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Schweinsgalopp

Schweinsgalopp

Titel: Schweinsgalopp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Bahre tranken alle Gäste allein, auch jene, die Gruppen oder Rudeln angehörten.
    Die Bahre eignete sich nicht für Familien, obwohl Igor guten Willen gezeigt und versuchte hatte, die Taverne ein wenig zu schmücken. 8
    Familie – genau davor war Susanne auf der Flucht.
    Derzeit ließ sie sich dabei von einem Gin Tonic helfen. In der Bahre bestellte der wählerische Gast besser ein transparentes Getränk, denn Igor bewies großen Einfallsreichtum, wenn es darum ging, etwas am Ende eines Cocktailspießes zu befestigen. Wenn das betreffende Objekt rund und grün war, konnte man nur hoffen, daß es sich dabei um eine Olive handelte.
    Susanne spürte Atem am Ohr. Ein Schwarzer Mann nahm neben ihr Platz.
    »Was führt denn eine Normale hierher, hm?« fragte er, hüllte die junge Frau in eine Wolke aus Alkoholdunst und Mundgeruch. »Ha, du hältst es wohl für schick, hier in einem schwarzen Kleid aufzukreuzen, die einsamen Jungs anzumachen und ein bißchen Finsternis zu schmecken, was?«
    Susanne rückte ihren Stuhl ein wenig zur Seite. Der Schwarze Mann grinste.
    »Möchtest du einen Schwarzen Mann unter deinem Bett, hm?«
    »Übertreib’s nicht, Schlimazel«, mahnte Igor.
    Er sah, wie sich die junge Frau Schlimazel zuwandte.
    Igor stand zu weit abseits, um ihr Gesicht zu sehen, aber der Schwarze Mann konnte es ganz deutlich erkennen. Er zuckte so plötzlich zurück, daß er fast vom Stuhl gefallen wäre.
    Und dann sprach die junge Dame. Ihre Worte waren nur zum Teil Worte in dem Sinne, sie waren gleichzeitig eine in den Fels gemeißelte Botschaft, die darauf hinwies, wie die Zukunft beschaffen sein würde.
    »GEH WEG UND LASS MICH IN RUHE.«
    Sie drehte den Kopf, bedachte Igor mit einem freundlichen und entschuldigenden Lächeln. Der Schwarze Mann stand so hastig auf, daß der Stuhl umkippte, und eilte zur Tür.
    Susanne stellte fest, daß sich die übrigen Gäste wieder auf ihre eigenen Angelegenheiten besannen. Es war erstaunlich, womit man in der Bahre durchkam.
    Igor stellte ein Glas vor ihr ab und sah zum Fenster. Für eine Taverne, die auf Dunkelheit Wert legte, war das Fenster recht groß. Eigentlich kein Wunder: Einige Gäste kamen durch die Luft.
    Jetzt klopfte etwas an die Scheibe.
    Igor schlurft zum Fenster und öffnete es.
    Susanne sah auf.
    »O nein…«
    Der Rattentod sprang auf die Theke hinunter, und der Rabe flatterte ihm nach.
    QUIEK QUIEK IEK! QUIEK IK IK ›HIEK HIEK HIEK‹! QU…
    »Verschwinde«, sagte Susanne kühl. »Ich bin nicht interessiert. Du bist nur ein Hirngespinst, ein Produkt meiner Phantasie.«
    Der Rabe hockte auf einer Schüssel hinter der Theke. »Oh, großartig«, kommentierte er.
    QUIEK!
    »Was ist das?« fragte der Rabe und schüttelte etwas von der Spitze seines Schnabels. » Zwiebeln ? Bäh!«
    »Verschwindet, ihr beide«, forderte Susanne die ungebetenen Besucher auf.
    »Die Ratte meint, dein Großvater sei übergeschnappt«, übersetzte der Rabe. »Angeblich ist er in die Rolle des Schneevaters geschlüpft.«
    »Jetzt hört mal, ich beabsichtige nicht… Was?«
    »Roter Mantel, langer weißer Bart…«
    HIEK! HIEK! HIEK!
    »… macht ›Ho, ho, ho‹, fährt in einem Schlitten, der von vier Schweinen gezogen wird, der ganze Kram…«
    »Schweine? Was ist mit Binky passiert?«
    »Keine Ahnung. Nun, so was kann natürlich passieren, wie ich der Ratte gerade erklärt habe…«
    Susanne hob die Hände an die Ohren, obwohl das kaum einen dämpfenden Effekt hatte.
    »Ich will nichts davon wissen! Ich habe keinen Großvater!«
    Daran mußte sie festhalten.
    Der Rattentod quiekte eine Zeitlang.
    »Die Ratte meint, du solltest dich besser an ihn erinnern, er ist groß, ziemlich dünn, trägt eine Sense…«
    » Fort mit dir! Und nimm die… Ratte mit!«
    Susanne winkte mit der einen Hand und erschrak, als sie das kleine Skelett in einen Aschenbecher stieß.
    IEK?
    Der Rabe nahm die Kapuze der Ratte in den Schnabel und versuchte, sie fortzuziehen, doch das winzige Skelett hob die Sense.
    IEK IK IEK QUIEK!
    »Er meint, du sollst die Ratte nicht zum Narren halten«, sagte der Rabe.
    Flügel schlugen, und dann waren die beiden Gestalten verschwunden.
    Igor schloß das Fenster und verzichtete auf einen Kommentar.
    »Sie existieren gar nicht wirklich«, behauptete Susanne. »Das heißt… den Raben gibt es vermutlich, doch die Ratte in seiner Gesellschaft…«
    »Existiert nicht«, sagte Igor.
    »Genau«, bestätigte Susanne dankbar. »Wahrscheinlich hast du überhaupt nichts

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