Schweinsgalopp
Gib-dem-Dekan-einen-großen-Beutel-mit-Geld-Kobold?« fragte der Dekan, der manchmal recht schnell denken konnte. Er sah sich hoffnungsvoll um. »Hat’s nirgends geklimpert?«
»Bekommst du oft große Beutel mit Geld?« fragte Susanne.
»Nicht gerade jeden Tag«, entgegnete der Dekan. »Aber wenn…«
»Dann gibt es wahrscheinlich keinen okkulten Platz für einen Großen-Geldbeutel-Kobold«, meinte Susanne.
»Ich habe mich immer gefragt, was mit meinen Socken passiert«, sagte der Quästor fröhlich. »Ihr kennt das sicher: Immer wieder fehlt eine. Als Kind glaubte ich, daß sie jemand stibitzt…«
Die Zauberer dachten darüber nach. Und dann hörten sie es alle – das leise, zarte Klingeln aktiver Magie.
Der Erzkanzler deutete nach oben.
»Zur Wäscherei!« rief er.
»Die liegt unten, Ridcully«, sagte der Dekan.
»Nach unten zur Wäscherei!«
»Frau Allesweiß sieht uns dort nicht gern«, wandte der Professor für unbestimmte Studien ein.
»Und wer ist der Erzkanzler dieser Universität, wenn ich fragen darf?« erwiderte Ridcully. »Etwa Frau Allesweiß? Nein, ich glaube nicht. Bin ich es? He, Potzblitz, ich bin es tatsächlich!«
»Ja, aber du weißt ja, wie sie sein kann«, meinte der Professor.
»Äh… ja, das stimmt…«, gestand Ridcully.
»Ich glaube, sie hat die Universität verlassen, um das Silvesterfest bei ihrer Schwester zu verbringen«, warf der Quästor ein.
»Wir nehmen natürlich keine Anweisungen von Hausangestellten entgegen!« sagte der Erzkanzler. »Zur Wäscherei!«
Die Zauberer eilten aufgeregt davon, ließen Susanne, den o Gott, den Warzengnom und die Haarausfallfee im Vestibül zurück.
»Sag mir noch einmal, was das für Leute waren«, murmelte Gallig.
»Einige der klügsten Männer auf der ganzen Welt«, antwortete Susanne.
»Und ich bin nüchtern, nicht wahr?«
»›Klug‹ bedeutet nicht unbedingt ›vernünftig‹«, sagte Susanne. »Außerdem heißt es: Wenn man den Pfad der Weisheit beschreiten will, muß man den ersten Schritt als Kind tun.«
»Glaubst du, daß die Zauberer jemals etwas vom zweiten Schritt gehört haben?«
Susanne seufzte. »Wahrscheinlich nicht. Aber manchmal stolpern sie rein zufällig in die richtige Richtung, während sie umherlaufen und schreien.«
»Ah.« Der o Gott sah sich um. »Glaubst du, daß es hier alkoholfreie Getränke gibt?«
Der Pfad zur Weisheit beginnt tatsächlich mit einem einzelnen Schritt.
Allerdings scheinen die meisten Leute zu übersehen, daß danach noch Tausende andere folgen. Sie bringen den ersten Schritt hinter sich, indem sie entscheiden, mit dem Universum eins zu werden, doch aus irgendeinem Grund vergessen sie, den nächsten logischen Schritt zu tun. Er besteht darin, siebzig Jahre lang auf einem Berg zu leben und sich von einer Diät aus Reis und Jak-Butter zu ernähren. Alles deutet darauf hin, daß der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert ist, aber wahrscheinlich nur die ersten Meter.
Der Dekan zeigte bei diesen Gelegenheiten besonderen Enthusiasmus. Er erreichte die großen kupfernen Bottiche vor den anderen, stieß seinen Zauberstab in dunkle Ecken und murmelte dabei etwas, das nach »Hutt-hutt« klang.
»Warum soll so ein Wesen ausgerechnet hier erscheinen?« fragte der Dozent für neue Runen.
»Weil es hier einen Punkt der Realitätsinstabilität gibt.« Ridcully stellte sich auf die Zehenspitzen, um in einen Bleichkessel zu spähen. »Hier erscheint praktisch alles. Das solltest du inzwischen wissen.«
»Aber warum jetzt ?« fragte der Professor für unbestimmte Studien.
»Ruhe!« zischte der Dekan. Er sprang in den nächsten Gang, den Zauberstab schützend erhoben.
»Ha!« rief er und blickte eine Sekunde später enttäuscht drein.
»Äh… wie groß könnte das sockenstehlende Geschöpf sein?« fragte der Oberste Hirte.
»Keine Ahnung«, erwiderte Ridcully. Er blickte hinter einen Stapel Waschbretter. »Da fällt mir ein… Im Lauf der Jahre habe ich bestimmt Hunderte von Kilos an Socken verloren.«
»Ich auch«, sagte der Dozent für neue Runen.
»Äh… sollten wir an sehr kleinen oder besser an sehr großen Orten suchen?« fragte der Oberste Hirte. Er klang wie jemand, dessen Imagination gerade durch einen langen dunklen Tunnel kroch.
»Guter Hinweis«, meinte der Erzkanzler. »Warum sprichst du immer wieder von Hüten, Dekan?«
»Es heißt nicht ›Hut‹, Mustrum«, erklärte der Dekan. »Es bedeutet… es bedeutet…«
»Eine Kopfbedeckung?« vermutete
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