefühl, zeitlich total in der Klemme zu stecken. Es kommen immer neue Berichte rein. Die Papiermenge nimmt in diesem Fall langsam katastrophale Ausmaße an, das kann niemand mehr bewältigen, nicht mal oberflächlich. Ich habe bestenfalls noch einen sporadischen Überblick.«
»Besser als keine Informationen.«
»Das ist natürlich richtig.«
»Kümmere du dich um diesen Kleinbus, Arne, Abfahrt in Århus, wo und wann, Bustyp und Nummernschild, die Zeit des zweiten Videos, und so weiter, und so weiter. Ich übernehme die Gruppen in Jütland.«
»Dann ist das hier wohl etwas für Arne.«
Beide drehten sich um.
Kasper Planck hatte sich in den Raum geschlichen und hielt ein Handy in der Hand.
»Du bist im Augenblick vermutlich in Dänemark der Mann, der am schwierigsten an die Strippe zu bekommen ist, Konrad. Die Telefonzentrale hat offenbar extra für dich eine Sicherheitsschleuse eingerichtet, wobei man erst drei Hürden überwinden muss, bevor man zu dir durchgestellt wird.«
»Um die Idioten rauszufiltern. Sonst würde ich nur noch telefonieren. Es ist so schon schlimm genug.«
»Der hier ist wirklich kein Idiot, trotzdem hat man ihn neunmal abgewiesen.«
Konrad Simonsen breitete seine Arme in einer theatralischen Geste aus.
»Ich wünschte, du würdest dich an die Vorgaben halten. Eine Minute. Sag ihm das.«
Kasper Planck verkündete:
»Der Chefkriminalgeneral ist jetzt so weit. Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
Dann reichte er das Telefon weiter.
Konrad Simonsen nahm das Handy entgegen, brummte seinen Namen und hörte zu. Aus der einen Minute wurden fünf, wobei er nur hin und wieder eine kurze Frage stellte. Arne Pedersen versuchte zu ergründen, worüber sie sprachen, er erkannte aber nur, dass der Anruf wichtig war. Er musste jedoch nicht lange grübeln, denn kurz darauf legte Simonsen das Handy auf
Weitere Kostenlose Bücher