Schweinsgalopp
ja, das stimmt, und viele Leute werden erst dann richtig fröhlich, wenn sie wissen, daß es anderen viel schlechter geht als ihnen«, sagte Albert in neutralem Tonfall. »So ist das eben, Herr. Herr?«
NEIN. Tod stand auf. SO SOLLTE ES NICHT SEIN.
Der Große Saal der Unsichtbaren Universität war fürs Silvestermahl vorbereitet worden. Die Tische ächzten bereits unter dem Gewicht des Bestecks, doch es würde noch einige Stunden dauern, bis die Speisen aufgetragen wurden. Uneingeweihte mochten sich fragen, wo sie abgestellt werden sollten: Dekorative Obstschalen und Wälder aus Weingläsern schienen den ganzen Platz zu beanspruchen.
Der o Gott nahm eine Speisekarte und blätterte zur vierten Seite.
»Gang vier: Weich- und Schalentiere. Ein kulinarisches Potpourri aus Hummer, Krabben, Teufelskrabben, Garnelen, Zehnflußkrebsen, Austern, Riesenmiesmuscheln, Miesmuscheln mit grüner Kante, Miesmuscheln mit dünner Kante, kämpferischen Tigernapfschnecken. Mit Kräuterbuttersoße. Wein: Chardonnay ›Drei Zauberer‹, Jahr des sprechenden Froschs. Bier: Winkels Besonders Altes Bier.« Gallig ließ die Speisekarte sinken. »Und das ist ein Gang?«
»Wenn’s ums Essen geht, sind die Zauberer besonders tüchtig«, sagte Susanne.
Der o Gott drehte die Speisekarte. Vorne prangte das Wappen der Universität, darüber vier große Zeichen:
F ε τ τ
»Eff Kringel Kringel Kringel«, las Gallig. »Ist das ein magisches Wort?«
»Nein.« Susanne seufzte. »Es steht auf allen Speisekarten. Es ist das inoffizielle Motto der Universität.«
»Was bedeutet es?«
»Digamma Epsilon Tau Tau.«
Der o Gott bedachte die junge Frau mit einem erwartungsvollen Blick.
»Und?«
Susanne seufzte erneut. »Das steht für FETT.«
»Wenn es für FETT steht… Warum haben sie dann nicht gleich FETT geschrieben?« erkundigte sich der o Gott verwirrt.
»Weil so alles viel bedeutsamer wirkt.« Galligs Verwunderung weckte ein Gefühl vager Hilflosigkeit in Susanne. »Es sind vier Zeichen aus dem ephebianischen Alphabet, und wenn man sie in unsere Schriftsprache überträgt, wird FETT daraus, was soviel wie dick bedeutet – eine angemessene Beschreibung für die Zauberer. Gleichzeitig steht jeder Buchstabe für ein Wort, die zusammen das Motto ›feste essen, tagein, tagaus‹ ergeben. Man spricht in diesem Fall von einem Wortspiel.« Sie musterte den o Gott. »Man lacht darüber«, fügte sie hinzu. »Mit dem Mund. Allerdings… eigentlich lacht man nicht über solche Sachen, weil sie viel zu dumm sind.«
»Vielleicht finde ich hier irgendwo ein Glas Milch«, erwiderte Gallig hilflos und sah zu dem gewaltigen Aufgebot an Krügen und Flaschen. Er gab den Versuch auf, das Phänomen namens Humor zu verstehen.
»Ich fürchte, der Erzkanzler läßt keine Milch in der Universität zu«, sagte Susanne. »Er weiß, woher sie kommt, und deshalb findet er sie unhygienisch. Und so ein Mann ißt jeden Tag drei Eier zum Frühstück. Woher weißt du überhaupt von Milch?«
»Ich habe… Erinnerungen«, entgegnete der o Gott. »Sie betreffen keine speziellen Dinge, sind eher allgemeiner Natur. Zum Beispiel weiß ich, daß Bäume mit dem grünen Ende nach oben wachsen. Solche Sachen. Ich schätze, Götter wissen einfach Bescheid.«
»Verfügst du über besondere göttliche Macht?«
»Ich kann Wasser in ein alkoholisches Getränk verwandeln.« Gallig rieb sich den Nasenrücken. »Und ich bin imstande, Leuten stechende Kopfschmerzen zu bescheren.«
»Ich muß herausfinden, warum sich mein Großvater… seltsam verhält.«
»Wie wär’s, wenn du ihn fragst?«
»Er will mir keine Auskunft geben!«
»Übergibt er sich oft?«
»Das bezweifle ich. Er ißt nicht viel. Ein- oder zweimal im Monat ein Curry-Gericht, mehr nicht.«
»Dann dürfte er ziemlich dünn sein.«
»Und ob.«
»Nun… Passiert es oft, daß er in den Spiegel sieht und ›Arrgh‹ sagt? Oder streckt er manchmal die Zunge raus und wundert sich, warum sie gelb geworden ist? Weißt du, vielleicht kann ich Einfluß auf Personen ausüben, die an einem Kater leiden. Wenn dein Großvater viel getrunken hat, bin ich möglicherweise imstande, ihn zu finden.«
»Nein, getrunken hat er bestimmt nicht. Äh… ich schätze, ich sollte es dir besser sagen. Mein Opa ist Tod.«
»Oh, das tut mir leid.«
»Ich meine Tod .«
»Wie bitte?«
»Tod. Du weißt schon… der Tod.«
»Äh… schwarzer Kapuzenmantel…«
»…Sense, weißes Pferd, Knochen… ja. Tod.«
»Ich möchte nur ganz
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